Die Welt hinter dem Filz in Coburg

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Irene Reinhardt: Crux Immissa (Detail). Handfilz, Holzkörper, Schlagmetall. Unten Reinhardts wollene Steine. Fotos: Carolin Herrmann
Irene Reinhardt: Crux Immissa (Detail). Handfilz, Holzkörper, Schlagmetall. Unten Reinhardts wollene Steine.  Fotos: Carolin Herrmann
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Eigenwilligen "Stoffwechsel" betreibt die Coburger Künstlerin Irene Reinhardt. Ihren Objekten aus Filz ist die neue Parterre-Ausstellung des Coburger Kunstvereines gewidmet.

Das Material ist das Medium, das den Weg eröffnet, den Zugang zu Erkenntnis, Aussage, Gehalt. In diesem Fall ist das Medium - Wolle. Daran sind wir noch nicht gänzlich gewöhnt. Gefilzte Wolle als Gestaltungsmaterial entdecken Künstler erst in jüngerer Zeit als starkes Ausdrucksmittel.

Die Parterre-Ausstellung im Kunstverein gibt jetzt den Objekten aus geformter Wolle von Irene Reinhardt Raum. Die Produkt-Designerin an der Hochschule Coburg, die als Dozentin der Sommerakademie auch an der großen Jahrespräsentation im oberen Stockwerk beteiligt ist, betreibt ihren "Stoffwechsel" in Filz in künstlerisch solch souveräner und eigenständiger Weise, dass auch noch das letzte Lächeln über die frühere handarbeitlich-hausfrauliche Verwendung des Naturproduktes verschwunden ist.

Kreuzwege und Quallen

Ein Feld aus 54 unterschiedlich großen, geäderten Steinen - in diesem weichen, wärmenden Material. Schon ist die Irritation da, schon blicken wir assoziativ hinaus über das unmittelbar Dargestellte. Wohin führt das nicht mehr steinerne Steinige? Kommen wir auf sanftere Weise dorthin? Oder werden wir uns nur der sonstigen Härte und Schwere des Weges bewusst?

Der verschiedenen Kreuzwege etwa, auf "Kreuzzügen" gar, die Irene Reinhard durch mehrere Kulturkreise unternommen hat. Das ägyptische Anch, das patriarchale Doppelkreuz, die sich kreuzenden Linien des matriarchalen Blattwerkes. Die Arme des christlichen Kreuzes sind der Länge nach aufgeschlitzt, im Inneren droht Rot. Schneller kann man kaum in den Schmerz dringen, den das Symbol verkörpert.

Diese Kreuzzüge auf gol denen Tafeln hat Irene Reinhardt übrigens extra für ihre aktuelle Ausstellung gefertigt.
Die Künstlerin überzieht auch Metall, gepresste Blechdeckel etwa, mit sich auflösenden Wollfasern. In ihren Eco-Print-Versuchen lässt sie Baumblätter sich selbst durch die eigene Gerbsäure auf farblich lebendig wirkende Filzunterlagen drucken.

Aber Vorsicht, in aller Erforschung des hinter dem Unmittelbaren Liegenden: Geraten Sie nicht in Reinhardts "Medusenkolonie". Die jeweils nur 50 Gramm schweren zartfarbenen Quallen umschweben Sie beim geringsten Atemhauch. Wer weiß, wohin diese schönen Biester Sie treiben?

Kunstverein Coburg Irene Reinhardt - Stoffwechsel: Filz. Objekte aus geformter Wolle. Vernissage heute um 16 Uhr; Einführung durch Karlheinz Kipke, Vorstandsvorsitzender VR-Bank Coburg. Bis 7. Juni.