Die Rathäuser des Coburger Landes im Tageblatt-Test

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Das Rödentaler Rathaus Foto: Archiv
Das Rödentaler Rathaus Foto: Archiv

Wie schnell und umfangreich reagieren die Städte und Gemeinden auf die Anfrage eines potenziellen Neubürgers? Wir haben den Test gemacht - und sind erstaunt über die Ergebnisse.

Wir haben uns für diesen Test mit jemandem verbündet, den es gar nicht gibt. Alexander Baum, der derzeit noch in Forchheim lebt, sich beruflich verändern wird und deshalb - mit Frau und kleinem Kind - in den Raum Coburg ziehen will. Aber wohin genau? Damit sich dieser Alexander Baum ein Bild von den Möglichkeiten machen kann, hat er Mails an alle Rathäuser geschickt (Wortlaut der Mail siehe unten).

Die Test-Mails wurden am Abend des 21. Juli verschickt, und nicht weniger als neun Rathäuser haben auf unsere Test-Mail binnen 20 Stunden geantwortet. Das ist ein sehr respektables Ergebnis! Vor allem, weil viele Stadt- und Gemeindeverwaltungen nicht nur in Sachen Schnelligkeit punkten konnten, sondern uns auch qualitativ sehr gute und umfassende Informationen lieferten.

Rödental am schnellsten

Aus dem Rathaus in Rödental kam bereits am 22. Juli um 7.39 Uhr eine Antwort: sehr umfangreiche Infos zu den zahlreichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten im Stadtgebiet. Eine Antwort in Sachen Bauland traf hingegen erst am 28. Juli ein - mit der Nachfrage, in welchen der 16 Rödentaler Stadtteile denn Herr Baum gerne ziehen würde. Ist so ein Vorwissen für einen Noch-Forchheimer aber nicht ein bisschen viel verlangt?

Nur 13 Minuten nach der ersten Antwort aus Rödental meldete sich Lautertal: Es wurde auf das neue Baugebiet "Gais äcker" verwiesen, das voraussichtlich im Frühjahr 2016 erschlossen wird. Außerdem gab es einen Link zur Internetseite der Gemeinde, wo es weitere Infos zu den zwei Kindergärten im Gemeindegebiet gibt. Grundsätzlich lässt sich in diesem Zusammenhang sagen: Viele Kommunen verfügen heutzutage über sehr gute Internetseiten, die sämtliche Informationen zu Baugebieten oder auch Kindertagesstätten enthalten. Deshalb reicht oft ein Link (also ein Hinweis) auf die entsprechende Stelle im Internet, und schon erfährt Alexander Baum praktisch alles, was er wissen möchte.

Doch weiter in der Chronologie: Auch in Meeder war die Bearbeitung sehr flott: Schon um 8.39 Uhr wurde geantwortet und über eine kostenlose Wohnraumvermittlung informiert. Im Moment werde im Gemeindegebiet zwar leider kein Haus zum Verkauf angeboten, doch Alexander Baum könne sich gerne in eine Kartei aufnehmen lassen, damit er bei einem eingehenden Angebot umgehend informiert werden kann. Außerdem wurde Herrn Baum angeboten, kostenlos ein Gesuch im Amtsblatt der Gemeinde zu veröffentlichen. Um 9.30 Uhr folgt noch eine Mail mit umfassenden Infos zu den drei Kitas in Meeder.

Aus dem Coburger Rathaus kam um 9.26 Uhr die erste Mail: Links zur Internetseite der Stadt, wo sämtliche Informationen zu Bauland sowie Kinderbetreuung zu finden sind. Außerdem wurde angekündigt, dass sich eine zur Zeit im Urlaub befindliche Kollegin, die sich speziell um Neubürger kümmert, ebenfalls noch melden werde. Dies geschah am 27. Juli in Form einer Einladung zum nächsten Neubürgerstammtisch - Zusatz: "Wir freuen uns, dass Sie nach Coburg ziehen möchten!"

Luftbilder aus Neustadt

Um 10.38 Uhr meldete sich das Rathaus Neustadt mit sehr umfangreichen Infos zur Kinderbetreuung. Auch die Infos, die am nächsten Vormittag zum Bauland eintrafen, waren vorbildlich: Sie enthielten sogar Luftbilder von freien Grundstücken in den Neubaugebieten "Rödenauen" (Wildenheid) und "Thanner Weg" (Ketschenbach).

Ebenfalls noch am Vormittag meldete sich Großheirath - kurz und knapp, aber aussagekräftig: Gemeindliche Bauplätze gebe es derzeit leider nicht, wohl aber stünden drei Grundstücke von Privat zum Verkauf; die Gemeinde teilte mit, wie ein Kontakt herzustellen ist. Außerdem wurden Telefonnummer und Mail-Adresse vom einzigen Kindergarten genannt.

Sehr schön die Antwort, die um 12.38 Uhr aus dem Itzgrund eintraf: In Vertretung des im Urlaub befindlichen Bürgermeisters, der "normalerweise" derartige Anfragen "mit Vorliebe" selbst beantworte, kamen alle wichtigen Links zur Internetseite, wo es Infos zu Bauland und Kinderbetreuung gibt.

Die Gemeinde Untersiemau schickte um 13.33 sowie um 14.28 Uhr Mails mit Links zu ihrer Internetseite, wo alle wichtigen Informationen zu Bauland und Kinderbetreuung zu finden sind. Um 15.53 Uhr meldete sich die Gemeinde Weidhausen mit allen wichtigen Internet-Links.

Am 24. Juli um 14.55 Uhr - also immer noch sehr flott - antwortete Sonnefeld. Spannend: Die Mail enthielt eine digitale Ortsbroschüre sowie den Hinweis auf eine Ansiedlungsförderung, die im Falle des Baues oder des Erwerbs einer selbst genutzten Wohnimmobilie gezahlt wird. Bei einem Neubau sind es zum Beispiel 5000 Euro zuzüglich 1000 Euro je eigenem Kind, das mit einzieht. Drei Tage später trafen aus Sonnefeld noch Luftbilder von freien Baugrundstücken ein - klasse!

Verteilt auf den 27. und 28. Juli kamen umfassende Antworten aus Ebersdorf. Und dann war erst mal Schluss. Elf der 17 angeschriebenen Rathäuser hatten zügig geantwortet. Und die anderen? Wurden von unserem Herrn Baum noch einmal angeschrieben und erinnert.

Im Rathaus Weitramsdorf ging jetzt alles ganz schnell: "Ist noch in Bearbeitung", hieß es - und einen Tag später folgte auch schon eine weitere Mail mit allen wichtigen Links. Seßlach und Dörfles-Esbach baten darum, dass die Mail noch einmal geschickt wird und antworteten dann einen Tag später: Seßlach schickte alle Links zur Internetseite, Dörfles-Esbach hingegen teilte mit, dass derzeit kein Baugrund angeboten werden könne, es aber beabsichtigt sei, im nächsten Jahr ein neues Baugebiet zu erschließen - Infos zur Kinderbetreuung gab es keine.

Probleme mit Spam-Filter

Somit blieben jetzt nur noch drei "Sorgenkinder". Das Rathaus Ahorn hatte mitgeteilt, als wir nachgehakt hatten, dass die Baum-Mail leider im Spam-Ordner gelandet sei - "könnten Sie, Herr Baum, die Mail bitte noch einmal schicken?" Doch auch die zweite Mail landete im Spam-Filter, also im virtuellen Papierkorb, in den automatisch alle Mails gelangen, die vom Computerprogramm als "unsicher" eingestuft werden. Ob das Programm gerochen hat, dass Alexander Baum erfunden ist?! Der Spam-Filter der Gemeinde Ahorn, so heißt es, sei aufgrund des täglich sehr hohen Mail-Aufkommens recht feinmaschig eingestellt. Auch Mails vom Bürgermeister, die dieser gelegentlich von seinem Handy schickt, seien auf diese Weise schon einmal im virtuellen Papierkorb gelandet. Grundsätzlich bietet die Gemeinde Ahorn sehr viele Serviceleistungen via Internet (Bürgerportal, E-Government) an; auch sämtliche Infos zu Bauland und Kinderbetreuung sind abrufbar.

Persönliches Gespräch hilfreicher

Eine Mitarbeiterin sagt aber auch: "Die Technik hat viele Vorteile, doch ein persönliches Gespräch ist trotzdem oft hilfreicher." Sehr nett und versöhnlich dieser Satz: "Wir hätten Herrn Baum gerne als neuen Bürger in Ahorn begrüßt!"

Auch aus der Verwaltungsgemeinschaft Grub am Forst/Niederfüllbach kam lange nichts - beziehungsweise: unsere Mail kam als "unzustellbar" zurück! Als Mail-Adresse hatten wir die gewählt, die auf der Internetseite für einen "sicheren Kontakt" genannt ist. Doch dabei handelt es sich um eine "de-mail.de"-Adresse. Mit der ist ein Mail-Wechsel nur möglich, wenn auch der Absender über eine "de-mail.de"-Adresse verfügt. Bürgermeister Jürgen Wittmann verweist ansonsten auf ein Kontaktformular, dass Alexander Baum auf der Internetseite hätte ausfüllen können. Auf der Internetseite sind auch Infos zu Bauland und Kitas zu finden. Ansonsten tröstet sich Wittmann damit, dass - parallel zu Herrn Baum - auch ein "echter" potenzieller Neubürger per Mail angefragt hat: "Mit ihm treffe ich mich nächste Woche!"

Aus Bad Rodach kam am 6. August die Nachricht, dass Herr Baum doch bitte seine Postanschrift mitteilen möge, man würde ihm dann Material zuschicken. Am Vormittag des 7. August lösten wir unsere Aktion auf und teilten allen Kommunen mit, wer sich hinter Alexander Baum verbirgt - am frühen Nachmittag traf in der Tageblatt-Redaktion ein dicker Umschlag ein: Die Stadt Bad Rodach schickte uns sämtliche gewünschten Informationen.

Das war unsere Anfrage

Von einer nicht identifizierbaren Mail-Adresse haben wir am Abend des 21. Juli an alle Rathäuser im Coburger Land eine Mail verschickt, die folgenden Wortlaut hatte:
Sehr geehrte Damen und Herren in der Verwaltung,
mein Name ist Alexander Baum. Ich wohne mit meiner Familie (dazu gehört außer meiner Frau auch noch unsere sechs Monate alte Tochter!) derzeit in Erlangen. Weil mir eine berufliche Veränderung bevorsteht, möchten wir gerne in den Raum Coburg umziehen. Können Sie mir bitte mitteilen, ob die Chance besteht, in Ihrer Stadt/Ihrer Gemeinde Bauland oder eine Immobilie zu erwerben?
Darüber hinaus interessiert mich, welche Betreuungseinrichtungen - sowohl Kleinkindbetreuung als auch Kindergarten - es bei Ihnen gibt und welche finanziellen Belastungen auf mich zukommen.
Über eine Antwort noch vor unserem Urlaub, den wir Anfang August antreten, würden wir uns freuen. Vielen Dank im Voraus für Ihre Mühen.
Mit gespannten Grüßen,
Alexander Baum