Der Ukraine-Konflikt eskaliert, die EU reagiert mit Sanktionen. Wenn Handel und Austausch zum Erliegen kommen, wären auch unsere Firmen und die Hochschule betroffen. Wie sehen sie die Situation?
Andreas Engel, Präsident der IHK zu Coburg, klingt nicht gerade optimistisch: "Wenn es zu Strafmaßnahmen gegen Russland kommt, ist damit zu rechnen, dass die Energiepreise, vor allem Öl und Gas, nun massiv weiter steigen, selbst wenn die Lieferungen nicht unterbrochen werden. Und das in einer Situation, da die Energiepreise ohnehin seit einiger Zeit nur eine Richtung kennen: steil nach oben", sagt er. Schon jetzt würden weite Teile der Wirtschaft unter den hohen Preisen ächzen. Russland exportiere zudem nicht nur Erdgas, sondern auch Metalle wie Aluminium, Titan und Palladium. "Hier ergeben sich große, heute noch nicht konkretisierbare Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung."
Dabei sei Russland ein wichtiger Markt mit gewachsenen, langjährigen Geschäftsbeziehungen für über 30 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk Coburg, sagt Engel. Das gelte vor allem für die Bereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Automotive, Industriekeramik und Spielwaren. "Seit Verhängung der Sanktionen gegen Russland im Jahr 2014 sind die Geschäfte in einzelnen Fällen um bis zu zwei Drittel eingebrochen."
Interessant dank Handelsabkommen
Auch die Ukraine ist ein Markt mit großem Potenzial aus Coburger Sicht. Dorthin pflegen laut Engel rund 20 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk Kontakte, vor allem aus den Bereichen Automotive, Maschinenbau und Konsumgüter. Was die Ukraine als Handelspartner interessant macht: die geographische Nähe des Landes zur und das Freihandelsabkommen "Deep and Comprehensive Free Trade Area" mit der EU.
"Unternehmen mit Niederlassungen in der Ukraine raten wir derzeit, die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes zu beachten und die weiteren Entwicklungen aufmerksam zu beobachten", sagt Engel. Wenn es zu Sanktionen gegen Russland kommen sollte, würden die "unterm Strich alle Seiten treffen", auch, weil von russischer Seite Gegensanktionen zu erwarten seien. Engel hofft und appelliert deshalb an die Politik, sich um eine diplomatische Lösung der Krise zu bemühen. "Mittel- und langfristig sollte aus der aktuellen Situation die Lehre gezogen werden, die Energie- und Rohstoffversorgung Deutschlands und der EU zu diversifizieren, um unabhängiger von einzelnen Partnern zu werden."
Im Austausch bleiben
Bei Professor Eduard Gerhardt geht es nicht um Geschäftsbeziehung oder Gaslieferungen, sondern um die Begegnung von Menschen. Er betreut den Austausch der Hochschule Coburg mit der Novosibirsk State University of Economics and Management. "Das war der einzige Austausch, der auch während Corona stattfand", sagt er. Doch was, wenn die Verbindungen nach Russland infolge der aktuellen Ereignisse in der Ukraine gekappt oder zumindest eingefroren werden müssen?