Dein, mein, unser aller Luther

2 Min
Fast ein halbes Jahr hielt sich Martin Luther 1530 auf der Veste Coburg auf. 2012 machte das Tageblatt mit der Lutherfigur von Ottmar Hörl eine Fotoserie. Die Figur gehört der Stadt - doch wo ist sie jetzt?
Fast ein halbes Jahr hielt sich Martin Luther 1530 auf der Veste Coburg auf. 2012 machte das Tageblatt mit der Lutherfigur von Ottmar Hörl eine Fotoserie. Die Figur gehört der Stadt - doch wo ist sie jetzt?
Erst jüngst auf der Veste zu sehen: 30 Luther-Figuren des Künstlers Ottmar Hörl.
Erst jüngst auf der Veste zu sehen: 30 Luther-Figuren des Künstlers Ottmar Hörl.
 
2012: Fotoserie fürs Tageblatt anlässlich der Coburger Bewerbung fürs Welterbe als Lutherstätte: Luther in der Ehrenburg.
2012: Fotoserie fürs Tageblatt anlässlich der Coburger Bewerbung fürs Welterbe als Lutherstätte: Luther in der Ehrenburg.
 
Luther vor Schloss Callenberg.
Luther vor Schloss Callenberg.
 
Luther 2012 mit dem damaligen OB Norbert Kastner. Die Figur stand im OB-Büro.
Luther 2012 mit dem damaligen OB Norbert Kastner. Die Figur stand im OB-Büro.
 
Norbert Tessmer (schwarzer Anzug) 2010 in Wittenberger bei der Übergabe der Luther-Figuren an Repräsentanten von Luther-Städten.
Norbert Tessmer (schwarzer Anzug) 2010 in Wittenberger bei der Übergabe der Luther-Figuren an Repräsentanten von Luther-Städten.
 
Luther vor der Coburger Morizkirche, wo der historische Luther mehrmals predigte.
Luther vor der Coburger Morizkirche, wo der historische Luther mehrmals predigte.
 

Im Coburger Rathaus sollte es eine Lutherfigur geben. Eigentlich.

Wo ist Luther? In Coburg in gewisser Hinsicht allgegenwärtig, und nächstes Jahr noch mehr. Die Landesausstellung 2017 heißt "Ritter, Bauern, Lutheraner", befasst sich mit der Zeit der Reformation, und wo sollte diese Ausstellung stattfinden, wenn nicht hier?

Die Lutherstadt Coburg will Teil des deutschen Luther-Welterbes werden; die Bewerbung läuft. Luther war 1530 knapp sechs Monate hier, verfolgte den Augsburger Reichstag, schrieb, predigte und übersetzte. Sein Sendbrief vom Dolmetschen entstand hier, worin steht, dass Übersetzer dem Volk aufs Maul schauen müssen. Eins von vielen bekannten Zitaten.

Coburg ist Lutherstadt, Wittenberg in Sachsen-Anhalt heißt sogar Lutherstadt. Dort begab es sich im Jahr 2010, dass das große Lutherdenkmal restauriert werden musste.
Der Künstler Ottmar Hörl nutzte das für eine Installation von 800 Miniatur-Kopien des Denkmals in Rot, Grün, Blau, Schwarz und Bronze auf dem Wittenberger Marktplatz. Flugs wurden die 800 Kunststoff-Luthers (hergestellt in Neustadt bei Coburg übrigens) zu Botschaftern der Luther-Dekade erklärt. Bei einem Treffen der Lutherstädte im September 2010 erhielt jede einen. Norbert Tessmer (SPD), damals Zweiter Bürgermeister, brachte den schwarzen Mini-Luther nach Coburg.

Der Hörl-Luther verbrachte von da an die meiste Zeit im Büro des Oberbürgermeisters, der damals noch Norbert Kastner hieß. Einmal durfte er raus - fürs Tageblatt posierte er an Coburger Orten, die mit dem Reformator in Zusammenhang stehen. Schließlich will Coburg ja Welterbe werden. Inzwischen ist Norbert Tessmer seinem Genossen Kastner in das Eckbüro im ersten Stock des Rathauses nachgefolgt, aber der Luther ist nicht mehr da.

Das fiel bislang nur nicht auf. Die Erkenntnis ist dem Zufall geschuldet, nämlich der Idee, die Fotoserie zu wiederholen. Norbert Kastner hat den Kunststoff-Luther (sieben Kilogramm schwer, 97 Zentimeter hoch) bei seinem Auszug aus dem Amt mitgenommen, bevor die Figur womöglich ins Depot in der Uferstraße abgeschoben worden wäre.

Strenggenommen gehört der Luther der Stadt. Deren Repräsentanten dürfen im Dienst keine wertvollen persönlichen Geschenke annehmen. Tessmer konnte die Figur seinerzeit also nur im Namen der Stadt entgegennehmen. Dass sie dem Alt-Oberbürgermeister in seinem Büro Gesellschaft leistete, ist durchaus statthaft. Vielleicht spendete sie sogar Trost: "Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen" ist eins der berühmtesten Luther-Zitate, und so mancher Bürgermeister wird das nachfühlen können.

Der Stadtrat hätte beschließen können, die Figur - immerhin handelt es sich um Kunst - Kastner zu überlassen als Anerkennung für seine Verdienste in 24 Jahren als Oberbürgermeister. Von Luther sind viele Sprüche überliefert (zu finden auf www.gutzitiert.de): "Wenn der Bürgermeister seine Pflicht tut, werden kaum vier da sein, die ihn mögen", soll er in einer Predigt vom 22. August 1529 gesagt haben.

Damals war er zwar nicht in Coburg, passen tut es trotzdem. Kastners Abschied vom Amt im April 2014 verlief nicht so harmonisch wie geplant, im Gegenteil. Unter Tessmers Vorsitz sollte eigentlich die Ehrenbürgerwürde für Kastner beschlossen werden. Tessmer setzte diesen Punkt aber ab, weil die CSU Widerstand signalisierte. Kastner hat den Titel Alt-Oberbürgermeister erhalten, mehr nicht.

Eine unsignierte Luther-Figur von Ottmar Hörl kostet übrigens 500 Euro.