Fitzgerald Kusz' Kultstück "Schweig, Bub!" wurde am Landestheater erstmals inszeniert. Vieles ist satirisch komisch, das Thema geht aber unter die Haut.
Großgrüngeblümelt bis unter die Decke, Schrankwand wie ein riesiges Brett vorm Kopf, und statt Perspektive gibt es nur noch rituell sich drehende Innenschau. Fränkische Schau aufs Kleinbürgerliche der 70er Jahre. Die 80er waren auch nicht anders. Und ob es heute anders ist, von der Dekoration des Lebens abgesehen, darf bezweifelt werden. Familie im engeren und im weiteren Sinne, fest verstrickt und verknotet in sich selbst. An großen Festen muss es sich erweisen, ob das Netz noch hält oder alles auseinanderfliegt.
Das kann, wie bei Fitzgerald Kusz' Kultstück "Schweig, Bub!", in Nürnberg von 1976 bis 2009 über 700 Mal gespielt, lustig aussehen. Ist es aber nicht.
Oh, geschmunzelt werden darf viel in der ersten Coburger Inszenierung der Kleinbürger-Satire durch Schauspielchef Matthias Straub, die im Prinzip aber durchaus übertragbar ist auf die anderen gesellschaftlichen Schichten. Straub und sein Bühnenbildner Till Kuhnert belassen die Szenerie im Ursprünglichen, verschonen uns mit die Vorstellung nur einschränkenden "Aktualisierungen". Die Premiere im vollen Haus, in Anwesenheit des Autors, wurde mit anhaltendem Applaus bedacht.
Carola Volles aber hat den Figuren Muppet-Show-mäßig treffend ausladendes Format verpasst, dem unablässigen fränkischen Schmausen entsprechend. - Wir nehmen geruchstechnisch teil von der Leberknödelsuppe über den Braten bis zu den Brodwörschden beim endlich die Leiber sprengenden Abendessen. Aber so ist das bei Konfirmation oder Kommunion im Fränkischen.
Kerstin Hänels hüftwallende Tante Anna unter mächtig trockenhaubengeblasener Dauerwelle auch familienpsychologisch entsprechenden Raum einnehmend - och Goddla, Herr Pfarrer, der übrigens erst kommt, wenn alles zu spät ist. Und dieses Luder von barbie-gelockter Hannelore, bombig. Das Sicherheit gebende Standardgerede, die Sprüch', die Witze - mit zunehmendem Alkoholkonsum können sie nicht verhindern, dass sich die Ehe-Höllen auftuen.
Die Sache mit dem Dialekt
Matthias Straub verhindert, dass die Abgründe gar zu lässig durch Gelächter übersprungen werden, etwa wenn Vater Hans (Nils Liebscher), eines Irrtums überführt, seinen Frust prompt schlagkräftig am Bubn auslassen will. Wenn die gegenseitigen Beschimpfungen zwar witzig sind, das Verletzende dabei aber bitter spürbar wird.
Der Bub selbst, Lean Fargel, ist und bleibt rundum hilflos und spielt, dem Titel des Stückes entsprechend, seine an den Rand gedrängte Rolle. (Derart ausführlich eklig unterm Tisch popeln müsste er aber nicht.)