Coburgs neue Musiktheater-Dramaturgin: "Ich bin froh, dass ich hier bin"

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Renate Liedtke. Foto: Jochen Berger
Renate Liedtke. Foto: Jochen Berger
Renate Liedtke
Renate Liedtke
 
 

Eigentlich wollte Renate Liedtke Tierärztin werden. Wie sie dann den Weg ans Theater fand und warum sie nach Coburg gekommen ist, verrät sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die neue Musiktheaterdramaturgin des Landestheaters erzählt vom Tango-Fieber und von Freude und Leid des Wandervogel-Daseins als Theatermensch.

Was macht eigentlich eine Dramaturgin?
Renate Liedtke: Meine Großmutter fragt mich auch immer: Was machst Du eigentlich? Die Aufgaben einer Dramaturgin sind wirklich sehr vielfältig. In jedem Theater ist das ein wenig anders aufgeteilt - das reicht von der Produktionsdramaturgie bis zur Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit. Im Grunde ist man ein wenig Mädchen für alles. Am Landestheater bin ich für Ballett, Oper, Operette, Musical und Konzert zuständig.

Sie haben Regie geführt, haben Öffentlichkeitsarbeit am Theater gemacht: Was reizt Sie an der Aufgabe als Dramaturgin?
Am meisten reizt mich die Begleitung einer Produktion - von der konzeptionellen Vorbereitung bis
zur Probenarbeit.

Von Gera, Ihrer ersten Theaterstation, nach Coburg ist eigentlich gar nicht so weit. Für Sie aber doch etwas weiter - auf dem Weg über Flensburg. Ist das Wandervogel-Dasein als Theatermensch eher nervig oder anregend?
Es ist nervig und anregend. In diesem Jahr bin ich schon drei-, viermal umgezogen. Im Moment kann ich wirklich keine Umzugskartons mehr sehen. Aber grundsätzlich ist es immer wieder spannend, neu anzufangen. Als erstes kaufe ich immer Stadtpläne und topographische Pläne - topographische Pläne, weil ich mit meinem Hund gerne die Landschaft erkunde.

Ihr erster Eindruck von Coburg und seinem Landestheater?
Ich bin noch an keinem Theater so freundlich aufgenommen worden wie in Coburg. Man fühlt sich wirklich schnell zuhause.

Was hat den Ausschlag für Coburg gegeben?
Im Vorfeld habe ich mir einige Produktionen angesehen, die mir sehr gefallen haben und nach denen ich mir gedacht habe: "Das ist der Stil, den ich mag." Ich bin wirklich froh, dass ich hier bin.

Warum sind Sie überhaupt ans Theater gegangen?
Ursprünglich wollte ich Tierärztin werden. Das war in der DDR aber gar nicht so einfach, weil schon mein Vater Arzt war. Ich bin damals zuerst umgeleitet worden zur Musikwissenschaft. Irgendwann habe ich an der Komischen Oper in Berlin "Fiddler on the Roof" in der Regie von Walter Felsenstein gesehen. Da wusste ich: Ich will ans Theater.

Sie haben den "Liebestrank" (2010 in Flensburg) schon selbst inszeniert. In Coburg steht das Werk zur Saisoneröffnung auf dem Spielplan. Wie erleben Sie während der Proben das Werk aus der Sicht der Dramaturgin?
Natürlich hat man Ideen und weiß nicht immer gleich, ob man die sagen oder lieber für sich behalten soll. Meistens sage ich's dann schon. Aber es ist auf jeden Fall spannend, ein Stück aus anderer Sicht zu erleben.

Wird Sie das Coburger Publikum auch als Regisseurin erleben?
Dazu wird keine Zeit sein - angesichts der vielen Produktionen, die ich zu begleiten habe. Vielleicht gibt's mal eine kleine Sache in der Reithalle - irgendwann.

Sie gelten als Tango-begeistert, haben beim Theaterfest die Tango-Late-Night moderiert. Wie sind Sie zum Tango gekommen?
Das hat sich einfach so entwickelt, als ich nach Flensburg als Chefdramaturgin ans Schleswig-Holsteinische Landestheater gekommen bin und etwas zum Ausgleich neben der Theaterarbeit gesucht habe. Ich hatte einen Tango-Film gesehen, war davon ganz begeistert und habe dann in einem Tango-Studio Einzelunterricht genommen. Damals war ich regelrecht im Tango-Fieber, bin zu jedem bekannten Tango-Lehrer gefahren - sogar bis nach Umbrien.

Das klingt so, als würden Sie ein wenig zu Extremen neigen?
Ja. Wenn ich etwas mache, mache ich es ganz oder gar nicht.



Aus dem Leben eines Theatermenschen

Renate Liedtke wurde in Blankenburg im Harz geboren. Nach dem Musikwissenschaftsstudium in Halle an der Saale (Abschluss als Diplom-Musikwissenschaftlerin, 1984) startete Renate Liedtke ihre Laufbahn am Geraer Theater als Musikdramaturgin. In Gera war sie später als stellvertretende Chefdramaturgin verantwortlich für den Musiktheater-Bereich, inszenierte selbst, übersetzte Libretti und war ebenso im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Dort arbeitete sie mit Intendant Michael Schindhelm und dessen Nachfolger Michael Grosse zusammen, der dann als Intendant an das Schleswig-Holsteinischen Landestheater ging und sie als Chefdramaturgin mit Regieverpflichtung 2003 holte. In den Jahren freischaffender Arbeit führte sie Regie, gastierte als Dramaturgin und übersetzte Libretti.