Noch sind in Coburg die großen Gewerbesteuer-Einbrüche ausgeblieben. Trotzdem mahnt Kämmerin Regina Eberwein die Verwaltung und den Stadtrat, dass bei den Ausgaben künftig gekürzt werden müsse.
An den Gewerbesteuern liegt es nicht: "Da sind wir nach wie vor vorsichtig optimistisch, dass wir keine großen Einbrüche haben", sagt Regina Eberwein, die Finanzreferentin der Stadt Coburg. Aber vielfach seien Vorauszahlungen angepasst oder gestundet worden. Um rund 3,7 Millionen Euro liegen die Einnahmen derzeit unter dem erwarteten Niveau. Beim Einkommenssteueranteil sind es zwei bis 2,5 Millionen Euro, die Coburg in diesem Jahr wegen der Corona-bedingten Wirtschaftskrise weniger einnehmen dürfte. "Wir fahren auf Sicht", sagt Regina Eberwein über den laufenden Haushalt. Weil die Stadt aber gleichzeitig weniger investiere, fließe hier kein Geld ab - und die Rücklagen der Stadt belaufen sich immerhin auf rund 100 Millionen Euro. Noch.
Regina Eberwein hält es nämlich für geboten, an den Stadtrat und die Verwaltung zu appellieren, darüber nachzudenken, ob all das notwendig ist, was in den nächsten Jahren finanziert werden soll. Laufende Ausgaben in Höhe von 86,7 Millionen Euro sind fürs nächste Jahr angemeldet worden; die Kämmerei rechnet jedoch damit, dass aus laufenden Einnahmen nur 78,3 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden. Das ergibt eine Deckungslücke von 8,4 Millionen, und in den Folgejahren dürfte diese Lücke nicht kleiner werden. Das bedeutet: Wenn all die Investitionen getätigt werden, die jetzt schon im Plan stehen, und wenn diese Finanzierungslücke bleibt, sind die 100 Millionen Euro Liquidität in spätestens fünf Jahren weg - und damit auch Handlungsspielräume. Deshalb müsse "an der Ausgabenseite" gearbeitet werden, sagt Eberwein: "Wir müssen unsere Gelder intelligent, priorisiert und zukunftsorientiert einsetzen."
Von "Haushaltskonsolidierung" will sie noch nicht reden, das habe "einen negativen Touch". Das Wort prägte die Debatten im Stadtrat von 2010 bis etwa 2016. In dieser Zeit, sagt Eberwein, sei es gelungen, die Ausgaben der Verwaltung halbwegs stabil zu halten. Aber ab 2015 stiegen die Gewerbesteuereinnahmen wieder deutlich an, und das Maßhalten fiel immer schwerer.
Zahlreiche Ämter haben fürs nächste Jahr höhere Budgets angemeldet, zum Beispiel das Landestheater und das Stadtmarketing, aber auch der Bereich Stadtentwicklung. Aus welchen Gründen und ob gerechtfertigt, das sei noch nicht analysiert, sagt Eberwein. Sie machte aber deutlich, dass diese Fragen nun aufgearbeitet werden müssten. Doch nicht nur die Ämter, auch "die Politik" müsse mitziehen, sagt Eberwein. "Es wird nicht mehr möglich sein, jeden Wunsch sofort und umgehend zu erfüllen." Vor allem dann, wenn die Gewerbesteuer-Hebesätze stabil bleiben sollen (derzeit 310 Prozent) und die Stadt weiterhin investieren können will, um als Standort attraktiv zu bleiben.
"Nachhaltig" müssten die Sparmaßnahmen sein, fordert Eberwein. In Stadtratsanträgen werde zu sehr der Einzelfall betrachtet, nicht das große Ganze. "Aber die Schwerpunkte kann nur die Politik setzen." Dazu gehört für Eberwein auch, erst einmal die geplanten und die sicher anstehenden Investitionen wie Theatersanierung und Klinikum abzuwickeln, bevor neue Projekte angegangen werden.
Auch wenn es gelingen sollte, weniger Ausgaben fürs nächste Jahr zu planen - einen ausgeglichenen Haushalt erwartet Eberwein für 2021 nicht. "Ziel ist eine Defizitreduzierung", sagt sie. Dass der Stadtrat das Thema über die nächsten Jahre konsequent angehe, "diese Hoffnung hat ein Kämmerer immer." Die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen sollten am Freitagnachmittag eine erste Information über den Stand der Finanzplanung erhalten.