Coburger Bauern unter Druck von mehreren Seiten

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Ralf Thamm mästet Schweine. Eine Branche, die derzeit schwer unter niedrigen Erzeugerpreisen zu leiden hat. Foto: Rainer Lutz
Ralf Thamm mästet Schweine. Eine Branche, die derzeit schwer unter niedrigen Erzeugerpreisen zu leiden hat. Foto: Rainer Lutz

So schwer wie im Augenblick war es lange nicht mehr, auf bäuerlichen Familienbetrieben in Bayern ein erträgliches Auskommen zu erwirtschaften.

Ralf und Walter Thamm arbeiten gern in der Landwirtschaft. Ihr Schweinemastbetrieb in Fürth am Berg ist modern ausgestattet. Senior Walter freut sich, dass er in seinem Sohn einen Nachfolger auf dem Hof hat. Er hofft, dass seine Enkelkinder später auch einmal auf dem Hof ihren Lebensunterhalt verdienen können. Doch das ist so sicher nicht.
Sein Geld mit der Landwirtschaft zu verdienen, ist noch nie leicht gewesen. Doch im Augenblick bündeln sich die negativen Faktoren derart, dass es für die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland schlicht um die Existenz geht, ist Gerhard Ehrlich als Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Coburg überzeugt. Die Interessenvertretung der Bauern hat daher ein Zehn-Punkte-Programm mit Forderungen an die Politik aufgestellt, die ihre Existenz sichern sollen.
Der Weltmarkt ist satt. "Es wird mehr produziert, als gebraucht wird", stellt Ehrlich fest.
Das drückt naturgemäß auf den Preis. Doch das alleine ist es nicht, was zum Problem wird. Der Preis für Rohöl, der auf den ersten Blick nichts mit der Landwirtschaft zu tun zu haben scheint, ist ebenfalls ein Problem. Weil Benzin billig ist, lohnt es sich für amerikanische Farmer nicht, Mais zur Herstellung von Bioethanol zu verkaufen. So landet er auf dem Weltmarkt und der Preis wird weiter gedrückt. Als nächstes trifft das gegenüber Russland verhängte Embargo die Bauern. Das Land antwortete nämlich mit einem Einfuhrstopp für deutsche Agrarprodukte. "Der Deutschen Landwirtschaft gehen dadurch Erlöse in Höhe von sechs Milliarden Euro verloren", sagt Gerhard Ehrlich.


Problem der Marktmacht

Als sei das nicht genug, sehen sich die Erzeuger einer ungeheuren Marktmacht bei den Einkäufern gegenüber. "Wir Bauern können keine Rechnungen schreiben, wir nehmen das, was wir kriegen", beschreibt Walter Thamm das Dilemma. Zwar mag es offizielle Notierungen etwa zum Preis für Mastschweine wie die vom Hof der Thamms geben. Doch große Aufkäufer zahlten vielfach einfach einen so genannten Hauspreis. Der liegt dann noch einmal spürbar unter der ohnehin schon sehr niedrigen offiziellen Notierung. Das müsse der Landwirt dann akzeptieren, oder seine Schweine behalten. Das er das nicht lange kann, weiß der Käufer und nutzt seine Macht.
Bundestagsabgeorneter Hans Michelbach (CSU) kennt diese Probleme der Bauern durchaus. Die Politik suche auch immer wieder nach Lösungen. Eine davon sollte eine Milchquote sein, die vor Jahren eingeführt wurde. Es war der Versuch, die Preise durch eine Mengenregulierung zu stabilisieren. Jetzt wurde die Quote gekippt. "Wir produzieren deswegen nicht mehr Milch, der Handel nahm das aber sofort als Argument, den Preis zu drücken, weil ja jetzt bestimmt gleich mehr Milch auf dem Markt sei", sagt Gerhard Ehrlich. Preisabsprachen müssten immer erst bewiesen werden. Doch je weniger Handelspartner den Erzeugern gegenüber stehen, desto stärker wird ihre Macht, wenn es gilt, die Preise zu drücken, ist der BBV-Obmann sicher. In diesem Zusammenhang hat er wenig Verständnis dafür, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen den Protest von vielen Seiten den Zusammenschluss von EDEKA und Kaiser's Tengelmann erlaubte, der zuvor vom Kartellamt untersagt worden war. Eine Entscheidung, die Hans Michelbach als "abenteuerlich" und "nicht akzeptabel" bezeichnete.


Wertschätzung eingefordert

Ein Grund, warum immer mehr landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben werden, auch wenn es aus wirtschaftlichen Gründen vielleicht nicht sein müsste, ist für Rüdiger Wintersperger vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg/Lichtenfels die geringe Wertschätzung, die seiner Wahrnehmung den Landwirten und ihre Arbeit durch die Gesellschaft entgegengebracht wird. Hier könnte die Politik seiner Meinung nach wirksam gegensteuern, indem sie zuerst den hohen Wert dieser Arbeit öffentlich stärker unterstreicht.
Hans Michelbach versichert hingegen, dass sich die Politik zumindest in seiner Fraktion des Wertes der bäuerlichen Arbeit durchaus bewusst sei.


Das wollen die Landwirte

Katalog Die Präsidentenkonferenz des Bayerischen Bauernverbandes hat zur Existenzsicherung für die bäuerlichen Familienbetriebe die folgenden zehn Punkte als politische Forderung formuliert:

1. Es wird ein Programm zu Existenzsicherung bäuerlicher Familienbetriebe aufgelegt.
2. Beitragsentlastungen bei der Sozialversicherung.
3. Steuerliche Entlastungen.
4. Kein Machtkampf der Lebensmittelhandelskonzerne zu Lasten der Bauern.
5. Abbau der negativen Auswirkungen des Russland-Embargos.
6. Wirksame Initiativen zur Absatzförderung.
7. Wirksame Vereinfachungen seitens der EU-Kommission.
8. Moratorium für neue zusätzliche Auflagen und Bürokratie in Brüssel, Berlin und München.
9. Ökonomisch nachhaltige Bewirtschaftung der Betriebe sicherzustellen.
10. Frühzeitige Auszahlung von Betriebsprämie und dergleichen.