Der 44 Jahre alte Rechtsanwalt soll für die CSB den Chefsessel im Rathaus erobern. Dort verspricht er einen "agileren Stil als dies jetzt dort der Fall ist". Er will aber auch "Mut zur Unvollkommenheit" zeigen.
Erst gab es die Liebeserklärung, dann folgte der Vertrauensbeweis. Gleich mehrmals machte Christian Müller am Montagabend bei der Nominierungsversammlung der Christlich-Sozialen Bürger (CSB) deutlich, wie sehr ihm seine Heimatstadt am Herzen liegt: "Ich möchte unser schönes Coburg voranbringen", sagte er - oder: "Ich möchte die Menschen für Coburg begeistern!" Anschließend wurde abgestimmt, und zwar deutlich: Alle 17 anwesenden CSB-Mitglieder sprachen sich für Müller als ihren Oberbürgermeisterkandidaten aus.
"Menschen wollen den Wechsel" Seit vor knapp zwei Wochen seine geplante Kandidatur bekannt geworden ist, sei er bereits von vielen Menschen angesprochen worden, berichtete Christian Müller, der bei diesen Gesprächen dann vor allem eins gespürt haben will: "Die Menschen wollen den Wechsel!"
Müller zeigte auf, was ihm am Stil des
jetzigen OB nicht gefällt (siehe Stichpunkte am Textende), und beschrieb sich vor allem mit den Tugenden, die auch für die CSB stünden: "Mut, Geradlinigkeit, Sachlichkeit, Offenheit." Müller, der acht Jahre lang CSU-Kreisvorsitzender war, hatte mit weiteren Abtrünnigen 2007 die CSB gegründet. Seitdem sieht man sich als unabhängige Kraft, die auch Mut zu unpopulären Entscheidungen habe. So verwies Müller darauf, dass es die CSB gewesen sei, die sich als erstes für eine reine Ballsporthalle auf der Lauterer Höhe eingesetzt hat: "Ich bin stolz, dass wir den Mut zu dieser Idee hatten." Müller warb aber im Einzelfall auch für "Mut zur Unvollkommenheit" - Beispiel Steinweg: "Wir brauchen endlich ein Konzept", forderte er. Doch bislang seien alle große Lösungen an Details gescheitert.
Seine Schlussfolgerung: "Man muss auch mal den Mut zu einer kleinen Lösung haben - das ist doch besser als wenn die große Lösung ewig nur auf dem Papier stehen bleibt."
"Dinge nicht immer zerreden" Grundsätzlich verspreche er auf dem Chefsessel im Rathaus einen "agileren Stil als dies jetzt dort der Fall ist". Konkret: "Diskutieren ja - aber irgendwann muss auch mal angepackt werden. Und das fehlt aktuell in der Stadt." Immer noch würden zu viele Dinge "zerredet". Die Menschen würden aber wollen, "dass etwas umgesetzt wird". Und dafür stehe er, der vom CSB-Vorsitzenden Hans-Heinrich Ulmann zuvor als "der beste Mann für dieses Amt" bezeichnet worden war.
Die einstimmige Nominierung kommentierte Ulmann mit den Worten: "Christian, dieses Ergebnis stärkt Dir den Rücken!"
Zur Person Christian Müller ist 1969 in Coburg geboren. Nach dem Abitur am Casimirianum studierte er Rechtswissenschaften. Seit 1996 ist er selbstständiger Rechtsanwalt in Coburg. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Politisch engagiert ist er von Klein auf, weil bereits sein Vater aktives CSU-Mitglied war: "Ich stand schon als Siebenjähriger mit am Wahlkampfstand von Otto Regenspurger!" Von 1990 bis 1992 war er Kreisvorsitzender der Jungen Union Coburg-Stadt, 1999 wurde er Kreisvorsitzender der CSU Coburg-Stadt.
Im Stadtrat sitzt Müller seit 2002, die CSB-Fraktion führt er seit deren Bildung 2007.
Kritik an Kastner und an der CSU Stadtentwicklung Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (Isek) hängt in einigen Punkten derzeit "massiv", kritisierte Christian Müller - aber dies sei nicht Schuld des Baureferenten Hans-Heinrich Ulmann (CSB), vielmehr sei die Isek-Umsetzung "Chefsache" des OB. Den jüngsten Vorstoß der CSU zum "Band der Wissenschaft" bezeichnete Müller als "schön, aber unrealistisch".
Landestheater Kritik übte Müller an Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) im Zusammenhang mit der Sanierung des Theaters. "Ich habe den Eindruck, der OB treibt das nicht mit Nachdruck voran." Hier müsse "klare Kante" gezeigt und der Freistaat "in die Pflicht" genommen werden.
"Coburg darf nicht benachteiligt werden."
Sparkurs Der eingeschlagene Sparkurs wird von Müller ausdrücklich verteidigt. Aber: "Wir dürfen die Stadt auch nicht kaputt sparen." Allen voran für weitere Investitionen in die Schulen müsse man es in Kauf nehmen, Schulden zu machen.
Soziales Müller ist für eine stärkere Prioritätensetzung. "Wir müssen neue Wege suchen und auch das echte Ehrenamt wieder mehr in den Mittelpunkt stellen."
Abgesehen von unbedeutenden kleinen Trendparteien am Rande, dominieren in Deutschland seit Ende des zweiten Weltkriegs ausschließlich zwei große Parteien das politische Geschehen, nämlich SPD und CSU/CDU. Unter Berücksichtigung von kleineren Schwankungen, befinden sich diese beiden Parteien im Mittel auf gleicher Augenhöhe.
In Coburg gibt es jedoch wie immer ein Paar Extrawürste. Hier hat sich die CSU nach internen egobezogenen Differenzen in zwei getrennte Parteien aufgeteilt. Der zur SPD konkurrenzfähige Anteil potentieller "CSU"-Wähler verteilt sich folglich auf zwei Parteien.
Vereinfacht ausgedrückt (lassen wir mal Randparteien weg) haben wir also statt ~50% SPD und ~50% CSU nun die Aufteilung ~50% SPD ~20% CSB und ~30% CSU. Über die Prozente brauchen wir nicht diskutieren, sie dienen mir lediglich zur Verdeutlichung, worauf ich hinaus will:
Die SPD hat in Coburg leichtes Spiel, weil der einzige ernstzunehmende Konkurrent sich in zwei kleine unabhängige Gruppen aufgeteilt hat.
Die Konsequenz wird höchstwahrscheinlich eine weitere Amtszeit von Norbert Kastner (SPD) sein und daran wird sich so schnell in Coburg auch nichts ändern, außer CSB und CSU begraben ihre kleinlichen Streitigkeiten und besinnen sich wieder auf ihre gemeinsamen Wurzeln.
"So verwies Müller darauf, dass es die CSB gewesen sei, die sich als erstes für eine reine Ballsporthalle auf der Lauterer Höhe eingesetzt hat: "Ich bin stolz, dass wir den Mut zu dieser Idee hatten.""
Also schonmal ein Grund, die CSB nicht zu wählen. Man erinnere sich: vor einigen Jahren war der eine Teil des Stadtrats für das NIK (Veranstaltungshalle + Kongresszentrum am Anger), der andere Teil für das A-HA-Konzept (kleinere Kulturhalle + Kongresszentrum am Anger, große Veranstaltungshalle auf der Lauterer Höhe). Die Bürger stimmten im Bürgerentscheid für eine Veranstaltungshalle am Anger. Mir persönlich wäre es egal gewesen, WO nun eine Multifunktionsarena entsteht - Hauptsache, sie wäre nach jahrelanger Diskussion endlich ÜBERHAUPT gebaut worden.
Das Ende vom Lied ist bekannt: Statt einer Multifunktionshalle am Anger (oder auf der Lauterer Höhe) baute man eine reine Monofunktions-Ballsport-Halle für knapp 13. Mio auf die Lauterer Höhe. Und für eine Veranstaltungshalle ist nun kein Geld mehr da..
Das erinnert ein bisschen an die große Koalition ab 2005. Im Wahlkampf kündigte die CDU eine Erhöhung der MwSt. von 16% auf 18% an, die SPD hingegen hatte "keine Erhöhung der MwSt." als Wahlversprechen. Herausgekommen ist dann eine Erhöhung auf 19%. Der Kompromiss zwischen 0% und 2% Erhöhung (in Prozentpunkten) lag dann also bei 3%.
So ähnlich lief's auch in Coburg - der Kompromiss zwischen Multifunktionsarena am Anger und kleiner Halle am Anger + großer Multifunktionshalle auf der Lauterer Höhe war dann anscheinend: Gar keine Multifunktionsarena, dafür aber eine reine Ballsporthalle auf der Lauterer Höhe.
Ein Armutszeugnis!
Mit seiner Aussage hat Müller (Zitat oben) übrigens teilweise sogar Recht: Sich für eine reine Ballsporthalle auf der Lauterer Höhe einzusetzen, so dass dann kein Geld mehr für eine jahrelang versprochene Multifunktionsarena (egal ob nun Lauterer Höhe oder Anger) da ist, erfordert WIRKLICH Mut. Allerdings keinen Mut, auf den man stolz sein könnt