Bratwurst, Werte und Europa

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EU-Kommissar Günther Oettinger hielt die Festrede beim CC-Jubiläum. Selbsredend gab es hinterher eine Bratwurst. Foto: Ronald Rinklef
EU-Kommissar Günther Oettinger hielt die Festrede beim CC-Jubiläum. Selbsredend gab es hinterher eine Bratwurst. Foto: Ronald Rinklef
EU-Kommissar Günther Oettinger (links) und OB Norbert Tessmer beim Bratwurstessen für Fortgeschrittene: leicht nach vorn gebeugt, damit Fett und Senf nicht auf die Krawatte tropfen. Foto: Ronald Rinklef
EU-Kommissar Günther Oettinger (links) und OB Norbert Tessmer beim Bratwurstessen für Fortgeschrittene: leicht nach vorn gebeugt, damit Fett und Senf nicht auf die Krawatte tropfen. Foto: Ronald Rinklef
 
Fabian Fritz, Präsidierende Turnerschaft Alemanno-Palatia Erlangen. Foto: Ronald Rinklef
Fabian Fritz, Präsidierende Turnerschaft Alemanno-Palatia Erlangen. Foto: Ronald Rinklef
 
Oberbürgermeister Norbert Tessmer. Foto: Ronald Rinklef
Oberbürgermeister Norbert Tessmer. Foto: Ronald Rinklef
 
Andreas Bootz, designierter AHCC-Vorsitzer. Foto: Ronald Rinklef
Andreas Bootz, designierter AHCC-Vorsitzer. Foto: Ronald Rinklef
 
Ali-Ottmar Mahdi, Vorsitzer der Altherrenvereinigung des Coburger Convents (AHCC). Foto: Ronald Rinklef
Ali-Ottmar Mahdi, Vorsitzer der Altherrenvereinigung des Coburger Convents (AHCC). Foto: Ronald Rinklef
 
Günther Oettinger, Mitglied der EU-Kommission Foto: Ronald Rinklef
Günther Oettinger, Mitglied der EU-Kommission Foto: Ronald Rinklef
 
Ronald Scholz, Theologe und Jurist
Ronald Scholz, Theologe und Jurist
 
Zwiegespräch. Foto: Ronald Rinklef
Zwiegespräch. Foto: Ronald Rinklef
 
Sektempfang nach dem Festakt. Foto: Ronald Rinklef
Sektempfang nach dem Festakt. Foto: Ronald Rinklef
 
Die Aktivitas der Ulmia Tübingen bei einem ihrer Alten Herren. Foto: Ronald Rinklef
Die Aktivitas der Ulmia Tübingen bei einem ihrer Alten Herren. Foto: Ronald Rinklef
 
Ein Erinnerungsfoto mit der Ulmia Tübingen. Foto: Ronald Rinklef
Ein Erinnerungsfoto mit der Ulmia Tübingen. Foto: Ronald Rinklef
 
"Grüßgottle!" Günther Oettinger traf in Coburg Bekannte aus Studentenzeiten. Foto: Ronald Rinklef
"Grüßgottle!" Günther Oettinger traf in Coburg Bekannte aus Studentenzeiten. Foto: Ronald Rinklef
 
Auf dem Weg zum Rathaus. Foto: Ronald Rinklef
Auf dem Weg zum Rathaus. Foto: Ronald Rinklef
 
Gemeinsames Foto vor der CC-Säule im Rathaus (von links): Andreas Bootz, OB Norbert Tessmer, EU-Kommissar Günther Oettinger, Kongressbeauftragter Hans-Georg Schollmeyer, AHCC-Sprecher Ali-Ottmar Mahdi. Foto: Ronald Rinklef
Gemeinsames Foto vor der CC-Säule im Rathaus (von links): Andreas Bootz, OB Norbert Tessmer, EU-Kommissar Günther Oettinger, Kongressbeauftragter Hans-Georg Schollmeyer, AHCC-Sprecher Ali-Ottmar Mahdi. Foto: Ronald Rinklef
 
Beim Eintrag ins Goldene Buch. Foto: Ronald Rinklef
Beim Eintrag ins Goldene Buch. Foto: Ronald Rinklef
 
Darf bei keinem Gast fehlen: Der Blick vom Rathausbalkon. Foto: Ronald Rinklef
Darf bei keinem Gast fehlen: Der Blick vom Rathausbalkon. Foto: Ronald Rinklef
 
Bratwurst für den EU-Kommissar. Foto: Ronald Rinklef
Bratwurst für den EU-Kommissar. Foto: Ronald Rinklef
 

Der Coburger Convent feiert 150 Jahre Zusammenschluss von Landsmannschaften - aber er blickt weniger zurück als nach vorn.

Was es zum Jubiläum zu sagen gibt, steht nun im Goldenen Buch der Stadt Coburg: "Auf eine weitere gute Partnerschaft zwischen der Europastadt Coburg und einem traditionsbewussten sowie der Zukunft zugewandten Coburger Convent", schrieb EU-Kommissar Günther Oettinger, dann setzte er seine Unterschrift darunter.

Oettinger, Mitglied der Ulmia Tübingen, hatte zuvor im Landestheater die Festrede gehalten. Dort feierte der Coburger Convent (CC) die Tatsache, dass sich vor 150 Jahren erstmals Landsmannschaften verschiedener Universitäten zusammengeschlossen hatten. Den CC als solchen gibt es erst seit 1951, aber er versteht sich als Nachfolger jenes Landsmannschafterverbandes, der ab 1872 seine Pfingsttreffen in Coburg abhielt.
Viel Zeit zum Rückblick nahm sich der CC nicht. Ali-Ottmar Mahdi, der scheidende Vorsitzende der Altherrenvereinigung AHCC, sprach von einer "Geschichte mit Stolpersteinen", was sowohl verbandsintern gilt als auch für die Zeit des Nationalsozialismus. Ronald Scholz, Theologe und Jurist, benutzte viele Fremdwörter, um zu sagen, dass die Mitglieder der Bünde jeweils auch Kinder ihrer Zeit gewesen seien. Die Werte der Bünde wie Ehre, Freiheit und lebenslange Freundschaft hätten aber überdauert.


Werte und Wandel

Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer brachte das Motto der Stadt - "Werte und Wandel" - mit dem CC zusammen und bescheinigte dem Verband, dass er sich der Wertediskussion stelle. Insgesamt sei die Gesellschaft und mit ihnen die Akademikerverbände aufgerufen, Normen und Werte wieder sichtbar zu machen. Damit wolle man nicht dem Zeitgeist dienen, sondern zukunftsfähig sein.

Der Zukunft wandten sich Fabian Fritz und Andreas Bootz zu. Fritz, Sprecher der Präsidierenden Turnerschaft Alemanno-Palatia zu Erlangen, sprach davon, dass die Bünde "wettbewerbsfähig" bleiben müssten. Andreas Bootz, designierter Vorsitzender des AHCC, forderte, der CC müsse auch in einer "Vuka-Welt" integer bleiben.


Die "Generation Z"

Vuka steht für " Volatilität, Ungewissheit, Komplexität, Ambiguität", was die sich ständig ändernde Welt von heute beschreiben soll. In dieser Vuka-Welt lebe die "Generation Z", die mit der Digitalisierung aufgewachsen sei, die es gewohnt sei, schnell und sofort bedient zu werden, sagte Bootz. Gleichzeitig sei diese Generation leistungsbereit und auf Traditionen bedacht. "Diese Generation wird uns fordern und uns infrage stellen."

Doch der CC werde sich mit dieser Generation weiter entwickeln - dank seiner ganz analogen und traditionellen Werte, verhieß Bootz: Den Verbindungshäusern, der Freundschaft und dem Lebensbundprinzip, das Generationen verbinde. Außerdem, so Bootz, werde der CC eine App fürs Smartphone entwickeln, die es seinen Mitgliedern ermöglichen werde, sich besser zu vernetzen.

Europa braucht Mut zur Veränderung

Wer die Werte des geeinten Europa verteidigen wolle, müsse dafür kämpfen, sagte EU-Kommissar Günther Oettinger in seiner Festansprache. Die freiheitliche Ordnung Europas mit parlamentarischer Demokratie, unabhängiger Justiz, sozialer Marktwirtschaft und liberaler Gesellschaft sei bedroht durch Autokraten und Diktatoren. Hinzu komme der weltweite Wandel durch Globalisierung, Automatisierung und Digitalisierung, der viele verunsichere, wie Oettinger feststellte. Als Gegenbewegung dazu seien "Populismus, Protektionismus und Nationalismus auszumachen - "das wäre ein Rückweg in finstere Zeiten".

Wenn Europa seine Werte bewahren wolle, müsse es sich verändern, forderte Oettinger. So stehe Europa vor der Frage, ob die Länder des Westbalkans in die EU aufgenommen werden sollten. Oettinger erinnerte an das Jahr 1951, als die anderen europäischen Staaten es dem ehemaligen Kriegsgegner Deutschland ermöglichten, in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft einzutreten. "Da gehörte Mut und Tollkühnheit dazu!" Deutschland profitiere mit am meisten von den Errungenschaften der Union: "Wir haben den größten Vorteil von Frieden und Binnenmarkt." Nur gemeinsam seien die Staaten Europas in der Lage, sich künftig politisch und wirtschaftlich zwischen den Großmächten zu behaupten, sagte Oettinger.

Die EU müsse Stabilität exportieren, um nicht Gefahr zu laufen, Instabilität zu importieren. Deshalb stehe sie in der Verantwortung, den Nachbarregionen in Afrika und im Nahen Osten Perspektiven zu geben. Oettinger appellierte an seine Zuhörer - immerhin alles Akademiker - über die Dimension der politischen Herausforderungen Europas zu informieren und zu ihrer Bewältigung beizutragen.
Vor allem aber lobte er, dass Coburg sich Europastadt nennt. Das hat historische Wurzeln, wie Oberbürgermeister Norbert Tessmer später beim Eintrag ins Goldene Buch im Rathaus sagte. Tessmer verwies im Beisein von Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha auf die vielfältigen dynastischen Verbindungen in Europa. Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha ist mit zahlreichen europäischen Fürsten- und Königshäusern verwandt.

Nach dem Eintrag ins Goldene Buch durfte Oettinger noch eine Coburger Bratwurst verzehren. Die kennt er aus seiner Studentenzeit, wie er erzählte: Von 1973 an war er sechsmal mit der Ulmia Tübingen beim Pfingstkongress, "mit instabilen Schlafstunden im Massenquartier in der Turnhalle". Bratwurst gehörte damals zum Pflichtprogramm und heute auch: Gemeinsam mit OB Tessmer biss Oettinger am Sonntagmittag beherzt in die fetttriefende Wurst mit Senf. "Sie schmeckt wie früher." Wenn er als Ruheständler mehr Zeit habe, wolle er wieder an den Pfingstkongressen teilnehmen, versprach er. Aber vorher dürfen die Coburger gern nach Brüssel kommen: "Wenn sie mal als Europastadt nach Brüssel kommen wollen, mache ich gern ein Programm für sie."