MdL Susann Biedefeld und ihre Kollegin Angelika Weikert, asylpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, machten sich gemeinsam mit Landrat Michael Busch ein Bild von der Situation in der Asylbewerber-Unterkunft in Ebersdorf.
Auf den ersten Blick wirkt im Wohnzimmer von Dschamila Mandojan alles normal: Bilder schmücken die Wände, Vorhänge sorgen für eine heimelige Atmosphäre und in der schwarzen Schrankwand findet ein Fernseher Platz. Nichts deutet darauf hin, dass sich dieses Wohnzimmer in einem Asylbewerberheim befindet.
Auf den zweiten Blick jedoch, wird es deutlich: Hier leben zwei Familien, die sich nicht nur die Wohnung, sondern auch ein Badezimmer und die Küche teilen. Dschamila Mandojan spricht kein Englisch, ihr Deutsch ist sehr schlecht. Immer wieder zuckt sie bei Fragen mit den Schultern. "Russisch", sagt sie dann. Damit Mandojan sich mit den Besuchern Susann Biedefeld (SPD), Landrat Michael Busch (SPD) und Angelika Weikert, asylpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, verständigen kann, greift Victoria Roy als Übersetzerin ein. Sie wohnt selbst in der Einrichtung in Ebersdorf.
Seit eineinhalb Jahren leben Dschamila Mandojan, ihr Mann Mrad und ihr Sohn hier. Im Grunde ist sie zufrieden: "Deutschland viel gut", sagt sie. Mandojan arbeitet als Putzfrau in der Einrichtung, ihr Sohn hat einen Ein-Euro-Job. Viel Geld kommt dabei nicht rum. Darum bekommen sie ein sogenanntes Taschengeld, 130 Euro pro Person und Monat - zu wenig, um die Familie zu versorgen. Deshalb erhalten die Bewohner zusätzlich Essenspakete. "Wie sind die so?", fragt Busch. Beschweren möchte sich keiner, doch die Blicke der Bewohner sprechen Bände. Das sieht auch Busch: "Alles klar", sagt er. Das Problem ist, dass die Lebensmittel alle kurz vor dem Ablaufdatum stehen. Zwar könne man sie noch essen, doch Brot beispielsweise lasse sich kaum aufheben. Beim Rundgang durch die Einrichtung kommt eine Bewohnerin und zeigt ihm ein Stück Brot von gestern - es ist steinhart.
Landrat für "Coburger Lösung" Der Landrat bietet der Familie eine eigene Wohnung im Landkreis an. Derzeit funktioniere die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis nicht, denn es kämen viele Sinti und Roma aus Serbien und Mazedonien, die nur wenige Wochen bleiben. Das Ziel der dezentralen Unterbringung sei es jedoch, dass Ehrenamtliche und Nachbarn bei der Betreuung mithelfen. "Doch wenn sie eingearbeitet sind, dann sind die Bewohner schon wieder weg", sagt Busch. Deshalb sei man daran interessiert, Familien längerfristig in den Wohnungen unterzubringen. Wer nur kurz bleibt, solle in die Gemeinschaftsunterkunft einquartiert werden. "Das ist grundsätzlich für alle zunächst empfehlenswert", sagt Weikert.
Anpassen an die Lebenssituation Dadurch können sich die Bewohner akklimatisieren und an die Lebenssituation in Deutschland und der Region gewöhnen. "Viele haben zum Beispiel noch nie eine Waschmaschine gesehen", sagt der für die Einrichtung zuständige Verwaltungsbeamte Hermann Schuberth. Sie wüssten teilweise auch nicht, wie man mit Stromanschlüssen richtig umgeht. "Letztens hat ein Bewohner fünf Mehrfachsteckdosen ineinander eingesteckt und darüber dann verschiedene Geräte laufen lassen. Das kann natürlich gefährlich werden", sagt Schuberth. Zur Zeit leben 62 Menschen im sogenannten Übergangswohnheim in Ebersdorf bei Coburg, die meisten von ihnen kommen aus Russland und Aserbaidschan.
Coburg als Beispiel für Bayern Wenn die Bewerber zunächst in einer Gemeinschaftseinrichtung
untergebracht werden, könnten sie sich besser an die Gegebenheiten gewöhnen. Zur dezentralen Unterbringung sagt Busch: "Wir wollten Beispiel werden in Bayern. Aber wir durften nicht."
Biedefeld und Weikert sind insgesamt von der Einrichtung überrascht. "Da habe ich schon viel Schlimmeres gesehen", sagt Biedefeld. Allerdings scheint das eher eine Frage des Vergleichswertes zu sein. Bewohnerin Victoria Roy weiß wie es zugeht, da sie als Dolmetscherin oft dabei ist und die Bewohner des Hauses kennt. "Hier leben teilweise bis zu fünf Personen in einem Zimmer", sagt sie, "das ist zu viel". Ihre Nachbarin habe Asthma, zudem leben auch kleine Kinder hier - "Ruhe ist hier unmöglich", sagt Roy. Aber das Verhältnis zu den Nachbarn sei in Ordnung.
Probleme, da sind sich Hermann Schuberth und Angelika Weikert einig, gebe es hauptsächlich mit alleinstehenden Männern.
Sie seien besonders gefährdet was Alkoholmissbrauch betrifft.
Gesetze flexibler handhaben Viele der Bewohner in Ebersdorf würden gerne arbeiten. "Wir essen und schlafen nur", sagt eine Bewohnerin. Arbeiten gehen dürfen sie erst, wenn sie bereits etwas mehr als ein Jahr in Deutschland leben, geduldet sind und eine Arbeitserlaubnis haben. Landrat Michael Busch würde die Gesetze an dieser Stelle gerne etwas flexibler handhaben. "In einer Einrichtung im Landkreis lebt ein Flugzeugingenieur, der Deutsch spricht. Er könnte sicher sofort arbeiten und seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Vom Gesetz her darf er aber nicht, da er erst seit etwa fünf Wochen in Deutschland ist", berichtet Busch.