Der Archäologe Philipp Schinkel und sein Team haben in Neustadt bei Coburg einen Sensationsfund gemacht. Ihre Entdeckung lässt die Region in einem völlig neuen Licht erscheinen.
Archäologenteam macht Sensationsfund in Neustadt bei Coburg: Schon seit den 1920er Jahren sei bekannt, dass der 515 Meter hohe Muppberg, von Neustädtern und Sonnebergern gleichermaßen als ihr "Hausberg" verstanden, in der Vorgeschichte besiedelt war, erzählt Philipp Schinkel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fränkische Landesgeschichte in Thurnau (Kreis Kulmbach) gegenüber inFranken.de.
Doch was Schinkel und sein Team durch jahrelange Untersuchungen und Grabungen gefunden und herausgefunden haben, wirft ein völlig neues Licht auf die bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebte Ausflugsregion. Die Funde hätten die Forschenden "ziemlich überrascht", so der 33-Jährige.
Muppberg in Neustadt bisher "eher vernachlässigt": Messungen ergeben erstaunliche Erkenntnisse
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hätten Begehungen durch Heimatforscher stattgefunden, die zum Beispiel Keramikscherben fanden, berichtet der Wissenschaftler. Aber: "Im Gegensatz etwa zum Umland des Staffelbergs, wurde die Gegend nördlich des Obermains lange Zeit forschungsgeschichtlich eher vernachlässigt. Deshalb gibt es dort noch viel zu entdecken und zu erforschen. Die Funde der Heimatforscher lagen zwar jahrzehntelang in Museumsdepots, aber sie wurden nie im Detail untersucht", erklärt Schinkel.
Dies habe er dann 2016 im Rahmen seiner Masterarbeit getan. "Gleichzeitig habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob der Muppberg auch befestigt war. Offensichtliche Reste eines Walls gab es zunächst nicht", berichtet der Forscher. "Aber wir haben eine Magnetometerprospektion, das ist eine Messung der relativen Änderung des Erdmagnetfeldes ausgelöst durch archäologische Strukturen im Boden, durchgeführt. Und dann wurde es spannend: Denn tatsächlich haben die Messungen ergeben, dass hier tatsächlich eine umlaufende Befestigung vorliegt, die aus Holz, Erde und Steinen errichtet worden war."
Durch die Auswertungen sei klar geworden, dass es "hier wohl mindestens zwei Siedlungen auf einem Areal von insgesamt 17 Hektar gegeben hat, die nicht nur das Plateau, sondern auch Teile der ‚Linder Ruh‘ umfasst haben". Eine falle in die frühe Urnenfelderzeit, die zur Spätbronzezeit zähle, also in die Jahre zwischen 1300 und 1100 v. Chr. Die spätere Siedlung stamme aus der Eisenzeit, hier spreche man von der Frühlatènezeit zwischen 450 und 250 v. Chr. Die Region ließ ihn danach nicht mehr los: Mittlerweile mache Schinkel seinen Doktortitel und sei dem Muppberg sowie der Region forschungstechnisch treu geblieben.
"Etwas Geheimnisvolles" ging auf dem Berg in Franken vor: Forscher machen Sensationsfund bei Grabungen
Denn im Frühjahr 2022 und 2023 habe er dann mit Ehrenamtlichen und Studierenden "eine Grabung im Bereich der Befestigung auf einer Fläche von vier mal sechs Metern durchgeführt", berichtet Schinkel. "Am Anfang dachten wir, von den Befestigungen wäre nicht mehr viel übrig. Aber was herauskam, das hat uns ziemlich überrascht." Es habe sich nämlich um zwei "Befestigungsphase" gehandelt, die "auf- beziehungsweise ineinander gebaut waren". Die ältere Befestigung sei eine "recht schmale Konstruktion aus Holz und Erde" gewesen. Die Jüngere sei "eine sogenannte Pfostenschlitzmauer. In regelmäßigen Abständen wurden dazu Pfosten aufgestellt, deren Zwischenräume mit dem lokalen Buntsandstein aufgemauert wurden. Ein Highlight war ein durchgängiges Holzkohleband vor dem Mauerrest", so der Doktorand. Auch am Bamberger Dom haben Archäologen einen geheimnisvollen Fund gemacht.
Dabei müsse es sich "um die verstürzte Brustwehr handeln, die die Verteidiger der Mauer zusätzlich schützte". Nun hoffe das Team auf eine Jahrringdatierung, "womit wir im Idealfall auf das Jahr genau bestimmen könnten, wann das Holz für den Bau geschlagen wurde". Dadurch, dass es im Umfeld des Muppbergs – nachdem, was man bisher wisse - eine geringe Siedlungsdichte gegeben habe, "kann man davon ausgehen, dass hier jemand gelebt hat, der viel Macht und Reichtum hatte", so Schinkel. "Denn um so ein unglaublich aufwendiges Bauprojekt auf einem hohen Berg umzusetzen, braucht es viele Arbeiter, die man aus einem größeren Einzugsgebiet mobilisieren muss. Außerdem war das Gebiet um den Muppberg ziemlich sumpfig - und hier wissen wir durch Funde, dass auch kostbare Bronze-Gegenstände im Moor versenkt wurden."