Handwerkskammer verdächtigt ehemaligen Chef

2 Min
Sie bildeten noch vor einem Jahr den Aufsichtsrat der HWK-Tochter GTO: (von links) HWK-Präsident Thomas Zimmer, der ehemalige HWK-Hauptgeschäftsführer Horst Eggers und HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller, hier in einer Aufnahme von 2011. Foto: Dörfler/Archiv
Sie bildeten noch vor einem Jahr den Aufsichtsrat der HWK-Tochter GTO: (von links) HWK-Präsident Thomas Zimmer, der ehemalige HWK-Hauptgeschäftsführer Horst Eggers und HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller, hier in einer Aufnahme von 2011. Foto: Dörfler/Archiv

Horst Eggers soll seine Aufwandsentschädigung als Aufsichtsratsvorsitzender einer HWK-Tochter zu Unrecht erhalten haben. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft den Fall.

Bislang hatten die Missstände bei der Gewerbe-Treuhand Oberfranken Steuerberatungsgesellschaft mbH (GTO), einer Tochter der Handwerkskammer für Oberfranken (HWK), die breite Öffentlichkeit kaum beschäftigt. Doch seit Mittwoch steht nun plötzlich auch der ehemalige HWK-Hauptgeschäftsführer Horst Eggers im Blickpunkt.

Im November war bei der GTO ein Millionenbetrugsfall publik geworden. Ein ehemaliger Mitarbeiter soll im großen Stil Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen haben. Die Ermittlungen dazu laufen, die oberfränkischen Handwerker haben in einer Vollversammlung der Kammer inzwischen entschieden, dass die GTO fortgeführt wird und weiter - vor allem im östlichen Oberfranken - Bilanzen, Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für Handwerksunternehmen erstellt.

30 000 Euro im Jahr

Jetzt wird auch gegen Horst Eggers ermittelt, der bis 2011 HWK-Hauptgeschäftsführer und bis Juli 2019 Aufsichtsratsvorsitzender der GTO war. Die HWK hat Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hof eingereicht. Dabei geht es laut Kammer "ausdrücklich nicht um die im November 2019 bekannt gewordene Veruntreuung von 2,1 Millionen Euro". Es ist die Aufwandsentschädigung, die Eggers für sein Amt als Aufsichtsratschef erhalten hat, die die Kammer nun überprüft haben will: rund 30 000 Euro im Jahr.

"Unsere externen Prüfer haben gesagt, da ist ein Verdacht. Und wir als öffentliche Körperschaft müssen da tätig werden", sagte Bernd Sauer, Geschäftsführer der Kammer. Auch Hauptgeschäftsführer Thomas Koller sprach von einer "strafrechtlichen Würdigung" des Sachverhalts ohne Vorverurteilung. Es gehe in Sachen GTO um größtmögliche Transparenz.

Laut Andreas Cantzler, Oberstaatsanwalt bei der für Wirtschaftskriminalität zuständigen Staatsanwaltschaft Hof, werde zurzeit erst einmal geprüft, ob überhaupt ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Die Rechtsauffassung des anwaltlichen Vertreters der GTO, die der Anzeige beiliege, gehe jedenfalls vom Straftatbestand der Untreue aus, sagte Cantzler.

Vergütung offiziell beschlossen

Der Beschuldigte hat nach eigenen Angaben kein Schreiben von Staatsanwaltschaft oder HWK bekommen. "Ich habe davon aus der Presse erfahren", sagte Horst Eggers, der im März 76 Jahre alt wird. Die Vergütung von 30 000 Euro sei von der Gesellschafterversammlung im Jahr 1998 festgelegt worden. Sie sei in seiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender - von Januar 1999 bis Juli 2019 - nie geändert worden. Eggers ist sich insofern keiner Schuld bewusst.

Die Kammer wiederum will die Zeit seit Eggers' Ausscheiden als HWK-Hauptgeschäftsführer, also von 2011 bis 2019, geprüft haben. Eggers behielt damals sein Amt als GTO-Aufsichtsratschef. Ab diesem Zeitpunkt seien "zusätzliche interne geschäftsführende Aufgaben" durch den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht mehr wahrgenommen worden, heißt es vonseiten der Kammer. Diese Übernahme geschäftsführender Aufgaben sei aber Maßstab bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung gewesen, so die Auffassung der Kammer. Um welche Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden es sich dabei handeln soll, zumal die GTO einen Steuerberater als Geschäftsführer beschäftigte, dazu wollte sich HWK-Hauptgeschäftsführer Koller gestern unter Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. "Diese Konstruktion ist noch Gegenstand der Ermittlungen", sagte er.

Brisant in dem Fall ist die Zusammensetzung des GTO-Aufsichtsrats im umstrittenen Zeitraum. Der bestand neben dem Vorsitzenden Eggers aus zwei weiteren Personen: HWK-Präsident Thomas Zimmer und Koller. Zimmers und Kollers Vergütung im Aufsichtsrat betrug nach Auskunft der Kammer jährlich jeweils 1500 Euro. Die Frage, die sich stellt: Hätten die Aufsichtsräte nicht mit der Aufwandsentschädigung des Vorsitzenden vertraut sein müssen?

Derzeit hat die GTO keinen Aufsichtsratsvorsitzenden. Das Kontrollgremium ist bei einer GmbH sowieso nur fakultativ.

Kommentar des Autors

Was darf Kontrolle kosten? Mit Begrifflichkeiten ist es so eine Sache. Der Wortsinn von "Aufwandsentschädigung" deckt sich ebenso wie der Begriff "Ehrenamt" bei vielen Bürgermeistern in Bayern nicht mit der Realität. Die Vergütung hat oft eine Höhe erreicht, bei der eine derartige Wortwahl mehr als unangemessen ist.

Stattdessen sollte man offen von Bezügen reden. Und da sind 30 000 Euro Jahresgage für einen mittelständischen Aufsichtsrat nicht einmal hoch, wenn das Zeitengagement dementsprechend ausfällt. Ob ein so bezahlter Posten bei einer Tochter der Handwerkskammer nötig ist, ist eine andere Frage, zumal der einfache Handwerker für seinen Lohn ganz anders schuften muss. Nur schade, dass solche Vergütungsüberlegungen immer erst im Zuge von Krisen auftauchen. Die Offenheit sollte alltäglich sein.