WEKL: Sie sind für die Menschlichkeit gelaufen

Mit den Sicherheitsnadeln kam Ahmad nicht allein zurecht. Kurzerhand ging Abdulrahman vor ihm in die Knie und half, die Startnummer am T-Shirt zu befestigen. Beide Männer standen dann sozusagen in den Startlöchern: Gleich sollte es mit dem Wieland-Lauf losgehen: 4,4 Kilometer, für die sie jeweils eine Laufzeit von 25 Minuten angepeilt hatten.
Bestens vorbereitet
Bestens vorbereitet waren sie jedenfalls: In der Laufgruppe des Vereins "Freund statt fremd", die seit Monaten dem Weltkulturerbelauf entgegenfieberte. "Laufen in Gemeinschaft ist schön und macht Spaß", erklärte der 24-jährige Ahmad in fließendem Deutsch. Er ist anerkannter Flüchtling aus Syrien, absolviert derzeit in einem Bamberger Autohaus eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Wenn er Zeit finde, helfe er auch im "Lui 20", dem vereinseigenen Café in der Luitpoldstraße. Dort habe er den Ägypter Abdulrahman (33) und die anderen Asylbewerber kennengelernt, die am Weltkulturerbelauf teilnehmen.
Daoud aus Syrien zum Beispiel, der an einem Qualifizierungsprogramm der Technischen Hochschule in Ingolstadt mitmacht, weil er studieren will. "Ich habe deshalb nicht so viel trainieren können", bedauerte der 23-Jährige. So gebe er sich heute mit der 4,4-Kilometer-Strecke zufrieden, anstatt die ursprünglich anvisierten 10,9 Kilometer des Brose-Laufs zu absoliveren. Auch Abdulrahman lächelt breit: "Besser vier Kilometer und ein gutes Ergebnis, als länger laufen und ein schlechtes Ergebnis!"
Insgesamt 22 Läufer und Läuferinnen schickte der Verein "Freund statt fremd" an den Start: in grauen T-Shirts mit dem in grün gehaltenen Motto der Laufgruppe "Laufen für Menschlichkeit".
Deren Leiter Martin Jansen hatte einen symbolischen Ort gewählt, um die Gruppe auf das Sonntagsrennen einzustimmen: Am Markusplatz prangte nicht nur das "Zelt der Religionen", sondern unübersehbar der "Europa-Bus", den das Bayerische Bündnis für Toleranz mit Kooperationspartnern wie der Bayerische Staatskanzlei, dem DGB-Bayern und den Kirchen vor der Europawahl durch die Regierungsbezirke schickt.
"Flüchtlingspolitik ist in Europa ein zentrales Thema", sagte Martin Jansen. Und: "Wir laufen für Menschlichkeit, für Toleranz und Menschenrechte",
fasste er die Intention der Laufgruppe und überhaupt seines Vereins zusammen.
Jansen hatte sich mit dem 21,1 Kilometer langen Halbmarathon gleich die anspruchsvollste Herausforderung ausgesucht. Der Haupttrainer der Laufgruppe, der 37-jährige Ahmed aus dem Irak, machte sich auf zum 10,9-Kilometer-Lauf: "Ich hoffe auf eine gute Zeit!", strahlte er. "Man kann auch bei kälterem Wetter eine gute Zeit laufen", fügte er hinzu. Sein Asylantrag wurde 2014 abgelehnt, nun arbeitet Ahmed mit dem Status Duldung in Bamberg. Zudem ist er auch in der Leichtathletikgemeinschaft Bamberg aktiv und hat das Lauftraining von "Freund statt fremd" professionell und strukturiert aufgezogen.
Drei Mal in der Woche führt Ahmed es durch: "Er schafft ein Miteinander, in dem sich jeder wohl fühlt", bestätigte Martin Jansen.
Oder: "Sport überwindet Sprachgrenzen und sonstige Grenzen", freute sich Bürgermeister Christian Lange (CSU), der bei der Laufgruppe am Europa-Bus vorbeischaute. Selbst startklar für den Wieland-Lauf drückte er dem Verein "Freund statt fremd" seine Wertschätzung dafür aus, dass "Asylsuchende dabei sind. Sport und Kultur verbinden Menschen", meinte Lange und verwies auch auf die vielen Teilnehmer aus den Bamberger Partnerstädten.