Unterschlagung: Geld kam nie bei Radhändler im Kreis Bamberg an

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Ein Teil des betrügerischen Systems zweier Brüder bestand darin, den Kunden beim Fahrradkauf eine "Auftragsbestätigung" und keine Rechnung auszustellen. Dies löste keine Buchung im System des Radhändlers aus und blieb so lange unbemerkt. Illustration: Dagmar Klumb
Ein Teil des betrügerischen Systems zweier Brüder bestand darin, den Kunden beim Fahrradkauf eine "Auftragsbestätigung" und keine Rechnung auszustellen. Dies löste keine Buchung im System des Radhändlers aus und blieb so lange unbemerkt.  Illustration: Dagmar Klumb

Zwei Brüder haben ihren Arbeitgeber übers Ohr gehauen, indem sie Fahrräder an Kunden verkauften und das Geld in teure Autos oder Handys steckten.

Es war die reine Gier, die zwei Brüder dazu getrieben hat, zwischen April 2014 und Oktober 2016 Geld ihres Arbeitgebers zu unterschlagen, wofür sie nun Bewährungsstrafen aufgebrummt bekamen. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrrädern des Unternehmens hatten sie in die eigene Tasche gesteckt.

Die beiden früheren Mitarbeiter des Fahrradhändlers aus dem Bamberger Landkreis lebten offenkundig auf zu großem Fuß. "Der Lebenswandel der beiden Beschuldigten war auffällig", sagte gestern der ermittelnde Polizeibeamte vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Bamberg.

So fuhr der ältere der beiden Brüder einen Mercedes GL im Wert von 70.000 bis 100.000 Euro. Der Jüngere besaß dagegen einen Seat Leon, der mit viel PS und mehr ausgestattet gewesen sei, schilderte der Ermittler. Außerdem wurden bei den Wohnungsdurchsuchungen neueste technische Geräte wie teure Handys und jeweils ein Flachbildfernseher für 1000 Euro das Stück gefunden.


30 Fälle der Unterschlagung

Die Ermittlungen deckten ein kompliziertes System an fingierten Fahrradverkäufen auf, das den schließlich geständigen Angeklagten diesen Lebenswandel ermöglichte. Die Staatsanwaltschaft warf den beiden 31 und 26 Jahre alten Männern insgesamt 30 Fälle von Unterschlagung vor, außerdem neun Fälle des Diebstahls, in denen sie drei Fahrräder sowie sechs Kapuzenpullis aus dem Laden ihres Arbeitgebers entwendet hatten. Der Gesamtschaden des unterschlagenen Geldes beläuft sich auf über 58.000 Euro.

Die beiden Brüder lebten damals im Haus der Eltern, zahlten kaum Miete, dennoch war der geschilderte Lebenswandel bei einem Monatsgehalt von 1400 bis 1500 Euro wohl kaum drin. Was als Beweislast noch hinzu kam: Die Ermittler fanden jede Menge Bargeld. Zwischen der Schmutzwäsche oder im Brillenetui stießen die Fahnder auf insgesamt über 27.000 Euro.


System basierte auf Bargeld

Dass so viele Geldscheine in der Wohnung herumlagen, war nicht verwunderlich: Das System der beiden Brüder basierte auf Barzahlungen von Kunden des Fahrradhändlers. So konnten sie die Einnahmen aus den Verkäufen in ihre eigene Tasche fließen lassen.

In 18 der ihnen zur Last gelegten Fälle stellten die Männer den Kunden beim Fahrradkauf eine "Auftragsbestätigung" und keine Rechnung aus. Dies löste keine Buchung im System des Radhändlers aus und blieb so lange unbemerkt. Ähnlich war die Vorgehensweise in anderen Fällen, in denen sie handschriftliche Rechnungen ausstellten oder Gutschriften ausgaben. Verbucht wurde nichts. Die Kunden erhielten ein Fahrrad, zahlten bar, das Geld landete in der Tasche der beiden Brüder.

"Warum fällt das nicht auf?", fragte vorsitzende Richterin Marion Aman den ermittelnden Polizeibeamten. "Das war blindes Vertrauen", vermutete er. Auch fehlten offenbar die Kontrollen im Unternehmen.

Was den Angeklagten das illegale Vorgehen noch erleichterte: Der ältere der Brüder, der seit 2012 bei der Firma arbeitete, war offenbar der einzige im Unternehmen, der sich im System des neu aufgebauten "Stores" auskannte. Der Kaufmann und sein jüngerer Bruder, der seit 2014 für den Fahrradhändler als Verkäufer arbeitete, waren zuständig für das Lager, hatten auch die Inventur übernommen. Auch dann noch, als Ungereimtheiten auftraten.
Das "Zusatzgeschäft" der beiden hatte bis vergangenes Jahr bestens funktioniert. Bis gegen einen anderen Mitarbeiter wegen Diebstahls ermittelt wurde. Der Geschäftsführer hatte daraufhin selbst noch einmal den Bestand überprüft. Er zählte nicht nur wie von den Brüdern angegeben, sieben Fahrräder, sondern knapp 170 Räder, die im Lager fehlten, aber offiziell nie verkauft worden waren.


Verständigung vor Gericht

Zunächst stieß die Polizei auf einen fehlenden Betrag von knapp 150.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft brachte gegen die Brüder aber nur die 58.000 Euro zur Anklage. Wie der Polizeibeamte vor Gericht sagte, sei es schwer gewesen, das System zu durchblicken. Doch: "Die angeklagten Fälle sind Tatsachen."

Nach einer von der vorsitzenden Richterin angeregten Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und den Verteidigern zu Prozessbeginn räumten die bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Angeklagten die ihnen vorgeworfenen Taten ein. Was letztlich zu den Bewährungsstrafen von je einem Jahr und drei Monaten führte.

Die Brüder müssen außerdem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und jederzeit einen Wohnsitzwechsel melden. Sie verpflichteten sich zur Rückzahlung des Geldes an den früheren Arbeitgeber. Ihre Bewährungszeit beträgt drei Jahre. "Die geringste Straftat führt ins Gefängnis, halten Sie sich an die Bewährung!", mahnte die Richterin am Ende der Verhandlung.