Das Gelände der ehemaligen Munitionsanstalt im Bamberger Osten ist weniger belastet als erwartet. Doch dafür könnte der Schießplatz richtig teuer werden.
Diplom-Geologe Michael Link vom beauftragten Ingenieurbüro formuliert es so: "Die Muna ist wie eine Schachtel Pralinen - hinter jeder Ecke gibt es eine Überraschung." Einen Satz später folgt gleich die Entwarnung: "Die Schadstoffbelastung auf der Muna ist relativ gering."
Gleichwohl gibt immer ein "Aber". In diesem Fall ein ehemaliges Tanklager, bei dem der Fachmann von einem "ordentlichen Ölschaden" spricht und direkt hinterher schiebt: "Das wird Kosten auslösen." Immerhin sei der Bereich mit dem belasteten Erdreich "räumlich überschaubar". Sein Resümee: Das Tanklager ist sanierungswürdig, ansonsten handle es sich um "Bagatellbelastungen".
Der Geologe hatte im Auftrag der Stadtverwaltung das Gelände von Muna und Schießplatz auf seine Schadstoffbelastung untersucht und das Ergebnis in der jüngsten Sitzung des Konversionssenates vorgestellt. Nachdem er seinen Vortrag gehalten hatte, ging ein kollektives Aufatmen durch die Reihen.
"Interessant" fand Harald Lang, Leiter strategische Entwicklung und Konversionsmanagement, danach vor allem eines: Zwar habe im Senat große Erleichterung in Sachen Muna geherrscht. Trotzdem "habe ich erwartet, dass die Belastung des Schießplatzes Backenblasen hervorruft." Bei diesem Areal hatte Geologe Michael Link von "großen Erdmassen mit sanierungsrelevanten Schwermetallbelastungen" gesprochen. "Das hat uns auch überrascht". Laut Link bedürfte es "massiver Bodenverschiebungen", um die Altlasten loszuwerden.
Was das bedeutet, erklärt Harald Lang später auf FT-Anfrage: Einer der Schießstände wird derzeit von der Bundespolizei genutzt, die neben der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) einen großen Teil des Konversionsgeländes in Anspruch nimmt. Damit die Polizeischüler bei ihren Schießübungen nicht auf verseuchter Erde liegen müssen, "hat man 40 Zentimeter Boden wegen der Altlasten abgetragen".
Schwermetallfunde erstrecken sich weiter
Doch die Schwermetallfunde sind nicht nur auf den derzeit genutzten Schießstand begrenzt, sondern erstrecken sich deutlich weiter. "Selbst, wenn man später nur Spaziergänger mit Hund über das Gelände laufen lassen wollte, müsste man auf der kompletten Fläche 40 Zentimeter Boden wegräumen", sagt Lang. Er spricht von einem Areal von etwa 10 Hektar Offenland, auf denen sich die Schießbahnen befinden.
"Der Schießplatz geht saftig ins Geld." Man solle sich überlegen, ob man ihn überhaupt großflächig bebauen wolle. Apropos Bebauen: Über den geplanten "Gewerbepark Geisfelder Straße" wurde im Konversionssenat nur am Rande gesprochen. Aktuell sieht es so aus, dass noch vollkommen offen ist, wie viel Fläche für Gewerbe genutzt werden könnte.
Lang deutet an, dass man auf ein relativ grünes Gewerbegebiet hinauswolle, er spricht von einem "Green Village".
In jedem Fall möchte die Stadt - nachdem jüngst der Kaufvertrag für die Lagarde-Kaserne unterschrieben wurde - auch die Muna und den Schießplatz von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erwerben.
Die Tatsache, dass Stadt und Bima gemeinsam in das Bebauungsplanverfahren eingestiegen sind, bezeichnet Konversionsfachmann Lang als "bundesweit einzigartig". Käufer (die Stadt) und Verkäufer (die Bima) müssten stets rechnen, ob sich die zivile Nutzung lohne. Beim letzten Runden Tisch war diese Frage wieder mit "ja" beantwortet worden.
Auf eine andere gab es im Konversionssenat keine eindeutig positive Antwort, auch, wenn es sich mancher gewünscht hätte: Eine hundertprozentige Sicherheit, dass alle belasteten Flecken auf der Muna identifiziert seien, gebe es nicht, sagte Harald Lang. "Wir wissen ungefähr, wo was drinsteckt. Die Muna ist beherrschbar." Trotzdem: "Man weiß nie, ob nicht irgendwo noch was verbuddelt ist." Mit so etwas sei jedoch auf ähnlichen Flächen in ganz Deutschland zu rechnen.
Und Diplom-Geologe Michael Link erwähnte: Wenn man nachträglich noch Munitionsreste im Boden finde, könne man diese entsorgen. Seine Empfehlung: bei Baumaßnahmen aller Art Überwachung durch einen Kampfmittelräumdienst.
Es muss Klarheit herrschen
Am liebsten möchte die Stadt ein kampfmittel- und altlastentenfreies Grundstück von der Bima kaufen. Sollte später ein Teil an einen Dritten weiterveräußert werden, müsse laut Lang klar sein, dass die Fläche "sauber" ist - oder zumindest, "was noch drin liegt".
Bei allen Herausforderungen, die die Verhandlungen mit der Bima mit sich bringen, ist sie in das "Ausnahme-Verfahren" eingebunden: Sie beteiligt sich auch finanziell am Bebauungsplanverfahren und der Gutachtenerstattung. Beides zusammen dürfte nach Schätzung von Lang bereits jetzt bei Kosten von gut einer halben Million liegen.
Altlasten ohne Ende
Die vorhandenen historischen Baulichkeiten und Strukturen des Muna-Areals allerdings passen kaum zu einer gewerblichen oder industriellen Nutzung – sie wurden damals aus Gründen der Tarnung vielgliedrig weit verstreut und im Wald angelegt. Aufgrund der schwachen Nutzung seitens der Amerikaner sind die Bauwerke, teilweise sogar mit originaler Ausstattung, noch unverändert erhalten. Dieser Zustand ist einzigartig, wie der FT schon 2014 berichtete.
Die Pläne der zukünftigen Bebauung aber ignorieren und überdecken die Beschaffenheit des Areals vollständig (vgl. Flächennutzungsplan vom 15.12.2015). Mit der Überplanung würde nach einem Bericht im Denkmalnetz Bayern die noch vorhandene Zusammensetzung der verschiedenen militärischen Anlagen gänzlich zerrissen und nicht mehr lesbar sein. Verloren ginge ein nicht unerheblicher Teil Bamberger Geschichte, ja deutscher Militärgeschichte.
Ein vergleichbares Objekt, die jüngere Munitionsanstalt in Breitengüßbach, welche nur rund acht Kilometer Luftlinie entfernt liegt, ist vom Landesamt für Denkmalpflege bereits als Denkmal nachqualifiziert worden. In Bamberg hingegen ist bislang kein einziger Teil der baulichen Anlagen des 20. Jahrhunderts als Denkmal eingetragen. Auch der Kontext, in dem die einzelnen Gebäude und Areale zueinander stehen, wird von den Behörden verkannt. Ein erster Schritt wäre, ein denkmalfachliches Gutachten einzuholen über die Anlagen in ihrem Zusammenhang und hinsichtlich ihres militärhistorischen Wertes sowie ihrer Bedeutung für die Stadt Bamberg als Militärstandort.
Das Fazit des Berichts über den Schießplatz war:
„Im jetzigen Zustand ist der Schießplatz als Naturschutzfläche geeignet, nicht jedoch als intensiv genutzte Freizeitfläche“.
Wenn die Stadt sich viel Widerstand, Ärger und Kosten sparen will, erhält sie den Schießplatz so wie er ist:
als ökologisch hochwertige Naturschutzfläche!