Die erste juristische Entscheidung zum Hohen Buchenen Wald könnte bereits heuer fallen. Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz stellen sich dennoch auf einen dreijährigen Streit vor den Schranken von Justizia ein. Werden die Richter den Schutz der fränkischen Buchen sicher stellen?
Für eine dreihundertjährige Buche sind drei Monate nur ein winziger Augenblick. Und doch entscheiden die nächsten Wochen darüber, ob Tausende dicker Buchen im ehemaligen Schutzgebiet Hoher Buchener Wald bei Ebrach ungestört alt werden oder ob sie (wie in jedem Wirtschaftswald) der Säge zum Opfer fallen dürfen.
Bis Anfang 2016 rechnen Beobachter damit, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Entscheidung über den Eilantrag von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz gefällt haben wird. Die beiden Organisationen haben nach der Aufhebung der Schutzverordnung den Verwaltungsrechtsexperten Bernd Tremml aus München damit beauftragt, eine Normenkontrollklage in Gang zu setzen.
Der Eilantrag soll verhindern, dass vor dem Ende des Hauptsacheverfahrens durch Holzeinschlag Fakten geschaffen und die Schutzwürdigkeit in Frage gestellt werden. Prozessgegner ist der Freistaat Bayern. Ihm wird vorgeworfen, unter anderem gegen EU-Recht zu FFH-Gebieten verstoßen zu haben und die Aufhebungsverordnung durch eine Verschiebung der Zuständigkeit möglich gemacht zu haben, die aus Sicht der Kläger verfassungsrechtlich nicht haltbar ist.
Gute Chancen für die Kläger?
Tremml, der auf 25-jährige Prozesserfahrung in vergleichbaren Streitfällen im Umwelt- und Planungsrecht zurückblicken kann, geht davon aus, dass BN und LBV gute Chancen haben, die Entscheidung der Staatsregierung bei den auf Naturschutzrecht spezialisierten Richtern des VGH anfechten zu können. Gleichwohl stellt man sich darauf ein, dass das Hauptsacheverfahren, also die Normenkontrollklage zur Aufhebung des geschützten Landschaftsbestandteils, drei Jahre dauern und am Ende beim Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof landen wird. "Das wird ein steiniger und ein aufwändiger Weg durch die Instanzen, aber wir sind darauf vorbereitet", sagt Tremml.
Zwischenzeitlich haben die Bayerischen Staatsforsten auf Empfehlung der Landesanwaltschaft bis zum Ende des Jahres "Hiebsruhe" im ehemaligen Schutzgebiet verkündet. Die Staatsforsten stehen auf dem Standpunkt, dass das Trittsteinkonzept mit naturnahen Waldinseln auf der gesamten Fläche des Forstbetriebs einem flächigem Schutzgebiet gegenüber von Vorteil ist. "Wir wollen im Steigerwald ein internationales Vorzeigeprojekt für integrativen Naturschutz im Wald schaffen", sagte der Vorstandsvorsitzende Martin Neumeyer.
Denzler: Rechtmäßig gehandelt
Günther Denzler (CSU), Bambergs früherer Landrat, lässt sich durch die Vorwürfe der Schutzgebietsgegner nicht verunsichern. Er hat die umstrittene Verordnung zum Hohen Buchenen Wald betrieben, um die Chancen des Steigerwald auf den Titel Weltnaturerbe zu wahren. "Ich bin nach wie vor überzeugt, rechtmäßig gehandelt zu haben",sagt Denzler auf unsere Nachfrage; die Rücknahme der Verordnung hält er dagegen für eine pure Machtdemonstration der Entscheidungsträger.
Wie es aussieht, ist die Normenkontrollklage nicht das einzige juristische Ungemach, das der Staatsregierung nach dem umstrittenen Schleifen des größten fränkischen Waldschutzgebiets droht. So erwägt der Verein Nationalpark Nordsteigerwald, eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgericht gegen das Vorgehen des Freistaats zu erheben. Auch dafür stehen die Erfolgsaussichten nach Expertenmeinung nicht schlecht. Gesetzesänderung und nachfolgende Aufhebung des Schutzgebiets erfüllten, so sagen Verfassungskenner, alle Kriterien eines juristischen Willküraktes.
Das Versprechen, vorerst im Hohen Buchenen Wald keine Bäume einzuschlagen, ist keinesfalls einem Schutzstatus gleichzusetzen. Diesen hat man ja gerade abgeschafft. Das Ziel ist klar: Die Sägen sollen wieder kreischen.
Nur der derzeitige Status quo verhindert, dass Mergners Erntemonster auch hier wüten. Im übrigen Forstbetrieb Ebrach (17000 ha), von denen 11000 ha für einen Nationalpark angedacht sind, agiert er weiterhin hemmungslos. Es ist zu befürchten, dass gerade im Kerngebiet des möglichen Nationalparks die großen Bäume entnommen werden, um ihn seiner Schutzwürdigkeit zu berauben oder um vor der nicht zu verhindernden Unterschutzstellung noch den großen Reibach zu machen.
Wenn die Verbände vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht erfolgreich sind (was bei der Konstellation in Bayern leider zu befürchten ist), dann werden sich Mergners Maschinen im nächsten Jahr auch wieder im Hohen Buchenen Wald austoben.
Die Perversion des Waldnutzerdenkens zeigt sich übrigens in der Argumentation, wir müssten unseren Wald konsequent nutzen (nicht schützen), damit nicht anderswo Primärwälder abgeholzt werden müssten. Die ist eine Ablenkung vom eigentlichen Thema. Der Verbrauch an Holz und Zellulose ist zu groß, und er schädigt unsere Wälder und die Urwälder in fernen Regionen. Beide verdienen Schutz.
... das Ziel der bayerischen Forstreform gewesen, die Bewirtschaftung zu effektivieren. Und den Verantwortlichen war gelungen, die Bevölkerung durch Beschwichtigungen weit genug einzulullen, so daß das gegen die Reform gerichtete Volksbegehren mit 9,9... % (10 % Beteiligung wären erforderlich gewesen) scheiterte.
Es ist wie nahezu immer (siehe die sogenannten Beschleunigungsgesetze der späten 80er und frühen 90er Jahre in Bund und Ländern!): Solange noch Widerstand erfolgreich sein könnte, bekommen viele den Allerwertesten nicht aus dem Fernsehsessel. Wenn dann das Kind in den Brunnen gefallen ist, beginnt das lautstarke Wehklagen.
Damals wurde versprochen, überlange Planungszeiten und damit Investitionshemmnisse abzubauen. Doch nicht die (bekannten!) Ursachen - häufig fehlerhafte bzw. unvollständige Antragsunterlagen der Investoren, Unterbesetzung der für Prüfung und Genehmigung zuständigen Behörden - wurden angegangen. Vielmehr beschnitt man massiv die Einwendungsmöglichkeiten Betroffener, Fristablauf bedeutete Genehmigungsanspruch, Sofortvollzug trotz eingelegter Rechtsmittel wurde zur Regel.
Überdies ist noch immer ein Ministerpräsident, hauptverantwortlich für das Ränkespiel um den Hohen Buchener Wald, mehrheitsfähig, der wenige Jahre zuvor als Bundeslandwirtschaftsminister die deutliche Ausweitung des Waldschutzes versprochen hatte. Das von ihm geführte Bundesland ist in dieser Frage weit abgeschlagenes Schlußlicht. Glaubwürdigkeit geht anders, christliche Verantwortung für die Schöpfung auch.
Staatsforsten immer der eigentlichen Geschäftstätigkeit, dem Holzhandel und der dazu notwendigen Gestaltung der Wälder (irreführend als Waldpflege verbrämt) untergeordnet sein. Deswegen halte ich die BaySF nicht für die richtige Institution, in deren Obhut man einen ökologisch hochwertigen Gegenstand geben sollte.
Adäquate Hüterin wäre im Falle der urwaldnahen Buchenwälder im Nordsteigerwald einschließlich des Hohen Buchenen Waldes natürlich die Nationalparkverwaltung.
Die herausragenden Buchenwälder sind eine ergiebige Quelle ökologischer Regenerationskraft, die dann durchaus in die umliegenden Wirtschaftswälder mit deren Trittsteinen ihren Artenreichtum weitergeben kann! Eine Quelle, die zweifellos erhalten bleiben muss. Infrastruktur und Waldgestaltung für effektive Holzernte nehmen dieser Quelle ihre Lebenskraft.
Es ist absurd, einen Trittstein-Wirtschaftswald mit seinen massiven Störungen durch Lärm und Platznahme von riesigen Ernterobotern mit einem nutzungsfreien Schutzgebiet gleichzusetzen, wenngleich diese Position aus Sicht der BaySF verständlich sein mag.
Ich bin klipp und klar der Ansicht, dass wir in Deutschland unsere geschundenen Wälder noch viel zu sehr unter dem Gesichtspunkt des monetären Nutzens betrachten, statt dem ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen, wenigstens auf 10% der Wälder, Vorrang zu geben. Andere Länder sind uns hier weit voraus! Dieser Rückstand ist eines hochzivilisierten Landes wie Deutschland mit seinen hohen ethischen Ansprüchen unwürdig und beschämend.