Stadt Bamberg will auf Glyphosat verzichten

Das Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat auf den landwirtschaftlichen Flächen der Stadt Bamberg soll kommen - allerdings schrittweise, und noch ist der Beschluss nicht endgültig.
"Wir können nur Empfehlungen an den Finanzsenat aussprechen, der die Verträge verhandelt", stellte der Zweite Bürgermeister Christian Lange (CSU) im Umweltsenat klar. Der Finanzsenat tagt am kommenden Dienstag, 25. September. Da sich die Fraktionen im Umweltsenat einigten, ist eine erneute Zustimmung zum schrittweisen Verbot aber wahrscheinlich.
Kompromiss
Etwa 170 landwirtschaftliche Pachtverträge hat die Stadt, beziehungsweise haben die Stiftungen abgeschlossen - alle mit unbefristeter Laufzeit. Ein Eingriff in die Verträge ist nicht möglich, die Kündigungsfrist beläuft sich auf zwei Jahre.
Als "Kompromiss zwischen Bestands- und Umweltschutz" schlug die CSU-Fraktion um Sprecher Markus Huml folgenden Beschluss vor, der dann auch einstimmig angenommen wurde: Das Immobilienmanagement der Stadt tritt bis Ende 2020 mit den Pächtern in Kontakt, mit dem Ziel, neue Verträge ab 1. Januar 2023 mit dem vollen Verzicht auf die Verwendung von Glyphosat auszuhandeln. Falls die Pächter nicht zustimmen, werden die Verträge fristgerecht gekündigt. Die Frist hat den Hintergrund, dass die EU-Kommission im Dezember 2017 einer Zulassung des Mittels für weitere fünf Jahre zustimmte, also bis Dezember 2022. Den Pächtern soll laut Beschluss aber nahegelegt werden, bereits jetzt freiwillig auf die Verwendung von Glyphosat zu verzichten. Neue Pachtverträge sollen ab sofort eine Klausel enthalten, die den Verzicht auf Glyphosat festlegt.
"Wir hätten es gerne etwas strenger und schneller, aber Politik heißt, Kompromisse einzugehen", erklärte Sebastian Niedermaier die Zustimmung der SPD-Fraktion zum Vorschlag der CSU. Auch für die GAL-Fraktion sollte es schneller gehen: "Mehr als 100 Kommunen in Deutschland haben bereits ein Verbot erwirkt, in Österreich sind es schon über 500", sagte GAL-Umweltsprecherin Gertrud Leumer. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Letzten sind, die Glyphosat verbieten. Das wäre peinlich für die Gärtnerstadt Bamberg."
SPD und GAL hatten den Antrag gestellt, der ursprünglich zwei Varianten vorsah: Den Abschluss einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Landwirte zum sofortigen Verzicht mit Androhung der Vertragskündigung oder die Kündigung der Verträge innerhalb der Zweijahresfristen. Der Antrag wurde bereits Anfang Mai behandelt und in eine zweite Lesung verwiesen.
Städtische Betriebe vezichten
Garten- und Friedhofsamt der Stadt Bamberg sowie die städtischen Entsorgungs- und Baubetriebe verzichten bereits auf die Verwendung von Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln. Auch alle Fremdfirmen, die Arbeiten für die Gartenarbeiten für die Stadt erledigen, verzichten auf die Chemikalie, die unter anderem in Verdacht steht, krebserregend und einer der Gründe für das Insektensterben zu sein.
Imkerin Ilona Munique von der Initiative "Bienen leben in Bamberg" sieht das anders. Sie wohnte der Sitzung des Umweltsenats bei. "Wir begrüßen den Beschluss ausdrücklich", sagte Munique, "denn durch den Glyphosateinsatz fehlen die Habitate und Blüten für Wildbienen. Auch sind Honigbienen und der Verbraucher ebenfalls betroffen, beispielsweise lassen sich Rückstände des Giftes im Honig nachweisen."
"Prima Hopserer"
Zwar hätte die Initiative gerne eine Ergänzung bezüglich weiterer besonders für Insekten riskanter Pflanzengifte, etwa der Neonicotinoide., "aber das wäre wohl zu viel erwartet gewesen. Wir setzen auf die Macht der kleinen Schritte. Und das war doch eindeutig ein prima Hopserer", so Munique.
Das sagt der Bauernverband: "Das Thema hat im Stadtrat nichts verloren!"
erner Nützel, Leiter der Geschäftsstelle Bamberg-Forchheim im Bayerischen Bauernverband, sieht die Entscheidung des Umweltsenats kritisch: "Das Thema hat im Stadtrat nichts verloren!", sagte er auf Nachfrage. "Da ist der Gesetzgeber gefordert, und der hat die Zulassung verlängert. Es ist schade, wenn das Thema auf die Kommunen runtergebrochen und Unsicherheit geschürt wird. Durch den Verzicht auf Glyphosat entstehen den Pächtern höhere Kosten, auch der Dieselverbrauch steigt. Im Gegensatz zu anderen Regionen wird Glyphosat hierzulande nur vor der Saat eingesetzt, um konkurrierende Unkräuter in den Griff zu bekommen. Damit kann auf tiefere Bodenbearbeitung wie Pflügen, von dem man wegkommen wollte, verzichtet werden. Wenn die Politik gleichzeitig die Kleinbauern unterstützen und Glyphosat verbieten will, läuft etwas schief. Wenn Umweltschützer solche Anträge stellen, muss das in den Kommunen behandelt werden. Die Stadträte sind aber meist keine Landwirte und kennen sich nicht so gut mit dem Thema aus. Wenn man sich anschaut, dass der Flugverkehr seit 1970 um 800 Prozent gewachsen ist, wenn man sieht, wie viele Autos durch die Straßen fahren, warum schimpft da keiner? Dem Maler wird auch nicht vorgeschrieben, welche Farbe er verwenden darf."
Weitere Informationen zu Glyphosat
Glyphosat ist eine chemische Verbindung, die als Inhaltsstoff von Pflanzenschutzmitteln verwendet wird. Die Chemikalie wird von der Pflanze aufgenommen und verhindert die Produktion wachstumsrelevanter Proteine. Sie wirkt non-selektiv, dass heißt sie tötet alle anderen Pflanzenarten innerhalb kürzester Zeit.
Das Artensterben wird neben anderen Einflüssen auch auf die Verwendung von Glyphosat zurückgeführt. Vor allem wirkt sich der Stoff negativ auf den Bestand von Insekten und Feldvögeln aus, da durch das Abtöten von Wildkräutern und Gräsern den Tieren die Nahrungsgrundlage entzogen wird. Krebserregend oder nicht? Die Diskussion ist nicht abschließend geklärt. Der Wirkstoff ist durch die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft worden. Zudem ist die Bayer-Tochter Monsanto, die das Patent auf die Chemikalie hat, kürzlich zu 289 Millionen Dollar Schadensersatz an das Krebs-Opfer Dewayne Johnson verklagt worden. Andere Institutionen wie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sehen weniger Risiko. Der Wirkstoff steht auch in Verdacht, das Risiko für diverse andere Krankheiten zu erhöhen, wie etwa Atemwegserkrankungen, Diabetes, Herzinfarkte, Reproduktions- und Entwicklungsstörungen, Schilddrüsenerkrankungen und Parkinson. Auch hierbei ist sich die Forschung nicht einig. Studien, die nicht von einer Gefahr des Mittels ausgehen, sind nicht selten von der "Glyphosate Task Force" finanziert worden, ein von Monsanto geleiteter Zusammenschluss mehrerer Pflanzenschutzmittel-Unternehmen.