Werden Sie denn in der Öffentlichkeit erkannt?
Das passiert immer öfter. Wenn ich mit meiner Verlobten beim Abendessen bin, werden wir oft angesprochen. Die Leute kommen einfach, klopfen mir auf die Schulter oder wollen ein Selfie. Es ist alles sehr freundlich und locker. Der Fußball hat in der Stadt eine pure Begeisterung ausgelöst.
Im Team zählen Sie zu den absoluten Leistungsträgern. Bis auf ein Spiel haben Sie jede Partie bestritten, vier Tore erzielt, zwölf Treffer vorbereitet. Nur eine feste Position scheinen Sie nicht zu haben ...
Ich habe in Atlanta schon auf fünf oder sechs Positionen gespielt, oft im zentralen Mittelfeld oder als Rechtsverteidiger in der Viererkette - wie zu Bamberger Zeiten. Das war vermutlich auch der Anfang meiner Flexibilität. In dieser Saison sind wir häufig in einem 3-5-2 aufgelaufen. Mein Platz war meist auf der rechten Seite, Verteidigung, Mittelfeld oder als Rechtsaußen. Im Grunde ist es mir egal, wo ich spiele. Die Hauptsache ist, dass ich spiele. Am meisten Einfluss auf das Spiel habe ich von der rechten Seite, da fühle ich mich am wohlsten, egal ob defensiv oder offensiv ausgerichtet.
Während sich Atlanta im Eastern-Conference-Finale gegen New York Red Bull behauptete, setzten sich die Portland Timbers im Westen gegen Sporting Kansas City durch. Ein Wunschgegner?
Es ist immer schwer zu beurteilen, da man gegen die Mannschaften aus dem Westen während der Saison nicht so oft spielt und sie daher auch weniger verfolgt. Portland hatte am Anfang des Jahres einige Probleme, sie haben zwischen den Systemen gewechselt, sich dann in die Playoffs gekämpft und dort eine überragende Form gezeigt. Sie verteidigen sehr gut und kontern stark. Ich denke nicht, dass sie gegen uns von dieser Spielweise abrücken, es hat zuletzt ja gut geklappt. Für uns wird es eine schwierige Partie. Wir müssen das Spiel machen, Tore schießen, aber aufpassen, dass wir uns keine Konter einfangen.
Sie haben auf dem Feld schon die Wege mit vielen Altstars aus Europa gekreuzt. Schwingt da noch etwas Ehrfurcht mit?
Am Anfang war es natürlich etwas Besonderes, das erste Mal neben einem Bastian Schweinsteiger einzulaufen, der einen dann auch noch mit Namen anspricht. Oder neben Zlatan Ibrahimovic auf dem Platz zu stehen. Das ist schon sehr cool. Die Aufgeregtheit ist inzwischen aber verschwunden, auf dem Platz will man sie ja besiegen.
Ihr Vertrag endet am 31. Dezember, Atlanta hat aber eine Verlängerungsoption für eine weitere Saison. Wie geht es weiter?
Der Verein ist bereits auf mich zugekommen und hat gesagt, dass er die Option gerne ziehen würde. Zieht der Verein die Option, wäre ein Wechsel nur gegen eine Ablöse möglich. Konkret ist aber noch nichts. Deutschland ist auf jeden Fall ein Thema, ich bin offen für Gespräche, um wieder nach Europa zu gehen. Das war aber keine Sache, die mich in den vergangenen Wochen beschäftigt hat, weil die Meisterschaft im Vordergrund steht. All das wird sich nach diesem Samstag klären. Ich weiß, dass ein paar Vereine aus Europa mich beobachten. Wie konkret das Interesse aber tatsächlich ist, weiß ich selbst nicht.
Klingt so, als wäre die Bundesliga durchaus ein Thema ...
Ja, mit Sicherheit. Auf der einen Seite gefällt es mir super in Atlanta, Fans und Stadt sind großartig. Ich wäre nicht enttäuscht, noch Jahre hier zu bleiben. Andererseits ist es auch der sportliche Ansporn, der mich antreibt. Ich bin zudem lange von meiner Familie getrennt, es wäre eine Riesensache, irgendwann wieder in Deutschland aufzulaufen und meine Familie vor Ort auf der Tribüne zu sehen.
Oft sehen Sie ihre Liebsten in der Heimat wohl nicht?
Der letzte Heimatbesuch war über Weihnachten vergangenes Jahr. Heuer werde ich wohl gar nicht nach Franken kommen, der Grund ist aber ein freudiger: Ich heirate am Jahresende meine Verlobte, mit der ich seit fünf Jahren liiert bin. Ich habe sie gleich am Anfang meiner USA-Zeit auf der Universität kennengelernt. Die ganze Familie kommt dann nach Atlanta.
Ist Atlanta Heimat für Sie?
Das ist schwer zu sagen. Als Heimat empfinde ich beides, Franken und Atlanta. Ich fühle mich hier in den Staaten sehr wohl, es ist ein anderes Leben. Wenn ich aber vom Nachhausekommen rede, dann ist das für mich Neustadt und die Umgebung.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Tobias Schneider.