Ein Sieg bei den als Abstiegskandidat gehandelten Gießenern ist für das Brose-Team am Sonntagabend Pflicht.
Als Duell der Altmeister bezeichnen die Gießener auf ihrer Homepage das Bundesliga-Spiel am Sonntag (20.30 Uhr, live bei Magentasport) in der Sporthalle-Ost. Die Mittelhessen feierten allerdings ihren letzten von fünf deutschen Meistertiteln als MTV 1846 Gießen im Jahr 1978.
Die letzte Meisterschaft der Bamberger liegt drei Jahre zurück. Von Titeln dürfen die Fans beider Teams derzeit aber nur träumen. Während Gießen zurzeit als ein Klub eingeschätzt wird, der gegen den Abstieg kämpft, will man in Bamberg unter den besten vier der Liga landen. Allerdings hinkt das Team von Trainer Johan Roijakkers den selbst gesetzten Zielen hinterher. Bisher steht nur der Heimsieg über Aufsteiger Chemnitz auf der Habenseite; dem gegenüber die beiden Auswärtsniederlagen gegen Hamburg und Crailsheim. Am Sonntag soll der erste Bundesliga-Saisonerfolg auf fremdem Parkett gelingen.
Gießener erst mit einem Bundesligaspiel
Gießen hat erst ein Bundesligamatch (81:106 gegen Ulm) bestritten, daneben setzte es drei Pokalpleiten. Wie für Bamberg wurde die für vergangenen Donnerstag geplante Partie verlegt, so dass die Mittelhessen ebenfalls seit zwei Wochen keine Wettkampfpraxis hatten. Danach kommt es für 46ers-Coach Ingo Freyer und sein Team knüppeldick. Zehn Partien stehen bis zum 2. Januar auf dem Programm, eine mehr als die zudem in der Champions League aktiven Oberfranken. "Es bleibt spannend, wie wir damit umgehen", meinte Freyer, der nach der Trennung von Centerkoloss John Bryant in dieser Saison wieder seinen gefürchteten schnellen und unorthodoxen Basketball spielen lassen kann.
Gießen runderneuert
Vom Vorjahresteam sind lediglich Routinier Brandon Thomas (36) sowie das deutsche Nachwuchstrio Alen Pjanic (23), Tim Uhlemann (21) und Bjarne Kraushaar (21) übrig. Aufbauspieler Kraushaar, dessen Name Anfang November im 18er Kader von Bundestrainer Henrik Rödl auftauchte, kommt erst aus einer Verletzungspause (Bänderriss) zurück. Verletzt war auch Point Guard Jonathan Stark, der mit vier weiteren neu dazugekommenen US-Amerikanern sowie Ferdinand Zylka (vom MBC) und Johannes Richter (Würzburg) den 46ers Kader komplettiert.
Zylka, der zusammen mit Bambergs Bennet Hundt 2018 EM-Bronze mit der U20-Nationalmannschaft gewonnen hat, sagt: "Mit Bamberg kommt ein starker Gegner auf uns zu. Die Spielvorbereitung läuft sehr intensiv, wobei der Fokus auf uns liegt. Dabei müssen wir zusehen, dass wir unsere Sachen gut umsetzen, weniger Turnovers als im letzten Spiel machen, und dann schauen wir, was passiert." Eine Aussage, die Hundt und dessen Kollegen genauso für ihre Mannschaft treffen könnten.
Kurze Vorbereitung mit dem Team
Der Neu-Bamberger hatte weniger Vorbereitungszeit auf sein Duell. Er spielte mit Christian Sengfelder, Dominic Lockhart und Kenneth Ogbe für die deutsche Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation. Niederlagen gegen Montenegro und Frankreich standen am Ende zu Buche. Nach der Rückreise aus Pau wurde das Quartett auf das Coronavirus getestet - mit negativem Ergebnis - und konnte erst am Mittwoch wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Am Mittwochabend durfte auch Michele Vitali wieder unter Roijakkers trainieren. Für Italien lief er nur einmal auf. Die Partie gegen Nordmazedonien fiel aus. Im Team vom Balkan gab es positive Corona-Tests. Am Montag trug Vitali in seiner 16-minütigen Einsatzzeit zwei Punkte (2 Rebounds, 1 Ballgewinn) zum 70:66-Sieg über Russland bei. Dienstagvormittag kam er wieder in Bamberg an.
Roijakkers: Testspiel war wichtig
Das alles macht die Vorbereitung für Coach Roijakkers nicht einfach. "Wir haben mit den verbliebenen Leuten das Beste aus der Situation gemacht. Das Testspiel gegen Frankfurt war wichtig, da wir wenigstens einmal fünf gegen fünf spielen konnten", sagt der Niederländer. Ob ihm am Sonntag sein etatmäßiger Starting-Point-Guard Tyler Larson zur Verfügung steht, ließ man beim Klub auf Nachfrage offen. Zuletzt war gemeldet worden, dass der 29-jährige Amerikaner wegen einer Achillessehnenverletzung auf unbestimmte Zeit ausfalle. Vielleicht pokert Roijakkers ja auch, und Larson läuft am Sonntag überraschend doch auf.
In den 14 Tagen seit der bitteren 95:101-Niederlage in Crailsheim Struktur ins Brose-Spiel zu bringen, war schwierig. Gegen die 46ers, die bei ihren vier Niederlagen im Schnitt über 100 Punkte kassierten (Bamberg in acht Spielen 78,8), sollten die Franken Selbstvertrauen tanken - und gewinnen. Bei einer weiteren Auswärtsniederlage am Nikolausabend droht Roijakkers kein Lob vom heiligen Mann, sondern eher Ungemach vom Krampus.