Erstmals werden wegen der Wahlbrief-Affäre Rücktrittsforderungen laut. Die CSU fürchtet, dass die Migranten-Briefe das Wahlergebnis verändert haben könnten.
Es ist eine Frage, die spät auftaucht im politischen Bamberg, aber sie hat immer noch Wucht: Wurden die Stadtratswahlen und die OB-Wahlen im März 2020 in irgendeiner Weise durch den umstrittenen Wahlbrief der SPD beeinflusst? Kam es am Ende durch das Datenleck im Rathaus und die mögliche Verletzung der Neutralitätspflicht zweier Amtsträger zu Stimmenverschiebungen, die eine erfolgreiche Wahlanfechtung wahrscheinlich gemacht hätten? Für Wolfgang Heim, den kommissarischen Kreisvorsitzenden der Bamberger CSU, ist dies nicht nur eine vage Spekulation. Er fürchtet, dass die SPD "ungerechterweise" einen Sitz mehr im Stadtrat erhalten hat.
Glaubt man Heim, muss dieser Verdacht dringend aufgeklärt werden. Der CSU-Vertreter setzt deshalb auf die Hauptverhandlung gegen Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) beim Amtsgericht Bamberg. Was Heim zudem dringend vermisst, ist eine Stellungnahme der Dienstaufsichtsbehörde, also der Regierung von Oberfranken.
Zumindest was das Ergebnis der Wahl angeht, kommt die CSU-Attacke neun Monate zu spät. Wie ein Blick in das Wahlgesetz zeigt, hätte eine Anfechtung der Wahl innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe des Ergebnisses erfolgen müssen. Jeder Wahlberechtigte und jeder Kandidat hat innerhalb dieser Frist das Recht das Ergebnis einer Wahl anzufechten. Dies ist bei der Wahl vom März 2020 nicht geschehen "Die Regierung würde in einem solchen Fall prüfen, in welchem Maße die Wahlbeeinflussung das Ergebnis und die Verteilung der Mandate tatsächlich hätte verändern können", sagt der grüne Kommunalexperte Peter Gack. Für ihn wäre das eine doppelte Abwägungsfrage, denn natürlich sei es anders zu bewerten, wenn es um 300 oder nur um drei zusätzliche Stimmen für die SPD ginge. Außerdem würde es eine Rolle bei der Entscheidung spielen, was durch eine Neuwahl an Folgen auf die Stadt zukäme.
Dass fristgerechte Wahlanfechtungen durchaus Erfolg haben können, zeigt eine Vielzahl von Fällen in Deutschland, in denen die Gerichte eine Kommunalwahl für ungültig erklärt haben, weil aus ihrer Sicht eine unzulässige Beeinflussung der Wahl durch "amtliche Mittel" stattgefunden hatte. Grundsätzlich hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil 1997 festgestellt, dass Wahlempfehlungen in amtlicher Eigenschaft problematisch sind. Der Amtsinhaber müsse dafür Sorge tragen, dass private und amtliche Äußerungen hinreichend unterscheidbar seien.
War dies beim SPD-Wahlbrief gegeben, wie OB Andreas Starke und Mitunterzeichner Marco Depietri mehrfach betont haben? Dort war am Seitenfuß zwar das SPD-Logo zu sehen. Doch im Text des umstrittenen Briefs hatten Starke (SPD) und Migrantenbeirat Marco Depietri bereits im ersten Satz auf ihre Ämter verwiesen. Zudem haben sie die fragwürdige Wahlwerbung auch mit ihrer Funktion unterzeichnet.
CSU-Kreisvorsitzender Heim greift nicht nur den OB an, sondern wirft auch Mitunterzeichner Depietri mangelndes Unrechtsbewusstsein und fehlende moralische Grundhaltung vor. Eine öffentliche Entschuldigung von Depietri sei überfällig, meint Heim und verlangt Aufklärung über die Hintergründe der Wahlbrief-Affäre. Zum Beispiel müsse sicher gestellt sein, dass die "widerrechtlich weitergegebenen Daten" nach der Nutzung durch die SPD nicht noch in falsche Hände gelangt seien.
Ende des Kuschelkurses?
Wie sehr die Krise im Zusammenhang mit Bonus- und Wahrbriefaffäre die politische Landschaft in Bamberg umkrempeln, zeigt eine Kampfansage von Bambergs unabhängigen Bürgern (BuB): "Zwar tragen auch wir die Unschuldsvermutung mit, dennoch haben die Erkenntnisse der letzten Wochen und die Informationspolitik des OB zuletzt im Ältestenrat die Überzeugung reifen lassen, dass auch die BuB künftig eine Oppositionspartei sein werden", sagte Daniela Reinfelder. Die Frau, die vor einem Jahr noch Teil der damaligen Kooperationsgemeinschaft von CSU und SPD im Rathaus war, hat wenig Verständnis für die Wahlbriefe, denen nach ihrer Kenntnis wenige Tage zuvor ebenfalls von Depietri und OB Starke unterzeichnete neutrale Wahlbriefe an alle Migranten vorausgegangen waren. "Diese Art des Wahlkampfs ist ein absolutes No-Go", sagt sie. Was es heißt, dass neben der CSU nun auch die BuB zur Opposition im Rathaus zählen, zeigt sich darin, dass Reinfelder als erste Politikerin mit Rücktrittsforderungen aufhorchen lässt. "Die Personalie Depietri muss im Migranten- und Integrationsbeirat kritisch diskutiert werden. Es wäre bedauerlich, wenn der Beirat seine politische Unabhängigkeit verliert."
Unberührt von der Frist für Wahlanfechtungen können Vorwurfe wegen einer Neutralitätspflichtverletzung des OB vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth geklärt werden. Dies sei abhängig von der Frage, inwieweit Rechte verletzt worden seien und ob relevantes rechtliches Interesse bestehe, erklärte Philipp Hetzel, Sprecher des Gerichts. Bisher ist kein Antrag auf eine so genannte Feststellungsklage eingereicht worden.
Kommentar des Autors:
Die Regierung regiert nicht
Hatten wir nicht einmal eine Aufsichtsbehörde? Oder wäre Nachsichtsbehörde die treffendere Bezeichnung?
Zumindest in Sachen Überstunden- und Datenleck-Affäre sind von der Regierung bisher wenig Lebenszeichen zu vernehmen.
Doch wenn man weiß, dass es die Regierung von Oberfranken ist, die letztinstanzlich über das Tauziehen zwischen Kommunalem Prüfungsverband und Stadt entscheidet, drängt sich die Frage auf, warum nicht bereits nach 2013 eingegriffen wurde, als der erste Warnschuss erfolgt ist und bevor die angeprangerte Praxis Schule machte.
Auch bei der unerlaubten Herausgabe von Tausenden von Datensätzen und der zumindest in Frage stehenden Verletzung der Neutralitätspflicht zweier Amtsträger wäre eine aktivere Rolle vorstellbar, zumal ähnliche Briefe bereits 2014 schon einmal verschickt worden sein sollen.
Im Februar 2020 hat ein Stadtrat dieses Vorgehen erneut angeprangert, doch die Regierung hat nicht einmal reagiert, und das Wahlergebnis wurde durchgewunken.
Die Frage, die sich stellt: Wer hat eigentlich die Aufsicht über die Aufsichtsbehörde?
Der OB ist ... schon sehr pelzig, oder .. mir fallen noch ganz endere volksmundartige Adjektive ein.
FELIX Bamberg,
Da hocken ein Traube an Juristen und anderen Verdächtigen im Stadtrat und in den Parteien rum und lassen sich am Nasenring durch die Arena ziehen. Informationen werden werden nur im engsten Kreis geteilt, soll ja geheim bleiben ( Herrschaftswissen ). Die "Regierung" ist, wenn es darauf ankommt auch nur ein zahnloser Tiger. Deren Vertreter arbeiten sich völlig an den Bockbieranstichen und sonstigen Schauveranstaltungen ab. Hier hat die Aufsicht versagt. Gleiches gilt für das Bonusdesaster.
Irgendwie hat man das Gefühl, das es sich hier nur um einen inszenierten Schaukampf für das gemeine Fußvolk handelt. Man geht wohl davon aus, das der Mehrzahl der Bürger das Denken absolut sehr schwer fällt. Alles was undurchsichtig und verwirrend ist, führt dazu, dass dann schnell das Interesse schwindet. Ein Sturm im Wasserglas - zur richtigen Zeit einen Tropfen Öl zugeben und schon sind die Wogen wieder geglättet. So hätte man das gerne. Wer sich eigene Gedanken zu einem Thema macht, gilt ja heutzutage sofort als Querdenker und Querulant. Wer will das schon sein? In einer Demokratie sind nur Schafe gefragt, die zu allem määähhhh sagen. So werden unschöne Wahrheiten möglichst intern unter den Tisch gekehrt und der Mantel des Schweigens darüber gedeckt. Für die Zukunft ist so also Tür und Tor für die nächsten Manipulationen und Kavaliersdelikte geöffnet. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert! Das Ganze muss rigoros geklärt und bereinigt werden. Steuergelder sind nicht das frei verfügbare Spielzeug der gewählten Volksvertreter. Das ist ein Vertrauensbruch ersten Ranges und muss geahndet werden. Wehret den Anfängen, wohin soll das sonst noch führen. Armes Bamberg - über diese Schmierenkomödie amüsiert sich doch schon ganz Franken. Was kann man in dieser Beziehung dem Stadtrat eigentlich noch zutrauen? Können die sich nicht wenigstens einmal in dieser Sache einigen? Fressen die wirklich alle nur noch vorgekaute Brocken. Wo sind euere Zähne? Es wäre an der Zeit endlich zu erkennen, dass man an einem Strang ziehen muss. Das ist man als gewählte Bürgervertretung den eigenen Bürgern schuldig! Die zaghafte und zauderhafte Schönrederei muss ein Ende haben, sonst geht die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen für immer verloren.
Zurücktreten
Nun würden alle, die auch nur irgendwie in dieser sache etwas zu verantworten haben und beteiligt sind, zurück treten, würde zwar der zu tage getretene morast etwas weniger sein, nur es wäre auch fast keiner mehr da. Genau hier liegt unser problem.