Kathinka Neff erntet in ihrem eigenen Garten neben Gemüse auch Müslizutaten und exotische Früchte.
Die Morgensonne bahnt sich ihren Weg durch die neblig-feuchte Oktoberluft. Dort, wo sie durchkommt, ist ihre Wärme noch gut zu spüren. "Die Trockenmauer speichert die Wärme, so dass hier vor allem wärmeliebende Pflanzen wunderbar wachsen können", erklärt Kathinka Neff, während sie durch ihren Garten läuft.
Die 56-Jährige hat den knapp 2000 Quadratmeter großen Garten nach den Regeln der sogenannten Permakultur angelegt. Die Permakultur ist ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, den Kreislauf der Natur nachzuahmen und sinnvoll für den Anbau von Pflanzen zu nutzen. Ein Konzept, das sich auch im kleinen Garten oder auf dem Balkon in Teilen umsetzen lässt.
Jede Pflanze hat einen festen Platz
Das beginnt schon beim Kauf der Samen. Die 56-Jährige kauft ausschließlich samenfeste Sorten, die sich vermehren lassen. "Die meisten Samen, die man im Supermarkt kaufen kann, sind sogenannte F1-Hybride, also Züchtungen, die sich schlecht oder gar nicht vermehren lassen." In ihrem Garten wachsen: Kartoffeln in einem Kartoffelturm, Radieschen, Salate, Zucchini, Haferwurz, Feigen, Amarant, Topinambur, Rosenkohl, Süßkartoffel, Engelwurz, Physalis, Pfirsich, Granatapfel, Maronen - die Liste ist schier endlos. Und jede Pflanze hat ihren Platz aus einem bestimmten Grund.
Neff beäugt den Granatapfelbaum. "Der fühlt sich hier sehr wohl, denn er hat es hier schön warm", erklärt Neff und deutet auf den Naturbadeteich in ihrem Garten. "Die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser und strahlt die Trockenmauer an. In der Mauer speichert sich die Wärme zusätzlich und der Granatapfelbaum kann hier sogar überwintern."
Nicht jeder kann nun in seinem Garten einen Naturbadesee anlegen. Aber. "Auch ein kleiner Teich und eine kleine Steinwand können diesen Effekt auslösen", erklärt Neff, die in ihrem Garten auch Führungen zum Thema Permakultur anbietet (mehr dazu unter www.inkas-garten.de).
Gerade Steine seien tolle Helfer, erklärt sie. "Ein großer Stein auf der Erde kann eine dahinter wachsende Pflanze vor der Morgensonne im Winter schützen." Denn, so erläutert Neff weiter, die in der Winternacht ausgekühlten Wurzeln der Pflanzen sollen sich langsam erwärmen und nicht von der Morgensonne zu plötzlich auftauen. "Der Stein schützt die Wurzel vor der Sonne und speichert auf der anderen Seite etwas mehr Wärme für die Nacht."
Kathinka Neff geht weiter, vorbei an Skulpturen aus alten Toastern oder Metallrohren. "Wir versuchen, alles wiederzuverwenden, so wenig wie möglich wegzuschmeißen", erklärt Neff. "Das ist auch bei der Gartenarbeit so. Denn in der Permakultur gibt es keine Abfälle. Es gibt nur Ressourcen, die an Ort und Stelle wieder im Kreislauf der Natur Verwendung finden." Sie bleibt vor den Tomaten stehen und packt eine ordentliche Ladung Rasenschnitt auf die Erde um den Stamm der Tomate herum. "Die Erde im Nutzgarten sollte nie nackt sein", sagt Neff. Wer mulcht, müsse seine Tomaten auch nicht vor Regen schützen. "Das Mulchmaterial schützt die Tomaten in der Erde, dort, wo der Pilz, der die Pflanze krank macht, sich festsetzen könnte."
Mulchen sei daher das A und O. Blätter, Rasenschnitt, Reisig, Pflanzen oder auch Schafwolle würden sich dafür prima eignen. Die 56-Jährige zupft ein paar welke Blätter von einer Pflanze ab und wirft sie scheinbar achtlos auf den Boden. "Das ist das Schöne: Permakultur ist was für faule Gärtner", sagt sie und lacht. Sogar Unkraut sei gutes Mulchmaterial. "Den Weg zur Kompostierungsanlage kann man sich sparen", sagt Neff. Mulchmaterial gehöre in den Nutzgarten und um Bäume herum. "Mulch hat immer die richtige Temperatur. Es wärmt im Winter, es kühlt im Sommer und es speichert Wasser und ."
Dieses Prinzip der kurzen Wege könnte, so wünscht es sich Neff, nicht nur im Privatgarten, sondern auch auf gemeindlichen Flächen Verwendung finden, indem man das anfallende Schnittgut nutzbringend um die Bäume herum verteilt. "Die Vorteile einer solchen Isolierschicht liegen auf der Hand: Ein erhöhtes Bodenleben und die Bildung von Humus sorgen für ein gesundes Wachstum. Die jetzt schon leidenden Bäume danken es uns", sagt Neff.
Nachhaltigkeit ist der Kern der Permakultur. Artenvielfalt, das Auffangen von Regenwasser zum Bewässern des Gartens und kurze Wege lassen sich auch in kleinen Gärten leicht umsetzen. So dass beispielsweise der Amarant fürs Müsli wie bei Kathinka Neff aus dem eigenen Garten geholt und in die Müslischale gestreut werden kann.