Müssen die Kinder noch mehr betreut werden, weil es immer mehr Verhaltensauffälligkeiten gibt? Oder ist es umgekehrt: Weil es immer weniger intakte Familien und immer mehr Betreuung gibt, wächst die Zahl der Problemkinder?
Die Thematik ist so komplex, dass es keine einfache Antwort auf diese Fragen gibt. Tatsache ist: In fast jeder Schule gibt es inzwischen Sozialarbeiter. Das Kultusministerium betont, dass der staatlich geförderte Ausbau der Schulsozialarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Bildungspolitik ist, weil die Lehrer sich auf die Wissensvermittlung konzentrieren könnten, wenn sich Spezialisten um das Zwischenmenschliche kümmern.
"Das Förderprogramm ,Jugendsozialarbeit an Schulen' hat sich als erfolgreiches Instrument bewährt, um junge Menschen im sozialen, schulischen und beruflichen Bereich zu fördern", sagt ein Sprecher von Kultusminister Spaenle (CSU).
Ersatzfamilie? Die Praktiker jubeln weniger: Schulsozialarbeit ist nicht zuletzt auch deshalb notwendig geworden, weil Familienstrukturen zerbrechen. "Die Schule und die Schulsozialarbeit sollen ersetzen, was in vielen Familien verloren gegangen ist", sagt ein Sozialarbeiter in Oberfranken, der wie seine Kollegin in Unterfranken nicht namentlich zitiert werden will. Umgekehrt seien viele Kinder im "Schutzraum" Schule oder Betreuung besser aufgehoben als in konfliktbeladenen Familien.
"Wenn in den eigenen vier Wänden die Grundbegriffe des sozialen Miteinanders nicht mehr vermittelt werden, können wir doch in der Schule allenfalls noch Schadensbegrenzung betreiben", sagt sie. "Eine unbeschwerte Jugend kennen viele Kinder gar nicht mehr", fügt sie an - ohne Schuldzuweisung.
Immer mehr Eltern seien aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, den schwierigen Spagat zwischen Beruf und Familie zu versuchen. "Viele scheitern, weil am Ende für alles die Zeit zu knapp ist: für den Beruf, für die Beziehung, für die Kinder, vor allem auch für sich selbst", sagt die Sozialpädagogin. Leidtragende sind meist die Kinder.
Der Griff zur Pille Ein Kinderpsychologe, der anonym bleiben will, spinnt den Gedanken zu Ende und betreibt in heftiger Weise Kollegenschelte: "Viel zu oft bekommen Kinder, sobald sie auffällig werden, gleich Medikamente. So behandelt man nur Symptome, nicht Ursachen. Ich kenne mehr hyperaktive Eltern als Kinder."
Vollzeitjob SchuleZeit Kinder und Jugendliche wenden genauso viel Zeit für die Schule auf wie Erwachsene für einen Vollzeitjob mit 38,5 Stunden. Das ist das Ergebnis einer nicht repräsentativen Online-Umfrage von Unicef und dem Deutschen Kinderhilfswerk unter 2000 Mädchen und Buben, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. In den Klassen 9 bis 13 steige die Beanspruchung auf bis zu 45 Wochenstunden.
Ergebnisse Durchschnittlich 18 Stunden pro Woche verbringen die Kinder nach den Ergebnissen der Umfrage mit der Familie. An dritter Stelle steht Freizeit - mit 15 Stunden, gefolgt von Computer und TV (14 Stunden).
Schülerzahlen In Bayern besuchen 2012/13 rund 1,72 Millionen Kinder und Jugendliche die Schulen (Vorjahr: 1,74 Millionen). Die laut Kultusministerium 107 100 Schulanfänger, Folge des Geburtenrückgangs, bedeuten einen Rückgang zum Vorjahr: 2011/12 waren es 107 760.
Schulen Die Buben und Mädchen verteilen sich laut Kultusministerium in Bayern so auf die einzelnen Schulsparten: Grundschule 645 400, Förderschule 55 100, Realschule 242 600, Gymnasium 355 500, Berufsschule 263 800, Fachoberschule 41 100, Berufsoberschule 14 800, Wirtschaftsschule 23 400 Schüler.
Immer mehr Eltern, die gut ausgebildet sind, streben eine gleichberechtigte Partnerschaft an. Ein Hauptverdiener ist in zahlreichen Ehen schon längst nicht mehr angesagt. Und es gibt tatsächlich Leute, denen Windeln wechseln und Gespräche über babynahrung zu wenig ist. Die haben einfach Lust, wieder zu arbeiten, weil es Spaß macht.