Rückkehr dank des "Kehrmoggls"

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Richard Landvogt (links) führt Bürgermeister Markus Zirkel vor, was der "Kehrmoggl" so alles kann. Foto: Matthias Hoch
Richard Landvogt (links)  führt Bürgermeister Markus Zirkel vor, was der "Kehrmoggl" so   alles kann. Foto: Matthias Hoch

Statt Hartz IV oder Rente zu beziehen ist Richard Landvogt nach seinem schweren Unfall wieder im Bauhof der Stadt Hallstadt tätig, auf der neuen Kehrmaschine. Die macht Hallstadt unabhängiger, flexibler und leistungsfähiger.

Er plustert sich akustisch richtig auf, röhrt und bläst und vor allem kehrt, der Hako Citymaster 2000 spektakulär. Am Lenkrad sitzt Richard Landvogt konzentriert und mit zufriedener Miene. Er klärt seinen obersten Dienstherrn, Hallstadts Bürgermeister Markus Zirkel (SPD) über die Besonderheiten seines neuen Arbeitsplatzes auf. Irgendwie mit dem Stolz dessen, der eine Maschine zu beherrschen weiß. Hoch zufrieden. Denn es hätte für den 53-Jährigen weiß Gott ganz anders kommen können. "Im Juni wäre ich Hartz IV geworden", stellt Landvogt bitter fest. Doch der Citymaster brachte im wahrsten Sinn die Rettung. Möglich, weil sich Bürgermeister, Personalrat und Bauhof intensiv um eine Lösung für den tüchtigen und langjährigen Bauhofmitarbeiter bemühten und dabei vom Integrationsamt (beim Zentrum Bayern und Soziales, kurz ZBFS) maßgeblich unterstützt wurden.

Doch der Reihe nach. Vor dreieinhalb Jahren ging Landvogt zuhause die Wendeltreppe hoch, knickte dabei um, verlor das Gleichgewicht und stürzte so unglücklich, dass er sich am linken Bein das Sprunggelenk brach. Ein offener Bruch. Landvogt wurde operiert, bekam eine Infektion. Dann die Entscheidung: den Fuß amputieren, oder das Gelenk versteifen. Der Bauhofmitarbeiter entschied sich für den Erhalt des Fußes. Es folgten Reha und weitere medizinische Behandlungen. Nach einem Jahr steuerte ihn die Krankenkasse aus, sein Arbeitsvertrag ruhte und wie gesagt im Juni wäre er Hartz IV-Empfänger geworden.

Doch Bürgermeister, Bauhofleitung, Personalrat und Behindertenbeauftragter schätzen den vielseitigen Kollegen, dessen breites Wissen um Maschinen und sannen auf Abhilfe. Wie stellvertretender Bauhofleiter Jürgen Eichhorn deutlich macht, kennt sich Landvogt hervorragend an Maschinen und Geräten aus. Große Laster kann er jetzt freilich nicht mehr fahren und wegen des Fußes nur auf ebenem Boden unterwegs sein. Schicksalshaft und fast ein Glücksfall war dann die Vertragsaufkündigung desjenigen Dienstleisters, der auf dem Gebiet der Stadt kehrte. Wie Zirkel sagt, musste man davon ausgehen, dass ein neuer Vertrag mit für die Stadt Hallstadt schlechteren Bedingungen verbunden sein würde... Aus seiner Zeit bei Schaeffler wusste er aber um die Kooperations- und Hilfsbereitschaft des Integrationsamtes. Er empfahl dem Personalratsvorsitzenden und Integrationsbeauftragten Leo Porzelt, das Gespräch zu suchen. Was dieser auch tat.

Bereits hier zeichneten sich Lösungsmöglichkeiten ab. Porzelt fuhr dann mit dem versierten Bauhof-Techniker Eichhorn zu einem zweiten Gespräch nach Bayreuth. Mit dem Erfolg, dass eine finanzielle Fördermöglichkeit in Aussicht gestellt wurde. Ein Lichtstreif am Horizont auch für Landvogt. Und die Stadt Hallstadt würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Landvogt, der sich 27 Jahre im Bauhof bewährt hatte, könnte wieder beschäftigt, die Stadt in Sachen Kehren unabhängig und flexibler werden. Eichhorn machte sich schlau, welche Kehrmaschinen sich eignen und von Landvogt gesteuert werden könnten. Landvogt kam zu den Vorführungen, holte sich Insider-Tipps bei den Kehr-Spezialisten der Stadt Bamberg und fuhr auch das Testfahrzeug. Allerdings war an dem betagten Teil nach kurzer Zeit immer etliches zu reparieren.

Testphasen


In den Testphasen ermittelten Landvogt und Eichhorn gemeinsam, wie ein Kehrfahrzeug für die Bedürfnisse der Stadt und Landvogts am besten ausgerüstet sein müsste. Nach Rücksprache mit Integrationsamt und Stadtrat wurde der Citymaster geordert. 130 000 Euro kostet das Kehrfahrzeug. Dazu gibt das Integrationsamt einen stattlichen Betrag. Das Fahrzeug hat sich jedoch nach etwa vier Jahren bezahlt gemacht, denn fürs Auftragskehren hat die Stadt jährlich weit über 30 000 Euro berappt, so der Bürgermeister. Von den gut 100 Straßenkilometern im Gebiet der Stadt (also mit Dörfleins und dem Gewerbegebiet am Hafen) konnte der bisherige Dienstleister allerdings nur etwa 70 Kilometer kehren, "weil hier ein großes Fahrzeug eingesetzt wurde", so Eichhorn. Enge Passagen wurden demnach ausgespart. Gekehrt wurde zudem streng nach Plan. Mit dem Citymaster und Landvogt können Stadt und Bauhof jetzt jedenfalls wesentlich flexibler reagieren. Täglich ist Landvogt derzeit mit dem "Kehrmoggl", wie er das Fahrzeug "getauft" hat unterwegs. Einerseits, um endlich dort zu kehren, wo das bislang nicht möglich war andererseits um eine möglichst effektiven Kehrplan zu entwickeln.

Bereits an der Kilianskirchweih hat der Kehrmoggl für spürbare Verbesserungen gesorgt, denn zuvor musste der Bauhof bei so einem Fest immer per Hand kehren."Von den Hallstadtern hat es da viel Lob gegeben", freut sich der Bürgermeister. Die Kehrmaschine wird in erster Linie von Landvogt bedient. Freilich wurden drei weitere Bauhofmitarbeiter in die Handhabung eingewiesen, für den Urlaubsfall. Sicherlich über zehn, zwölf Jahre wird man den Citymaster nutzen können, schätzt Jürgen Eichhorn. So lange möchte auch Landvogt im Bauhof tätig sein, verrät er. Zumal bei der Arbeit mit dem "Kehrmoggl" die Zeit wie im Flug vergehe. "Man muss sich konzentrieren."

Zwei Kubik Kehrgut kann das Fahrzeug aufnehmen, dann muss der Behälter entleert werden, das ist zwei Mal pro Arbeitstag. Sieben Stunden kehrt Landvogt, die achte Stunde gilt der Reinigung und Pflege des "Arbeitsgeräts". Landvogt ist nun wieder zufrieden, wird gebraucht, erfährt Anerkennung. Denn daheim ist ihm die Decke auf den Kopf gefallen, " da wird man verrückt", weiß er. Dank des "Kehrmoggls" konnte er in den Bauhof zurückkehren und erledigt freilich auch weitere Arbeiten, die ihm möglich sind.

Behindertenbeauftragter Porzelt lobt indes das Engagement des Rathauschefs, der den gesetzlich vorgegebenen Integrations-Auftrag - im Gegensatz zu bayernweit doch etlichen anderen Bürgermeistern - nicht nur kennt, sondern auch mit großem persönlichen Engagement umsetzt. Von den 65 städtischen Mitarbeitern haben sieben ein anerkanntes Handicap, im Bauhof sind es von 22 drei. Zirkel erfüllt das mit Zufriedenheit...