Hat die Staatsregierung Verfassungs- und Europarecht gebrochen? In einer Popularklage wirft der Nationalparkverein genau das der Staatsregierung vor.
Die Aufhebung des 775 Hektar großen Waldschutzgebietes "Hoher Buchener Wald" durch eine rückwirkende Änderung des bayerischen Naturschutzgesetzes ist nun auch beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof unter Beschuss geraten. Der Nationalparkverein und drei Bewohner der Steiger-waldregion haben Popularklage bei der Kontrollinstanz eingelegt, um zu verhindern, dass das ehemalige Schutzgebiet mit seinen vielen Altbuchen durch Abholzung an Wert verliert.
Ausgearbeitet hat die 100-seitige Begründung der Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, ein bekannter Verfassungsrechtler, der unter anderem den Baustopp der ICE-Trasse in Fürth erwirkte. Baumann hat auch im Fall des Schutzgebiets im Steigerwald eine Reihe von Argumenten gesammelt, die zu widerlegen nicht einfach sein dürfte.
Wie Baumann in Bamberg erläuterte, wurde mit der Aufhebung des Schutzgebiets gegen eine Vielzahl von rechtsstaatlichen Grundsätzen, Verfassungspositionen und auch gegen Europarecht verstoßen. Es handele sich um eine Reihe von Willkürakten von Parlament, Staatsregierung und Verwaltung. Die Schutzverordnung des Landratsamtes sei dagegen rechtmäßig gewesen.
Laut Baumann haben der bayerische Landtag und das Umweltministerium u.a. das Prinzip der Gewaltenteilung missachtet, indem sie die Regierung von Oberfranken zur Aufhebung anwiesen. Baumann wirft der Bezirksregierung vor, die 50 Einwendungen im Aufhebungsverfahren nicht geprüft zu haben. Auch das Flächenargument der Staatsregierung sei willkürlich. Die Verfassungsklage ist das zweite Verfahren zum "Hohen Buchenen Wald". Eine Normenkontrollklage ist bereits beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig.
Gut möglich, dass das üblicherweise langwierige Verfahren beim Verfassungsgerichtshof durch den Europäischen Gerichtshof beschleunigt wird. Wie Baumann sagte, droht der Bundesrepublik auch wegen des Verhaltens der Verantwortlichen in Bayern eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Ein Vertragverletzungsverfahren habe die EU-Kommission 2015 eingeleitet. Das Landratsamt Bamberg sei mit seiner Schutzverordnung für den Hohen Buchenen Wald europäischen Verpflichtungen nachgekommen. Die Staatsregierung habe den widerrechtlichen Zustand wieder hergestellt.
Florian von Brunn, Umweltexperte der Bayern-SPD-Landtagsfraktion, begrüßte die Entscheidung des Nationalparkvereins gegen die Aufhebung des Schutzgebietes "Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" zu klagen: "Zur Not muss der Naturschutz in Bayern auch vor Gericht verteidigt werden!", betont der Münchner Abgeordnete. "Es ist und bleibt eine Schande, dass die erste Amtshandlung von Umweltministerin Scharf darin bestanden hat, ein Naturschutzgebiet aufzuheben." Die SPD im Landtag fordert, "endlich die Voraussetzungen für ein Weltnaturerbe zu schaffen".