Polizei in Bamberg: Welche Infos zu Vorfällen gehen raus?

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Die Polizei entscheidet nach bestimmten Kriterien, ob die Nennung der Nationalität im Zusammenhang mit Straftaten eine Rolle spielt. Symbolbild: dpa
Die Polizei entscheidet nach bestimmten Kriterien, ob die Nennung der Nationalität im Zusammenhang mit Straftaten eine Rolle spielt. Symbolbild: dpa

Immer wieder machen auch in Bamberg Gerüchte die Runde, nach denen die Polizei Verbrechen im Zusammenhang mit Asylbewerbern vertuscht. Doch wann spielt die Nationalität überhaupt eine Rolle?

Bamberg ist nicht Köln. In ganz Oberfranken gab es in der Silvesternacht keinen einzigen sexuell motivierten Übergriff von Ausländern auf einheimische Frauen, der der Polizei gemeldet worden wäre. Diese Auskunft gibt Alexander Czech vom Polizeipräsidium Oberfranken. Er verschweigt aber genauso wenig, was in Hof am Neujahrsmorgen passiert ist: Ein 21-jähriger Asylbewerber bedrängte dort eine 29-Jährige "auf unsittliche Weise", wie es im Polizeibericht heißt.

Dass es sich um einen Ausländer handelt, stand im Polizeibericht nicht - weil es für den Informationsgehalt der Nachricht unerheblich war. Fällt es ins Gewicht, ob ein Einzeltäter Deutscher oder Flüchtling ist? Schon ist man mittendrin in der Diskussion.

"Wir sind sehr vorsichtig mit unseren Formulierungen", sagt Czech. Das sei nicht erst so, seitdem die Flüchtlingszahlen zugenommen hätten. Nicht erst seit Köln. "Das meiste sind Einzelfallentscheidungen." So wie das Beispiel vom 1. Januar: Die Polizei hatte sofort eine Fahndung eingeleitet und den Täter erwischt. Er sitzt nun in Untersuchungshaft.


Besonderheit Fahndungsaufruf

Wäre der Mann noch auf der Flucht, hätte die Polizeimeldung anders ausgesehen. "Wir stellen uns immer die Frage: Wie erforderlich ist die Nationalität? Für einen Fahndungsaufruf zum Beispiel sind die körperlichen Merkmale entscheidend", so Czech.

Entscheidend ist ebenfalls, dass der Wahrheitsgehalt überprüft wird. Die Polizei erhalte zahlreiche Mitteilungen, bei denen erst einmal nachverfolgt werden müsse, ob sie nachweisbar oder gelogen seien. Beispiel: Im Landkreis Wunsiedel meldete eine 52-jährige Frau der Polizei, dass sie von zwei männlichen Ausländern angegangen worden sei. Einer habe ihr mit einer Glasscherbe das Gesicht zerschnitten. Als die Frau sich bei ihrer Befragung in Widersprüchen verstrickte, gab sie schließlich zu: alles Schwindel. Das ergaben die Ermittlungen der Kripo.

Die Kripo ist im Übrigen der Grund, warum wir mit unserer Anfrage, die wir bei der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt gestellt hatten, schließlich beim Präsidium in Bayreuth gelandet sind: "Sobald die Kripo ins Spiel kommt, sind wir im Boot", sagt Präsidiumssprecher Czech. Bei kleineren Delikten gibt die Polizei vor Ort Auskunft.
Für alle stellt Czech klar: "Hier wird nichts totgeschwiegen, wir wollen nichts vertuschen." Doch genau das wird der Polizei regelmäßig vorgeworfen. Das Misstrauen ist, in Buchstaben gegossen, in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke im Internet zu lesen.

Genauso kursieren Gerüchte unter den Leuten im realen Leben, etwa über einen Vorfall am Hirschaider Bahnhof. Dort soll ein Flüchtling einer einheimischen Frau Verletzungen zugefügt haben. Ein Gerücht, das Helmut Fischer von der Polizeiinspektion Bamberg-Land widerlegt.


Angebliche Vorfälle nicht bestätigt

Auf FT-Anfrage hin hat Fischerden Computer nach "verdächtigen Wahrnehmungen und Mitteilungen" hin durchforstet - und zwar für das ganze Jahr 2015. Kein Vermerk, keine Bestätigung. Typisch für solche Gerüchte: "Die Informationen kommen von Dritten, die es wieder von jemandem haben, die es wieder von jemandem haben." Das merkt Holger Dremel, Sprecher der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt, an.

Er klärt einen weiteren Verdacht auf: Am Sandkerwa-Sonntag soll in der Wunderburg ein Mann eine junge Frau zu Boden gerissen und in die Hüfte getreten haben. Ein Zeuge griff ein und drängte den Angreifer ab. Das Gerücht: Es habe sich um einen Asylbewerber gehandelt. Dremel stellt klar: Der Angreifer und sein Opfer kannten sich, es handelte sich um eine Beziehungstat. Der 20-jährige Täter ist Deutscher mit türkischen Wurzeln.
Ebenfalls im August hatte ein Unbekannter eine Bambergerin in sexueller Absicht überfallen und verletzt. Im November 2015 ergab die Fahndung schließlich: Diesmal handelte es sich in der Tat um einen 19-jährigen Mann aus Eritrea, Afrika. Eine Tatsache, die die Staatsanwaltschaft Bamberg und das Polizeipräsidium Oberfranken nicht verschwiegen (wir berichteten).

Alexander Czech vom Präsidium gibt mit Blick auf den oberfränkischen Raum bekannt: "Wir haben gelegentlich in Einzelfällen Übergriffe von Asylbewerbern. Aber nicht wie in Köln, wo in größeren Menschenansammlungen gezielt auf Frauen losgegangen wurde."


Hauptsächlich Diebstähle

Bei den oberfränkischen Straftaten handle es sich in erster Linie um Diebstähle, die Zahl der Sexualdelikte sei geringer. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht, erst Ende März, wenn die "polizeiliche Kriminalstatistik" für 2015 vorliegt. Aus dieser dürfte auch das Verhältnis der Nationalitäten bei der Begehung von Straftaten herauszulesen sein - sofern die Herkunft überhaupt eine Rolle spielt. "Bei einer Schlägerei in einer Wohnung ist es unerheblich, ob ein Afghane oder ein Deutscher beteiligt ist", sagt der Präsidiumssprecher.

Überhaupt sei in den meisten Fällen die Nationalität unwichtig, etwa beim Ladendiebstahl. Generell stelle man bei der Polizei die Frage, ob die Herkunft eine Rolle spielt, nicht erst, seitdem die Anzahl der asylsuchenden Menschen zunimmt.

Wer sich in sozialen Netzwerken durch den Wust an Informationen und Gerüchten verunsichert fühlt, dem rät Czech: "Immer schauen, wo die Kommentare herkommen." Viele User würden Gerüchte glauben, ohne deren Verifizierung abzuwarten. "Das sind oftmals Kommentare, dass irgendwer irgendwo irgendwas gehört hat."
Und was ist mit dem Misstrauen gegenüber der Polizei? Vertuschungsvorwürfen? "Wenn jemand Kritik äußern oder Nachfragen möchte, dann soll er uns das direkt mitteilen. Wir prüfen das."