Politischer Geschwisterkampf um Sitz im Bamberger Stadtrat

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Der Kampf ist eröffnet - zumindest jener um einen Sitz im Stadtrat. Sebastian Niedermaier kandidiert für die SPD, seine Schwester Anna für die CSU. Beide wollen den Sprung in die Lokalpolitik schaffen. Foto: Ronald Rinklef
Der Kampf ist eröffnet - zumindest jener um einen Sitz im Stadtrat. Sebastian Niedermaier kandidiert für die SPD, seine Schwester Anna für die CSU. Beide wollen den Sprung in die Lokalpolitik schaffen. Foto: Ronald Rinklef

Sie sind jung und sie wollen in den Stadtrat. Das Besondere: Anna Niedermaier kandidiert für die CSU, Bruder Sebastian für die SPD. Vater Michael hat schon Regeln für das sonntägliche Mittagessen aufgestellt: Gespräche über Politik sind verboten.

Er sitzt am Esstisch und grinst - Sebastian Niedermaier, 25, selbstständiger Gärtnermeister. Zum einen grinst er, weil er das eigentlich immer gerne tut. Zum anderen, weil er gerade eine Anekdote erzählt hat: "Viele haben gesagt: ,Du bist doch Bio-Gärtner, du musst zu den Grünen'. Andere wiederum: ,Dein Taufpate ist CSUler, du musst zur CSU'."

Gelandet ist der junge Mann ganz wo anders: bei der SPD. Auf Listenplatz 9 kandidiert er im März bei der Stadtratswahl. Warum? Weil er mit der SPD die größten Gemeinsamkeiten hat, wie er sagt. Und glaubt: "Da bring ich was zam in meiner Zeit."

Für die Schwester kam nur die CSU in Frage

Zeit, das ist auch das Stichwort, das Schwester Anna (27) anspricht. Schon vor zwei Jahren sei sie von CSU-Mitgliedern gefragt worden, ob sie nicht kandidieren wolle.
"Aber ich wollte mich zuerst auf mein Geschäft konzentrieren", sagt die Floristmeisterin. Nun habe sie Zeit und Muße - und die neue Herausforderung "Politik" gesucht. "Für mich kam nur die CSU in Frage. Ich bin da auch vom Papa geprägt."

Der ist seit 35 Jahren in der CSU und stolz, dass sich nun der Nachwuchs politisch engagieren will. "Die Bamberger Gärtner waren eigentlich immer ,schwarz'", erläutert Anna. Ein paar Witze muss sich Familie Niedermaier wegen der SPD-Kandidatur von Sohn Sebastian deswegen schon anhören.

Aber der bleibt gelassen: "Jetzt hat sich Bamberg schon so lange an einen ,roten' Oberbürgermeister gewöhnt, da wird's auch Zeit für einen ,roten' Gärtner." Da ist es wieder, das Grinsen. Ob ihm das vielleicht vergeht in der politischen Diskussion mit der Schwester? "Nein", sagt er bestimmt. Die Schwester ergänzt: "Es geht darum, respektvoll miteinander umzugehen. Das fehlt mir in der Politik manchmal."

Noch wird zuhause diskutiert

Beide Geschwister wollen stets ihre Meinung sagen, sich nicht verbiegen. Sebastian mag seine Rolle als Quereinsteiger. "Es kann schon sein, dass ich mal gegenschieße" - "Und ich sag auch immer, was ich denke", stimmt Anna zu. Noch findet die politische Diskussion nur zuhause statt, noch sitzt keiner von beiden im Stadtrat.
Was, wenn das vorerst so bleibt und es nicht klappt mit der Wahl? "Arbeit haben wir genug", sagt Sebastian. Natürlich möchten es die beiden trotzdem gerne beim ersten Versuch schaffen. Sie wollen "Ansprechpartner" sein, wie sie sagen, und bei alledem "ka Fähnla im Wind", schiebt Sebastian nach.

Thematisch liegen der 25-Jährige und seine zwei Jahre ältere Schwester gar nicht so weit auseinander. Beide wollen sich für den Erhalt der Gärtnerflächen einsetzen - und ihrer Kultur. "Das ist unglaublich, wie die Gärtnerkultur bei uns teilweise verramscht wird. Ich will sie darstellen, wie sie ist, und kein Paket für Touristen schnüren." Anna nickt. Auf die Frage, was auf ihrer Themenliste steht, antwortet sie: "Mir ziehen zur Zeit zu viele junge Familien aus Bamberg weg. Ich möchte mich für Wohnraum für sie einsetzen." Nun nickt Sebastian. Ihm liegen junge Unternehmer am Herzen, "ich bin ja selber einer, ich weiß, wie das ist." Dann wieder die Schwester: Den örtlichen Einzelhandel in Bamberg wolle sie stärken. Und Veranstaltungen in der Stadt, ja die seien schon gut. Da nickt erneut der Bruder - "es ist schon wichtig, dass was los ist."

Nicht beim Mittagessen

Also großer Schmusekurs zwischen Rot und Schwarz am Niedermaier'schen Esstisch? Keineswegs. Der Papa kennt seinen Nachwuchs und hat deswegen schon mal die Regel aufgestellt: "Sonntags beim Mittagessen wird nicht über Politik geredet!" Aber abends dürfen sie dann loslegen, wenn die Politiksendungen im Fernsehen kommen.

Sebastian erzählt: "Da ruf ich dann: subba!" - "Und ich: nein, bloß net!", sagt Anna und lacht. Sie wird ernster: "Wir haben schon unsere Standpunkte. Aber gleichzeitig sind wir auch offen." Manchem ist ihr Bruder vielleicht ein bisschen zu offen. Mutter Marlis erzählt: "Neulich hat mich einer gefragt, ob ich den Sebastian wohl zu heiß gebadet hab. Ich hab gefragt: warum? ,Weil er so rot ist', war die Antwort." Und dann grinsen sie alle vier am Esstisch.



Kommentar von Anna Lienhardt: "Auf die Zusammenarbeit"


Die Geschwister Niedermaier stehen für "die Jungen", die im Bamberger Stadtrat Fuß fassen wollen. Jede Fraktion hat ihren Nachwuchs, der natürlich "etwas bewegen will" - man muss ihn nur auch ranlassen. Nun, da die Kandidaten für die Stadtratswahl im März 2014 feststehen, betont manche Fraktion gerne, dass auch die Namen junger Leute auftauchen.

Man darf gespannt sein, ob und wie viele von ihnen die Bamberger Bürger tatsächlich in den Stadtrat wählen werden. Denn die Neuen sind noch nicht richtig einschätzbar, haben noch kein klares Profil wie ein etablierter Stadtrat. Sie sind noch nicht bekannt für eine grundsätzliche Haltung oder eine bestimmte Art, Politik zu machen.

Das muss aber nicht schlecht sein. Sie werden sich ihren Weg in der Lokalpolitik suchen. Dabei müssen sie nicht nur selbst Standpunkte finden und vertreten. Vor allem müssen sie in ihren Fraktionen und Gruppierungen Entscheidungen und Ansichten hinterfragen. Nachbohren, kritisieren und sich dafür das ein oder andere Mal wohl auch schief anschauen lassen. Doch die Erfahrenen müssen ihnen das Nachfragen zugestehen.

Es geht schließlich nicht um ein internes Kräftemessen zwischen Jung und Alt, sondern darum, gute Entscheidungen für die Stadt zu treffen. Die entstehen durch gegenseitigen Respekt und die oft gelobte "konstruktive Zusammenarbeit". Das gilt für den Sportverein genauso wie im Berufsalltag - und in der Politik.