Pfarrkirche Schottenstein: Anschauliche Predigt in angenehmer Atmosphäre

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Die evangelische Pfarrkirche St. Pankratius in Schottenstein. Im Inneren bietet sie ein schlichtes Kirchenschiff, ausgestattet mit einer wohlklingenden Barockorgel. Foto: Jochen Berger
Die evangelische Pfarrkirche St. Pankratius in Schottenstein. Im Inneren bietet sie ein schlichtes Kirchenschiff, ausgestattet mit einer wohlklingenden Barockorgel. Foto: Jochen Berger

In der Pfarrkirche Schottenstein entpuppt sich der würdevolle Mann im schwarzen Talar nicht als Aushilfspfarrer, sondern als Lektor.

Das Urteil unseres Testers

"Unsere Kirche ist offen. Treten Sie ein!", steht am Eingang geschrieben. Der Gast fühlt sich willkommen in der Schottensteiner Pfarrkirche. Das liegt zum einen am schönen historischen, aber unaufdringlichen und auf das Wesentliche reduzierten Sakralbau. Es liegt aber vor allem auch an den Mitgliedern der Kirchengemeinde. Lektor Walter Schmidt schafft es, einen Gottesdienst auch bei Pfarrernotstand würdevoll zu gestalten. Seine Predigt hat Hand und Fuß und ist praxisnah. Er zeigt, wie wertvoll engagierte Laien für die Kirche sind. Mit einer Dauer von 50 Minuten hat der Gottesdienst auch genau die richtige Länge.

Wie wichtig die Barockorgel für die musikalische Gestaltung ist, zeigt sich nicht nur bei Ein- und Auszug. Auch die Liedbegleitung funktioniert gut - und alle singen nach Möglichkeit mit.

Der Besucher hat in dieser Kirche den Eindruck, dass alles seinen stimmigen Platz hat, etwa die brennende Osterkerze neben dem Ambo. Ein würdevoller Raum für ein Gebet.

Da der Schreiber dieser Zeilen Katholik ist, stellt sich ihm aber auch die Frage nach dem fehlenden Abendmahl. "Einmal im Monat", hieß es auf Anfrage. Das sei überall in der evangelischen Kirche so. Bleibt zum Schluss ein Kritikpunkt: Ohne Ministranten wirkte Walter Schmidt ein wenig als Einzelkämpfer.

Die Bewertung im Einzelnen:

1. Einsteig

Es wirkt nicht aufgesetzt: Walter Schmidt steht im Kirchenschiff an der Eingangstür, wie in ein Gebet vertieft, und gibt dem Eintretenden die Hand. Der fremde Gottesdienstgast fühlt sich willkommen. Was er anfangs noch nicht weiß: Der Mann im Talar ist kein Pastor, sondern arbeitet wochentags im Landratsamt Coburg. Als ausgebildeter Lektor gestaltet er aber immer mal wieder den Gottesdienst als Ersatz für den Vakanzpfarrer von Schottenstein. Der Einzug mit Orgelmusik ist kurz, aber festlich. Der Lektor beginnt sogleich ohne Floskel mit der Ansprache an die Versammelten (etwa 35 Besucher haben sich versammelt), damit ist die kleine Kirche nicht ganz zu einem Drittel gefüllt: "Einer trage des anderen Last", ein Zitat aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater. "Damit wollen wir in die kommende Woche gehen."

2. Musik

Die schöne kleine Barockorgel passt wunderbar in diese historische Kirche. Sie vermag es, den Raum klangvoll zu füllen. Zu Beginn nur instrumental, vermag es ihr Spieler die Gemeinde beim späteren Gesang gut zu begleiten und das Tempo zu halten. Einzig die Registrierung wirkt etwas basslastig.

3. Lesungen

Es gibt nur eine Lesung, die sogenannte Epistellesung, vorgetragen von einer Frau am Ambo. Der Text ist gut verständlich, die Aussprache gut, aber etwas zu schnell gesprochen. Dadurch verflachen die Worte zu sehr und werden nicht so gut aufgenommen.

4. Predigt

n Schottenstein (und nicht nur hier) zeigt sich, welche Vorteile eine Kanzel hat. Kaum hat Lektor Walter Schmidt sie betreten, ist er von jedem Platz in der Kirche aus deutlich zu sehen und gut zu verstehen. Mag sein, dass früher in Gotteshäusern von oben herab auf die Gläubigen, die aufblicken mussten, eingepredigt wurde. Womöglich wurden sie gar abgekanzelt.

Deswegen gänzlich darauf zu verzichten, wäre aber schade. Schmidt tut es nicht und zitiert zu Beginn seiner Ausführungen Sätze der Bergpredigt. Er redet über das Verhalten des Menschen gegenüber anderen. Zunächst fehlt dabei die direkte Ansprache gegenüber den Zuhörern. Doch dann wird er sehr konkret und schildert gut menschliche Unzulänglichkeiten. "Wenn es nur beim sogenannten Vorurteil bliebe, wäre es gar nicht so schlimm. Dann wäre die Meinung ja nur vorläufig und ich könnte es korrigieren." Schmidt spannt dabei einen Bogen vom "Balken im eigenen Auge" bis in unsere Zeit, bis hin zu extremistischen Strömungen. "Wie halten wir es mit unserer Barmherzigkeit?", fragt Schmidt. Und gibt den Gläubigen mit auf den Weg: "Es hilft das wertzuschätzen, was im Gegensatz mir gegeben ist."

5. Segen

Zum Schluss wird gemeinsam das Vaterunser gebetet. Den Segen gibt's dann vom Altar aus. Danach werden weitere Verse eines Liedes gesungen. Zuvor hatte Lektor Walter Schmidt noch auf die nächsten Gottesdienste hingewiesen, die Einnahmen aus dem Klingelbeutel verkündet und sich für die Spenden bedankt. Die Besucher hatten sich anschließend auf Geheiß erhoben und einer Frau, eines kürzlich verstorbenen Gemeindemitgliedes, gedacht. Zum Hinausgehen sorgt das Orgelspiel für Harmoniegefühl. Eine schöne Geste: Der Gottesdienstleiter verabschiedet sich draußen vor der Tür persönlich per Händedruck von den Gläubigen. Das erzeugt noch einmal ein Gefühl von Gemeinschaft.

6. Ambiente

Das erste, was der Besucher denkt ist: Holz. Die Empore über den meisten Bänken, die Decke, die Bänke, die schneckenförmigen Pfeiler und die Kreuzigungsgruppe. Das jahrzehnte- bzw. jahrhundertealte Holz strahlt eine gewisse Ruhe aus.

Der Altarraum ist schlicht, aber schön geschmückt mit vier Kerzen und buntem Altartuch. Taufstein links, Kanzel und Ambo rechts, dazu ein schöner "Holzbaum", der das Gemeindeleben auf einen Blick zeigt: Täuflinge, Konfirmanten, Hochzeitspaare, Verstorbene - alles sehr stimmig.

Entscheidend für das angenehme Ambiente der Kirche sind aber die großen Fenster an den Seitenwänden, die, vor allem bei Sonnenschein, herrlich Licht in den Altarraum werfen. Hinzu kommt, dass die Wände schön gestrichen sind und der Fußboden sauber ist. Alles in allem harmonisch und nicht düster. Hier hält man sich gerne zu einem Gebet oder einer Gottesdienstfeier auf.

7. Kirchenbänke

Auf den schönen alten Holzbänken sitzt man infolge der mindestens zwei Zentimeter dicken Sitzpolster sehr angenehm, und auch die Fußtrittbretter erfüllen ihren Zweck.

8. Beleuchtung

Beleuchtung hat die Schottensteiner Kirche bei einem Sonntagsgottesdienst eigentlich nicht nötig. Dafür sorgen die meterhohen Fenster, die das Licht hereinlassen. Dennoch sind an den Längswänden während des Gottesdienstes die Leuchten angeschaltet. Wie es am Abend oder nachts wäre, das heißt, ob dann das elektrische Licht für eine angenehme Ausleuchtung ausreicht, wird an diesem Sommertag nicht deutlich.

9. Sinne

Die Kirche St. Pankratius steht im Zentrum von Schottenstein. Von außen groß und wehrhaft, wirkt sie im Inneren äußerst gemütlich. Beeindruckend die an den Längswänden des Kirchenschiffes hängenden bemalten Holztafeln mit Wappen und Inschriften. Die Totenschilde erinnern an Mitglieder der Familie Löffelholz von Colberg. In dieser Kirche haben sich seit Jahrhunderten die Gläubigen versammelt. Dennoch wirkt sie keineswegs verstaubt, sondern im Gegenteil sauber und gut gepflegt.

Warum ein Gottesdiensttest

Die Ergebnisse unserer Gottesdiensttests, das wissen wir, sind rein subjektiv. Warum dann dieser Test? Weil wir glauben, dass es eine Diskussionsbasis braucht, um Kirche und Bürger wieder näher zusammenzubringen. Und weil wir denken, dass Kirche und Glaube nicht weiter auseinanderdriften sollten. Wir freuen uns deshalb auf den Dialog mit Kirchenvertretern, Gläubigen und allen Menschen, die uns ihre Meinung zu diesem wichtigen Thema mitteilen wollen. Schreiben Sie uns: redaktion@infranken.de

Alle Berichte unserer Serie finden Sie auf unserer Übersichtsseite zum Gottesdiensttest. Dort finden Sie auch ausführliche Infos.