Dekan Lechner wartete beim Reformationsempfang des evangelisch-lutherischen Dekanats mit einem Paukenschlag auf. Etwa 500 Gäste hatten sich eingefunden.
Das Jubiläumsjahr 2017 ist auch in
Bamberg für Überraschungen gut. Da gibt es eine Fülle an hochkarätigen Veranstaltungen zum 500. Reformationsgedenken, einen dadurch ausgelösten "ökumenischen Hype", Bibeltrucks auf dem Maxplatz - und nun noch das.
Beim Reformationsempfang des evangelisch-lutherischen Dekanats am Samstagabend im Stephanshof hatte Dekan Hans-Martin Lechner einen Paukenschlag erster Güte parat: "Zum 1000. Geburtstag der Stephanskirche im Jahr 2020 haben wir Papst Franziskus nach Bamberg eingeladen!" verkündete der Dekan den etwa 500 Gästen, die ihm verblüfft zuhörten. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), Erzbischof Ludwig Schick und er hätten den Brief an den Papst unterschrieben und abgeschickt, fügte Lechner an.
"Lutherisch-katholisch"
Später bekannte er sogar: "Wir sind doch alle katholisch, lutherisch-katholisch oder römisch-katholisch - eben in der Welt unterwegs und weltoffen!" Dieses Bekenntnis entlockte Ehrengast Erzbischof Schick ein wohlwollendes Lächeln und den vielen weiteren katholischen Besuchern zustimmenden Beifall. Ökumene im Jahr 2017 hat eben die gegenseitigen Verwerfungen einstiger Zeiten freundschaftlich überwunden.
Evangelisch-lutherisches Profil
Dabei zeigte dieser Reformationsempfang ein klares evangelisch-lutherisches Profil. Es fehlte weder die Hymne des Protestantismus "Ein feste Burg" noch ein Schnellkurs in Sachen lutherischer Theologie: In seiner Ansprache während der auf den Abend einstimmenden Andacht entfaltete Dekan Lechner flugs die Rechtfertigungslehre, erlöst und befreit allein aus Gnade. "Wo wir in der Liebe sind, werden die guten Werke wie von selbst kommen", versicherte der Prediger.
Reformation heute
Und wie auf ein Stichwort eilten die vielen fleißigen Helfer mit der Brotzeit und dem Reformationsbier herbei. Würziges Brot, Leberwurst, Ziebeleskäs', Butter und Schnittlauch füllten die weiß gedeckten Tische und leeren Mägen. Derart gestärkt waren alle gewappnet für neun Tischreden zur Frage "Was bedeutet für Sie Reformation heute?"
OB Starke philosophierte über "Glaube, der frei macht". Über "christliche Freiheit", die für alle, die politische Verantwortung tragen "vorbildlich ist". Das Stadtoberhaupt zitierte Martin Luther: "Ein Christenmensch ist ein Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan." Dieses reformatorische Wort ist nach Starkes Auffassung "aktueller denn je" und für ihn ein Leitmotiv.
"Zusammen gehen"
Für Landrat Johann Kalb (CSU) bedeutet Reformation heute, dass "die Religionen zusammenwachsen und jede dennoch ihre Identität bewahrt". "Wir wollen zusammen gehen und nicht auseinander", betonte Kalb. Mit Luther-Zitaten gespickt leitete Erzbischof Schick seine Tischrede ein, bevor er in Anlehnung an die erste Wittenberger These zum Kern seiner Botschaft kam: "Kehrt um, tut Buße, glaubt an das Evangelium!" Diese Aufforderung Jesu sei ein "konstanter Ruf ohne Verfallsdatum und ein roter Faden ohne Ende". Dieser Ruf müsse die Kirche in allen ihren Konfessionen verwirklichen, damit die Spaltungen überwunden und neue vermieden werden könnten. Diesen Aufruf habe die Kirche nicht immer genügend gehört und verwirklicht und deshalb seien wir heute eine gespaltene Christenheit, beklagte Schick.
"Handeln wie Luther"
Von allen Rednern heimste die Vorsitzende der Dekanatsjugendkammer, Alica Frerichs, den langanhaltendsten Beifall ein. Ihr flammendes Plädoyer für einen unabdingbaren Aufstand der Christen zugunsten der Menschen in Not - etwa für Flüchtlinge - ging unter die Haut: "Es ist unsere Pflicht, anderen zu helfen und sich für andere einzusetzen!" Alica Frerichs nannte einen solchen Aufstand "handeln wie Luther".
Feine Tafelmusik, dargeboten von Kirchenmusikdirektorin Ingrid Kasper am Klavier und Dieter Krefis an der Klarinette, gliederte die Tischreden. Überhaupt erfreute die abwechslungsreiche musikalische Gestaltung des Abends durch Chöre, Band und Posaunenchor, der in eine "Nacht der Lichter" mit Dekan Lechner und Erzbischof Schick in der Stephanskirche mündete.