Neue Chance für Bosch in Bamberg

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Die beiden Bamberger Werkleiter, Martin Schultz (links) und Stefan Schmitz, zeigen Modelle der neuen Brennstoffzellentechnik: links eine galvanische Zelle, rechts ein sogenannter Stack. Mitte nächsten Jahres soll die stationäre Brennstoffzelle mit einer Kleinserie starten. Foto: Ronald Rinklef
Die beiden Bamberger Werkleiter, Martin Schultz (links) und Stefan Schmitz, zeigen Modelle der neuen Brennstoffzellentechnik: links eine galvanische Zelle, rechts ein sogenannter Stack. Mitte nächsten Jahres soll die stationäre Brennstoffzelle mit einer Kleinserie starten. Foto: Ronald Rinklef
Galvanische Zelle Foto: R. Rinklef
Galvanische Zelle Foto: R. Rinklef
 
Prototyp der stationären Brennstoffzellen-Systeme von Bosch: Ein solches System hat eine Leistung von zehn Kilowatt und kann bis zu 15 Haushalte ständig mit Strom versorgen. Foto: Bosch
Prototyp der stationären Brennstoffzellen-Systeme von Bosch: Ein solches System hat eine Leistung von zehn Kilowatt und kann bis zu  15 Haushalte ständig mit Strom versorgen. Foto: Bosch
 

Oberfrankens größter Arbeitgeber steigt in die Brennstoffzellentechnologie ein. Ab Mitte nächsten Jahres soll es eine Kleinserie geben. Mit dem neuen Produkt könnte der Standort irgendwann unabhängiger vom Auto werden.

Lange haben die Beschäftigten des Bosch-Standorts Bamberg darauf gewartet. Jetzt gibt es die ersehnte Perspektive jenseits des Verbrennungsmotors, für den die aktuellen Produkte des Werks ausschließlich bestimmt sind.

Der neue Hoffnungsträger nennt sich abgekürzt SOFC. Hinter dem Begriff "Solid Oxid Fuel Cell" verbirgt sich nichts anderes als eine stationäre Brennstoffzelle. Solche Brennstoffzellen, die Gas oder Wasserstoff in elektrische Energie umwandeln, sollen ab Mitte nächsten Jahres im Bamberger Werkteil 4 produziert werden. Allerdings erst einmal auf niedrigem Level in Kleinserie. Martin Schultz, kaufmännischer Werkleiter in Bamberg, spricht von "Vorindustrialisierung" und nennt in diesem Bereich die Zahl von gerade mal 60 Beschäftigten.

"Tiefpunkt noch nicht erreicht"

Egal. Für die Bamberger Bosch-Belegschaft ist es nach einem unruhigen Jahr ein wichtiger Lichtblick, der für die Zukunft hoffen lässt. Denn das Leitwerk im internationalen Bosch-Fertigungsverbund der Kfz-Technik hängt am Verbrennungsmotor. Und hier zum überwiegenden Teil am zuletzt weniger gefragten Diesel. "Das Dieselgeschäft ist seit Monaten rückläufig. Der Tiefpunkt ist aus unserer Sicht noch nicht erreicht", sagte Schultz gestern bei einem Pressegespräch.

Das wirkt sich auch auf die Zahl der Mitarbeiter aus. Aktuell arbeiten in Bamberg 7500 Menschen für den Autozulieferer. Vor einem Jahr waren es noch 200 mehr. Ruhestand, Altersteilzeit, neue Teilzeitmodelle, natürliche Fluktuation - Mitarbeiter, die ausscheiden, werden nicht ersetzt. "Wir sehen das auch im nächsten Jahr so", sagt Schultz.

Mitarbeiterzahl schrumpft

Bei dieser Reduzierung der Kapazitäten schlug der Bamberger Betriebsrat schon im Frühjahr dieses Jahres Alarm. Bosch werde im Jahr 2027 in Bamberg nur noch zwischen 5000 und 5700 Menschen eine Beschäftigung bieten können, je nachdem, ob bis dahin Auszubildende übernommen werden oder nicht. "Das können wir so in dieser Form nicht bestätigen", sagte Schultz gestern. Immerhin: Dem Vernehmen nach werden die jungen Boschler, die ihre Ausbildung im Februar und im August nächsten Jahres beenden, auch übernommen.

Mit 7500 Beschäftigten ist Bamberg immer noch der weltgrößte reine Produktionsstandort von Bosch. Allerdings müssen sich die Bamberger nun den Spitzenplatz teilen. Das am Kfz-Fertigungsverbund hängende Werk im türkischen Bursa ist im Lauf der Jahre stetig gewachsen und kommt inzwischen ebenfalls auf 7500 Beschäftigte.

Manchmal nur zehn Schichten

Angst um ihren Arbeitsplatz müssen die Mitarbeiter in Bamberg aufgrund einer Beschäftigungssicherung nicht haben. Aber die Absenkung der Arbeitszeit ist derzeit das große Thema im Werk. Laut Schultz fährt Bosch im Dieselbereich aktuell zwischen zehn und 18 Schichten. Früher waren es 20 Schichten, und jede Schicht weniger bedeutet deutlich weniger Personaleinsatz. "200 bis 250 Mitarbeiter werden im ersten Quartal 2019 unterbeschäftigt sein", kündigte Schultz gestern an. Deshalb gibt es Schließtage, auch im Dezember. Vieles soll aber über die Arbeitszeitkonten aufgefangen werden. "Wir haben einen mittleren sechsstelligen Stundenbetrag bei den Zeitkonten. Davon zehren wir jetzt", sagt Schultz. Allerdings verschweigt er auch nicht, dass in einigen Bereichen "die Grenze dessen, was wir an negativer Zeit zulassen", erreicht sei.

Neue Linien für HDEV 6

80 Millionen Euro hat Bosch in Bamberg heuer investiert. Bei der Benzineinspritzung gibt es zwei neue Linien für das Injektoren-Modell HDEV 6. Diese Sparte hat laut technischem Werkleiter Stefan Schmitz sogar einen "Versorgungsengpass". Selbst in der Dieseldirekteinspritzung ist die neue Generation eines Piezo-Injektors angelaufen.

60 Prozent Wirkungsgrad

Aber die Augen richten sich in den nächsten Monaten erst einmal auf das neue Produkt, das vergangene Woche auf der Betriebsversammlung der gesamten Belegschaft vorgestellt wurde. Die Festoxid-Brennstoffzelle wird das erste Erzeugnis der Bamberger Bosch-Geschichte sein, das nicht allein fürs Auto bestimmt ist. Bosch ist dazu eine Partnerschaft mit dem englischen Spezialisten Ceres eingegangen. Den Zuschlag innerhalb des Konzerns habe Bamberg erhalten, weil es viel Erfahrung in Laserbohren, keramischer Beschichtung oder Sintern habe.

Auf 60 Prozent Wirkungsgrad soll diese Brennstoffzelle kommen. Das unabhängige System von der Größe eines Schranks wird eine Leistung von zehn Kilowatt bieten. Damit könnten bis zu 15 Haushalte ständig mit Strom versorgt werden.