Mutmaßliche Einbrecherbande: Zeuge bringt sich fast ins Gefängnis

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Das Foto entstand Anfang September beim ersten Verhandlungstag der mutmaßlichen ungarischen Diebesbande. Foto: Matthias Hoch/Archiv
Das Foto entstand Anfang September beim ersten Verhandlungstag der mutmaßlichen ungarischen Diebesbande.  Foto: Matthias Hoch/Archiv

In der Verhandlung der mutmaßlichen ungarischen Diebesbande tauchte plötzlich ein Zeuge auf. Der junge Mann wäre beinahe nicht mehr zurück nach Ungarn gefahren.

Wem gehört der blaue Mercedes? Der, den einer der Angeklagten durch Diebesgut finanziert haben soll? Der Wagen, in dem einige der Angeklagten saßen, als die Polizei sie aufspürte? Zu Beginn des Verhandlungstages ahnte wohl keiner, dass die Frage nach dem Besitzer des Wagens einen jungen Mann in den Zeugenstand befördern würde, der sich fast selbst ins Gefängnis brachte. Letztendlich retteten ihn nur seine Verwandtschaftsverhältnisse.

"Verwandtschaft" war das Stichwort dieses Tages: Im Saal des Bamberger Landgerichts waren nicht mehr viele Stühle im Zuhörerbereich frei - Ehefrauen, Lebensgefährtinnen, Mütter, Väter, Kinder und Bekannte der neun Angeklagten waren aus Ungarn angereist. Der Prozess um die mutmaßliche Einbrecherbande neigt sich langsam dem Ende.


Hohe Beute und Sachschaden

Ein Urteil fällte die Zweite Strafkammer des Landgerichts gestern allerdings nicht in dem Mammut-Prozess. Angeklagt sind neun ungarische Staatsbürger - des schweren Bandendiebstahls in 29 Fällen. Auf ihren Einbruchs-Touren in den Jahren 2011 und 2012 durch Oberbayern, die Oberpfalz, Sachsen und Franken sollen sie rund 820.000 Euro Beute gemacht haben. Dabei haben die Männer laut Anklageschrift einen Sachschaden von etwa 46.000 Euro angerichtet.

Sie klauten bevorzugt Buntmetall, Kabel, Werkzeuge, Diesel-Kraftstoff und Reifen im großen Stil. Tatorte waren vor allem Baustellen und Elektrofirmen sowie ein Reifenhändler in Bamberg. Die mutmaßliche Bande um Attila H. soll sich zusammengeschlossen haben, um sich durch Einbruchdiebstähle "eine fortlaufende nicht unerhebliche Einkommensquelle zu verschaffen", wie es in der Anklageschrift heißt.

Ein Polizist aus Bayreuth, der am gestrigen Verhandlungstag als Zeuge geladen war, sagte vor Gericht: "Der Verdacht liegt nahe, dass Attila H. sein ganzes Haus aus Diebstählen finanziert." Der Polizist war selbst in Ungarn und begleitete die dortige Polizei, als diese Objekte durchsuchte, die im Zusammenhang mit den neun Angeklagten stehen. Bis auf einen haben alle im Laufe des Prozesses Teilgeständnisse abgelegt. Die acht Männer müssen mit einem Strafmaß zwischen drei Jahren und sieben Jahren und drei Monaten rechnen.

Zeuge mit Angeklagten verwandt

Gerade noch dem Gefängnis entkommen ist ein junger Mann, der angeblich Besitzer des eingangs erwähnten blauen Mercedes ist. Der Wagen sei sein Eigentum, nicht das von Attila H. Während seiner Zeugenaussage verstrickte sich der junge Ungar allerdings in erhebliche Widersprüche und hielt den Nachfragen des Gerichts nicht stand. Angeblich sei er nicht mit einem der Angeklagten verwandt oder verschwägert.

Er wurde immer unsicherer, letztendlich kam die Frage auf, ob der junge Mann überhaupt lesen und schreiben könne. "Also der typische Mercedes-270E-Fahrer", sagte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt. Oberstaatsanwalt Martin Dippold machte klar: "Haben Sie die Belehrung verstanden? Wenn Sie hier nicht die Wahrheit sagen, lasse ich Sie festnehmen." So weit kam es denn doch nicht: Nach mehreren Nachfragen von Richter Schmidt gab der junge Mann zu, dass Attila H. sein Onkel sei. Als Verwandter konnte er so von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.