Die Bamberger Caritas lud mit dem Ombudsteam die Nachbarn des Anker-Zentrums zum Gespräch. Die Anwohner machten sich Luft.
Die Idee hatte einen gewissen Charme: Nachbarn des Anker-Zentrums sollten beim Essen mit Geflüchteten ins Gespräch kommen. Sich etwas erzählen lassen von anderen Ländern und Kulturen. Tatsächlich standen der Iraker Abdulrahman (26) und der Syrer Shaalan (34) erwartungsvoll im Food Truck bereit. Geduldig füllten sie Teller mit orientalischer Linsensuppe, reichten die Süßspeise Baklava an die hungrigen Anwohner dieser ersten Anlaufstelle für Asylbewerber in Oberfranken.
Abdulrahman und Shaalan blieben unvermindert freundlich in diesem Treiben am Parkplatz im Eschenweg. Auch wenn niemand der Anwohner richtig mit ihnen sprechen wollte. Zu einem Austausch kam es nicht. Jedenfalls nicht mit diesen beiden Männern. Es sind Sorgen, die die Menschen im Bamberger Osten bedrücken: "Es ist eine besondere Situation hier", sagte etwa Alexander Schmiechen, der in der Kieferstraße wohnt. Er finde es schön, direkt die Anliegen vortragen zu können, lobte er die Gelegenheit, die der Caritasverband für die Stadt Bamberg ermöglicht hatte. Geschäftsführer Peter Ehmann, selbst im Ombudsteam für das Anker-Zentrum, stand bereit. Auch Weihbischof Herwig Gössl schaute vorbei. Blieb geraume Zeit und hörte aufmerksam zu, wie sich die Nachbarn Luft machten.
Wartelisten in Kitas
Doch beileibe nicht in erster Linie über die Asylbewerber in ihrer unmittelbaren Wohnungsnähe. Was Eltern auf den Nägeln brennt, sind die in ihrem Stadtteil fehlenden Freiflächen und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. "Das Ankerzentrum ist für mich kein Problem, aber ich finde keinen Platz für meine Kinder", klagte etwa Angelina Quest. Ihre vier und zwei Jahre alten Sprösslinge stünden auf Wartelisten in Kitas: "Ich musste meine Elternzeit zwangsweise verlängern", erklärte die junge Mutter und wirkte genervt. Ähnliches berichteten weitere Mütter und Väter, die sich um Caritas-Vertreter Ehmann und den Weihbischof scharrten - als ob diese beiden Männer eine neue Kita eben mal aus dem Hut zaubern könnten.
"Die meisten sind nett"
Etwas abseits vom Food Truck stellte sich Markus Oesterlein, örtlicher Leiter des Anker-Zentrums, einigen Anwohnern. Auch Ombudsfrau Joelle Vormann-Pfeifer vom Migranten- und Integrationsbeirat der Stadt Bamberg mischte sich darunter. Der eine beklagte sich über die "extreme Verschmutzung durch leere Flaschen und Einwegverpackungen im Eingangsbereich des Zentrums Richtung Stadt", der andere fühlt sich unwohl, "wenn ich vom Bambados nach Hause gehe und die Flüchtlinge im Pulk auftauchen". Für Kinder wirke das bedrohlich, auch wenn "die meisten Flüchtlinge nett sind", fügte er hinzu.
Einzelerfahrungen
Das Ehepaar Guido und Michaela Sorrentino wollte auch nicht auf das Anker-Zentrum schimpfen: "Es gibt keine größeren Schwierigkeiten, und mit den Amis war auch nicht alles gut", betonte es nachdrücklich. Unangenehm sei wohl, dass Flüchtlinge "alte Leute als Nazis beschimpfen". Oder als Rassisten, "wenn sie den Männern keine Zigarette oder so geben". Das seien aber Einzelerfahrungen: "Wir haben nichts gegen Asylbewerber", sagten die Sorrentinos. Und: "Bringen Sie mal so viele deutsche Männer für lange Zeit zusammen und zwingen die zum Nichtstun", warben sie sogar um Verständnis für aufgeheizte Situationen. Denn es waren auch Stimmen zu hören an diesem Tag im Eschenweg, die die Asylbewerber in irgendeiner Beschäftigung sehen wollten. "Die dürfen nicht arbeiten!", musste Ombudsfrau Vormann-Pfeifer wiederholt klarmachen.
Der Food Truck bringt auch Minijobs
Unübersehbar prangte der Food Truck auf dem Parkplatz im Eschenweg, auf dem Nachbarn des Anker-Zentrums zusammen kamen. An den Kochtöpfen hantierten Abdulrahman und Shaalan, ganz in ihrem Element, das nun auch einen bezahlten Minijob für sie bedeutet: Der Food Truck ist ein Pilotprojekt des Caritasverbandes der Erzdiözese Bamberg und an die Carithek Bamberg angegliedert. "Anerkannte Flüchtlinge bekommen darin die Chance einer besseren Integration und die Perspektive auf eine feste Anstellung anderswo", fassen die Projektleiter Michael Pelikan und Stephanie Neumann zusammen. "Das macht Freude!" strahlten der Iraker Abdulrahman und der Syrer Shaalan um die Wette und erzählen in gutem Deutsch über ihren Status in Bamberg.
Genau das soll mit dem Projekt auch erreicht werden. Denn eigentlich heißt es nicht "Food Truck", sondern "Food Stories - Essen mit Geschichte(n)". Stephanie Neumann führt Essen als erste Gemeinsamkeit von Menschen der verschiedensten Länder an: "Alle Menschen brauchen Essen zu Leben und lieben gutes Essen und interessante Geschichten". Essen und Geschichten würden die Menschen verbinden.
Zumindest ist das Ankerzentrum kein reines Abschiebelager für perspektivlose Asyl-Bewerber ohne Chance auf Asyl mehr, auch wenn es diese natürlich immer noch gibt! Probleme können und sollen auch aufgezeigt werden, doch es ist leider weitverbreitet immer alle über einen Kamm zu scheren. Ich arbeite mit einigen Asylanten zusammen in einer Druckerei der MGO und diese sind allesamt freundlich und hilfsbereit. Bauen Deutsche Mist, heißt es unter uns ja auch nicht "Typisch Deutsche"! Klar, wer kann von sich schon behaupten vollkommen vorurteilsfrei zu sein? Aber ich möchte nicht, dass es typisch Deutsch ist alle Flüchtlinge nur aufgrund ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, oder der Taten einzelner zu verurteilen!