Wenige Tage vor dem Ende der überaus erfolgreichen Landesgartenschau Bamberg gießen eine ehemalige LGS-Beschäftigte, die Gewerkschaft Verdi und die Betriebsseelsorger Wasser in den Wein. Sie beklagen Missstände hinter den Kulissen und sagen, der Erfolg gehe zu Lasten der Mitarbeiter. Die Verantwortlichen weisen dies zurück.
Nach fünf Monaten bei der Landesgartenschau Bamberg GmbH kündigte Laurin Singer (39), weil sie Angst um ihre Gesundheit hatte, einen Burnout fürchtete. Sie fand Unterstützung bei der Gewerkschaft Verdi. Diese prangert gemeinsam mit dem Betriebsseelsorgern der beiden großen Kirchen die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten an.
Bevor Laurin Singer im Verdi-Büro zur Sache kommt, schickt sie voraus, es sei ihr ganz wichtig, zu sagen, dass es ihr nicht um eine nachträgliche persönliche Abrechnung gehe: "Mir geht es darum, Missstände aufzuzeigen, damit sie sich nicht auf der nächsten Gartenschau wiederholen."
Die Wahl-Bambergerin und Schauspielerin hat von Januar bis Juni für die Landesgartenschau Bamberg GmbH gearbeitet. Zuständig für die Kinder- und Jugendarbeit habe sie sehr bald zusätzlich beim Kulturprogramm mitgewirkt, weil "Not am Mann" war.
Die Anforderungen wären nur unter Verzicht auf Feierabend, freie Tage und Privatleben zu erfüllen gewesen, sagt Singer. Alle hätten so für das Projekt "brennen" sollen, dass Einzelne schon sehr früh ausgebrannt gewesen wären. Weil sie selbst einen Burnout fürchtete, zog sie mit Rücksicht auf ihre Gesundheit die Konsequenzen und kündigte. Die bis Juni angefallenen 260 Überstunden aus effektiv fünf Monaten (fünf Wochen war Singer krank) hat sie inzwischen "abgefeiert".
Verdi: Vertrag ist ungültig Rat und Hilfe holte sich die 39-Jährige für die Kündigung bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). Denn nach dem Wortlaut ihres Vertrags hätte sie keinen Anspruch auf Überstunden gehabt.
Für 2250 Euro brutto im Monat "ist die gesamte vertragsgemäß zu leistende Arbeit abgegolten, ohne Rücksicht darauf, welche Arbeitszeit hierfür erforderlich ist", heißt es darin. Und weiter, dass keine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit festgesetzt wird, die Vertragsparteien jedoch davon ausgehen, "dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit mindestens 38,5 Stunden beträgt". Beide Abreden sind aus Sicht von Doris Stadelmeyer, der Bamberger Verdi-Geschäftsführerin, ein "Hammer". So ein Vertrag ist nach ihren Worten gesetzeswidrig. Er missachte die nach dem Gesetz maximal zulässige tägliche Arbeitszeit von acht Stunden.
In Stadelmeyers Büro findet das Gespräch mit Laurin Singer wenige Tage vor dem Ende einer überaus gelungenen und erfolgreichen Gartenschau statt.
Anwesend sind auch die beiden Betriebsseelsorger Manfred Böhm (Erzbistum) und Andreas Schlechtweg (evangelisches Dekanat). Sie unterstützen ausdrücklich den Standpunkt von Singer und Stadelmeyer, dass die Öffentlichkeit erfahren müsse, unter welchen Bedingungen die Gartenschau Bamberg so erfolgreich wurde. Wie es der Zufall will, hat der FT am Tag des Pressegesprächs berichtet, dass der Millionste Besucher auf der Erba-Insel begrüßt worden ist.
"Dass wir an dieser Gartenschau nichts mehr ändern können" ist allen in der Runde klar. Doch es geht ihnen um künftige Veranstaltungen und um ein Signal, so Böhm: "Hier gibt es kein zu spät und kein zu früh.
Hier geht es um die Menschen." Auch, weil die Kirchen mit dem Gottesgarten direkt beteiligt sind, dürfe es ihnen als Betriebsseelsorger "nicht egal sein, wie da die Leute arbeiten". Außerdem soll Singer kein Einzelfall sein. Nach Angaben der Gewerkschafterin ist sie nur die Einzige, die den Mut hat, sich zu outen.
"Extrem viel geareitet" "Die Leute haben hier natürlich extrem viel gearbeitet", konstatiert Claudia Knoll, Geschäftsführerin in der Bamberger Gartenschau GmbH. Sie weist aber die Kritik zurück, dass der Erfolg mit über einer Million Besucher auf Kosten der Beschäftigten erreicht worden sei.
Laut Knoll waren in Bamberg nicht weniger Leute befristet angestellt als bei den sieben vorherigen, an denen sie mitgewirkt hat: "In jeder LGS haben wir 15 Leute Stammpersonal und eine gleiche Aufgabenteilung." Im konkreten Fall der 39-Jährigen führt Knoll den Berg an Überstunden auf die "sehr soziale Einstellung" der Frau zurück; sie sei dem Rat nicht gefolgt, Arbeit zu delegieren.
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aber der Betriebsseelsorger wird's schon wieder richten...
6 Monate im Jahr mindestens 38,5 Stunden in der Woche arbeiten zu müssen ist... ja, was? Möglicherweise anstrengend, aber ganz sicher auch NORMAL. Aber heutzutage bewirkt ja alles ein Burn-Out, was nicht mit "chillen" auf der Couch zu tun hat...
... sollte man den Artikel wenigsten GELESEN haben.
Die Frau hatte nicht nur die Normalarbeitszeit geleistet, sondern in fünf Monaten 260 ÜBERSTUNDEN angehäuft. Das sind (pi x Daumen) sechseinhalb Arbeitswochen!
Ich finde so etwas nicht annähernd "normal"...