Die Deutsche Bischofskonferenz hat Erzbischof Ludwig Schick mit der Leitung einer Arbeitsgruppe "Kirchenrecht" betraut.
Es war der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, der zur Eröffnung der Vollversammlung im emsländischen Lingen klar sagte: "Wir können nicht warten, was die Weltkirche tut, wir müssen die Dinge hier tun." Also die weitere Aufarbeitung des Missbrauchskandals mit allen Konsequenzen selbst in die Hand nehmen. Marx versprach, dass auch die bisherigen Tabuthemen Macht in der Kirche, Zölibat als priesterliche Lebensform und kirchliche Sexualmoral auf den Prüfstand kommen. Und auch das Kirchenrecht, das im Prinzip für die Weltebene gültig ist.
So beauftragte die DBK den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick mit der Leitung einer neuen Arbeitsgruppe "Kirchenrecht". In einem Gespräch mit unserer Zeitung am Rande der Vollversammlung machte der langjährige Professor für Kirchenrecht an der Uni Fulda deutlich, dass kirchliche Gerichte für sexuellen Missbrauch errichtet werden sollen, eventuell eines in jeder der sieben deutschen Kirchenprovinzen. Diese überdiözesanen Strafgerichte sollen nach der zivilen Rechtsprechung angerufen werden, auch eine zweite Instanz sei nötig. "Es geht zuerst um Präzisierung und um mehr Klarheit, um Verbindlichkeit und auch Schnelligkeit in der kirchenrechtlichen Behandlung von Missbrauchsfällen", sagte Schick. Alle Delikte und Verbrechen seien zuerst Sache der zivilen Gerichtsbarkeit, "mit der wir uneingeschränkt zusammenarbeiten wollen".
Staatliche Gerichte zuständig
Wichtig sei, so der Erzbischof, dass alle Beschuldigungen von Missbrauch durch Kleriker und kirchliches Personal den zuständigen zivilen Behörden angezeigt werden. "Missbrauch ist ein Delikt, für das die Staatsanwaltschaften und staatlichen Gerichte zuständig sind, weil sie von einem Staatsbürger begangen werden. Vor dem staatlichen Recht sind alle Staatsbürger gleich." Erst nach den staatlichen Gerichten könne gegebenenfalls ein kirchliches Gericht tätig werden und auch die Folgen für den kirchlichen Personenstand und das Anstellungsverhältnis in der Kirche festlegen.
Was nach einem zivilen Verfahren in einem kirchlichen Strafprozess und dann in einem Disziplinarverfahren getan werden müsse, solle kirchenrechtlich besser geklärt werden.
Bisher sehe das Kirchenrecht in entsprechenden Fällen als höchste Strafe die Entlassung aus dem Klerikerstand vor, erklärte Schick. Es müssten nun Auflagen angedacht werden, die vor einer weiteren Straffälligkeit absichern. Zudem müsse es auch zu kirchlichen Strafprozessen in Fällen kommen, die in der staatlichen Justiz als verjährt gelten.
"Laisierung"
Der Erzbischof warnte davor, den im Zusammenhang mit der Entlassung aus dem Klerikerstand oft benutzten Begriff "Laisierung" zu gebrauchen. "Den Begriff Laisierung gibt es in der offiziellen Kirchensprache nicht." Was gemeint sei, werde mit Verlust des Klerikerstandes ausgedrückt. "Eine Rückkehr in den Laienstand gibt es bei einem einmal gültig geweihten Priester und Diakon nicht", betonte Schick. Der Kleriker verliere alle Rechte und Pflichten des Weihestandes, wobei die Weihe bleibe, und er erhalte auch nicht alle Rechte der nicht geweihten Gläubigen zurück, sondern erfahre etwa Einschränkungen im Pastoralen Dienst, bei Lehrtätigkeit in theologische Fakultäten. Das Wort Laisierung oder Rückversetzung in den Laienstand solle tunlichst vermieden werden: "auch weil unsere Christen ohne Weihe das zu Recht als Abwertung verstehen", sagte der Erzbischof.
Konsens mit Rom
Er machte auch klar, dass das Kirchenrecht zwar weltweit gültig sei, es jedoch in bestimmten Ländern und Bischofskonferenzen Möglichkeiten gebe, einen Rahmen auszuschöpfen, um es auf entsprechende Situationen anzupassen und Gesetzeslücken zu füllen: "Mit Rom sind bezüglich regionaler Adaptierungen Absprachen zu treffen, was möglich sein wird. Ich will den Konsens mit Rom." Kirchenrechtler Schick geht davon aus, dass die erst noch endgültig zu bildende Arbeitsgruppe in etwa einem Jahr Ergebnisse vorlegen kann. In diese Arbeitsgruppe sollen auch Laien berufen werden.
Geht es nicht ein bisschen genauer? Was heißt: "Wichtig sei.., dass alle Beschuldigungen von Missbrauch durch Kleriker und kirchliches Personal den zuständigen zivilen Behörden angezeigt werden." Klar hätten schon immer die Missbrauchsopfer und ihre Eltern Anzeige gegen die Kinderschänder im Klerus bei der Polizei erstatten können. Bedeutet die Äußerung des Bischofs nun, dass es auch in Zukunft nur dann eine strafrechtliche Verfolgung gibt? Oder ist endlich davon auszugehen, dass der Bischof, bzw. der zuständige Domkapitular oder der geistliche Mitbruder (z. B. Beichtvater) die Anzeige erstattet?
Was heißt ferner "Was die Missbrauchsfälle in der Erzdiözese anbelangt, sind nach Schicks Worten inzwischen alle aufgearbeitet"? Seitens der Kirche oder der weltlichen Justiz? Die Gläubigen in der Diözese haben m. E. schon ein Recht darauf zu erfahren, welche Strafen die Kinderschänder (wieviele?) aus dem Klerus bekommen (haben) und welche Schmerzensgelder oder sonstige Wiedergutmachung - zu wessen Lasten - an Opfer gewährt wurden.
"Eine Rückkehr in den Laienstand gibt es bei einem einmal gültig geweihten Priester und Diakon nicht", sagt der Bischof und ich wundere mich: Es gibt doch z. B. beim Sakrament der Ehe die Möglichkeit der Anullierung. Sie wird angewandt, wenn nach gründlicher Untersuchung festgestellt worden ist, dass bei einem Partner der Wille, eine Ehe nach kirchlicher Erwartung (z. B.: Kinder zu bekommen) nicht vorhanden war. Ich schätze, viele der Pädophilen unter den zu Priestern Geweihten haben den Zölibat als Schlupfloch genutzt, ihre sexuellen Verbrechen unter dem Schutz der priesterlichen Charismatik zu begehen. Sie waren also nicht "berufen", sie haben ihr Priestertum vorgetäuscht und missbraucht, Mutter Kirche und zuvörderst Gottes Wort verachtet.
Schließlich: Darf man von den Bischöfen, die Missbrauch vertuscht haben, noch Selbstanzeigen wegen Strafvereitelung erwarten? Oder wer muss hier Anzeige erstatten, damit Staatsanwälte ermitteln?
Es wird Zeit das die kath. Kirche endlich aus ihrem jahrhundertealten Dornröschenschlaf aufwacht und in der Wirklichkeit ankommt, mom ist es noch so das die Täter gleichzeitig die Richter sind, das wäre genauso als wenn ich einen Mord begehen würde und gleichzeitig das Verbrechen aufklären soll. Man muss sich hier nicht wundern das immer mehr Menschen der Kirche den Rücken zukehren.