Die Mühen der Politik im Kampf um besseren Lärmschutz in Kemmern scheinen sich zu lohnen: Die Autobahndirektion präsentiert einen außergewöhnlichen Neubau.
Die Gemeinde Kemmern kämpft seit Jahren entlang der Bahnstrecke und A73 für einen verbesserten Lärmschutz. Eine 1110 Meter lange Lärmschutzwand beim ICE-Ausbau hat die Kommune bereits erkämpfen können. Nun scheint sich auch beim Kfz-Verkehr der große Durchbruch abzuzeichnen.
"Seit der Deutschen Einheit hat der Verkehr stark zugenommen", stellt Bürgermeister Rüdiger Gerst (CSU) fest. Fast 40.000 Fahrzeuge würden pro Tag an Kemmern vorbei fahren.
Die Aussichten auf Schutzwände entlang der A73 waren für die Gemeinde bisher trüb, die Befürchtungen dagegen groß, dass die Belastung zunehmen könnte: Denn im Zuge des viergleisigen Bahnausbaus muss auch die über die Trasse führende Brücke der A73 abgebrochen und erneuert werden. Aufgrund der größeren Durchfahrt für Züge hätte das Bauwerk erhöht werden müssen, was laut Gerst neue Schallbelastungen durch den Verkehr auf der A73 für den Ort bedeutet hätte. Doch das ist nun vom Tisch.
Mit Unterstützung von CSU-Bundestagsabgeordneter Emmi Zeulner und der Autobahndirektion Nordbayern konnte nun ein erstes Ausrufezeichen im Kampf um aktiven Lärmschutz gesetzt werden: Die Autobahndirektion präsentierte vor Kurzem im Kemmerner Rathaus einen Entwurf für den Brücken-Neubau, der es in sich hat.
Wellenförmige Trogbrücke
Rund 40 Millionen Euro werden für den Neubau veranschlagt. Die Hälfte davon trägt die Bahn. Laut Thomas Pfeifer, Dienststellenleiter der Autobahndirektion in Bayreuth, hat sich die Direktion gegenüber der Gemeinde Kemmern in der Pflicht gefühlt, den Neubau entsprechend zu planen und abzustimmen. Er spricht von einer "ingenieurtechnischen Herausforderung". Durch die erhöhte Lage sei das Projekt nicht überall reproduzierbar.
Das Besondere: "Der Neubau wird als wellenförmige Trogbrücke ausgeführt", so Pfeifer. Da sich das Tragwerk dabei über der Tragplatte befinde, könne die Brücke flacher gebaut werden. Von den meisten werde nur die Gestaltung der 150 Meter langen Brücke als Doppelwelle wahrgenommen. Dazu erhalte die neue Brücke zwei Zwischenunterstützungen auf Pfeilern.
Die wellenförmigen Wände links und rechts sollen rund 4,50 Meter hoch sein, was auch in der Mitte durch Verglasungen durchgehalten werde. Der Vorteil: "Die Effizienz ist so gut, dass die Konstruktion Lärmschutzwände ersetzen kann", erklärt Pfeifer. Er spricht von einer signifikanten Verbesserung der Schallsituation. Allerdings schränkt Pfeifer ein: Die volle Wirksamkeit sei nur durch einen Lärmschutz links und rechts der Brücke erreichbar. Denn die Konstruktion fällt jeweils zu den Brückenenden ab.
Der Abriss und Neubau der Brücke wird sich über drei Jahre ziehen. Bereits 2018 wird es vorbereitende Maßnahmen geben. Zunächst soll dann 2019 die Brücke der Fahrbahn in Fahrtrichtung Lichtenfels erneuert werden. Im Anschluss folgt die Fahrbahn Richtung Bamberg. Die Bauzeit soll je Seite ein Jahr betragen. Pfeifer geht von einer Realisierung bis Ende 2020 aus.
Juristisch kompliziert
Bürgermeister Gerst zeigt sich zufrieden: Die Forderungen eines abgefederten Brückenübergangs und breiterer Brückenkappen für die nachträgliche Anbringung von Lärmschutzwänden würden erfüllt. Um den weiteren Lärmschutz entlang der A73 kämpft die Gemeinde mit den Beteiligten noch.
Letztlich geht es um juristische Feinheiten: Der Kommune waren laut Gerst in der Vergangenheit keine Zugeständnisse beim Lärmschutz gemacht worden. Obwohl durch die Deutsche Einheit der Verkehr auf der Autobahn stärker zugenommen habe, als zum Zeitpunkt der Planfeststellung im Jahr 1983 in den Prognosen voraussehbar gewesen sei. Somit seien die Voraussetzungen für einen nachträglichen Lärmschutz erfüllt.
Diese Ansicht bestätigt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, den Emmi Zeulner beauftragt hatte. Gemeinsam habe man beim Bundesverkehrsministerium vorgesprochen, mit Unterstützung der Autobahndirektion Nordbayern: "Wir tragen eine entsprechende Stellungnahme mit", erklärt Präsident Reinhard Pirner.
Vor allem geht es um den Vergabezeitpunkt der Baurechte des Wohngebiets im Nordosten von Kemmern und den Zeitpunkt der Planfeststellung der A73. Rund 18 Häuser hätten nachweislich Anspruch auf Schutzvorkehrungen zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses gehabt, da die Baupläne bereits 1982 rechtskräftig gewesen seien. Es handle sich um einen "Sonderfall Kemmern", erklärt Emmi Zeulner. Ein Ausgang des Rechtsstreits scheint noch offen.
Die Zuversicht ist groß: "Wir sind guter Dinge, dass wir das gemeinsam hinbekommen", sagt Autobahndirektionspräsident Pirner. Eine Entscheidung soll in ein paar Monaten fallen.