Die Geschichten von Martin Beyer behandeln das Sterben und Morden seiner Figuren. Der Autor ist dafür mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet worden. Für Beyer bedeutet das: mehr Ruhe und Zeit für seinen neuen Roman.
Vor zwei Jahren hat Martin Beyer ein Literatur-Stipendium im Spreewald bekommen. Er konnte sich einen Monat Zeit nehmen, sich in ein Hotel zurückziehen - und einfach nur schreiben und an seinen Geschichten arbeiten. Ein Luxus, den der 36-Jährige sonst nicht genießen kann. Es ist schwierig, als Nachwuchsautor über die Runden zu kommen. Beyer arbeitet auch als Dozent für kreatives Schreiben und gibt Storytelling-Workshops für Unternehmen. Als Schriftsteller allein von seinen Büchern zu leben, ist am Anfang schlicht unmöglich.
Deshalb freut sich der Wahlbamberger umso mehr, dass ihm vor Kurzem der Kunstförderpreis des Freistaats überreicht wurde. Die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung gab es für seine "Mörderballaden", die Beyer eben damals in dem abgeschiedenen Hotel im Spreewald fertig geschrieben hat. 13 Kurzgeschichten sind in dem Band versammelt.
Musik und Sterben Seine Geschichten vom Sterben, von Mord und von Selbstmord wären wohl nie in dieser Form veröffentlicht worden, wenn er nicht damals die Zeit im Spreewald bekommen hätte. Somit konnte er seine bisherigen Kurzgeschichten in aller Ruhe sichten - und er merkte plötzlich: "Sterben ist mein absolutes Leitmotiv." Und: die Musik.
Allen seinen mörderischen Kurzgeschichten sind kurze Liedzeilen vorangestellt, die den Autor Martin Beyer schon immer begleiten: Da ist ein Song des Rödelheim Hartreim Projekts aus Frankfurt, das auf seine hessische Herkunft verweist, oder die britische Band "I Like Trains", die auch schon zu einer seiner Lesungen aufgetreten ist.
"Musik als Leitmotiv in Prosa überführt", nennt Beyer das.
Seine Texte funktionieren so gut, dass auch die Jury des Bayerischen Kunstförderpreises die Leistung nicht nur anerkennt, sondern in Beyer einen Nachwuchsautor sieht, von dem in Zukunft noch einiges zu erwarten ist.
Erwartung, Druck, Rechtfertigung - Schlagwörter, die jeden Autor mindestens beschäftigen, wenn nicht belasten. Preise könnten diese Unsicherheiten verringern helfen, sagt Beyer. Schreiben sei ein Ausprobieren - das einfach dazugehöre. "Es ist aber auch schön, wenn ein Signal von außen kommt, dass es richtig ist, was du tust."
Da ist die psychologische Dimension eines Preises: Er kann rechtfertigen, dass ein Autor wie Beyer sich wegschließt, weniger für die Familie, die Freunde da sein kann, mehr Zeit und Ruhe für die Arbeit benötigt.
Finanzielle Dimension Und dann ist da die finanzielle Dimension eines solchen Preises.
Die damit verbundene Förderung kann einem Autor, wenn nicht ein geregeltes Einkommen so doch ein Auskommen in einem bestimmten Zeitraum sichern. Im Kulturbetrieb wird viel über Sinn und Unsinn solcher Auszeichnungen diskutiert. Ein Argument lautet: Durch die Preise würde viel Mittelmaß, aber keine herausragenden Leistungen gefördert, da viele Schriftsteller dann versuchen würden, nur für diese Preise zu schreiben. Martin Beyer sieht das anders: "Es funktioniert nicht, für den Markt zu schreiben. Verlage können Bestseller auch nicht erzwingen."
Als er seine Mörderballaden zusammengetragen hat, habe er nicht darüber nachgedacht, sich mal für den Kunstförderpreis zu bewerben. Sein Verlag hat das erst später getan. Beyer beschäftigte sich im Spreewald lieber mit der Tradition der Moritate, den Liedern über den Tod. Auch der düstere Nick Cave hat ihn inspiriert.
Ergebnis sind seine "Mörderballaden", die zeigen, wie beiläufig manche seiner Figuren zum Mörder werden. Wie der Fischer in der "Ballade von Steven Tillerman", der vermeintlich aus dem Nichts eine Frau tötet. Die zentrale Frage, die den Autor interessierte: "Wie kann jemand in die Lage kommen, so etwas zu tun?" Meist ist die erschütternde Antwort: einfach so.
Momentan arbeitet Martin Beyer an einem "All-Age-Roman" , der hauptsächlich in den Stockwerken eines Hochhauses spielt. Der Roman entsteht auch, weil sich Beyer mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ein wenig mehr Zeit für das Schreiben nehmen kann. Es wird sein vierter Roman sein.
Lesung Am Donnerstag, 21. November, liest Martin Beyer ab 20 Uhr aus seinen "Mörderballaden" bei der Buchhandlung Görres am Grünen Markt in Bamberg. Begleitet wird er von der jungen Schweinfurter Liedermacherin Tarja, die mit ihren Liedern auf Beyers Texte antwortet.
Buch "Mörderballaden" (Asphalt & Anders Verlag, 170 Seiten, 14, 90 Euro)