Kranker Sohn gesteht: "Ich hab mei Mama umgebracht"

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Torsten G. (rechts) steht bei der Eröffnung des Verfahrens vor der Zweiten Strafkammer neben seinem Verteidiger Thomas Drehsen. Foto: jb
Torsten G. (rechts) steht bei der Eröffnung des Verfahrens vor der Zweiten Strafkammer neben seinem Verteidiger Thomas Drehsen. Foto: jb

Vor dem Landgericht Bamberg steht seit Mittwoch ein wohl schuldunfähiger Mann. Er hat im Januar seine demente Mutter aus einem Bamberger Pflegeheim geholt und bei Ebelsbach getötet. "Stimmen" sollen ihm die Tat aufgetragen haben.

"Ich tät's auch wirklich rückgängig machen, wenn ich's könnt." Nicht mehr, aber auch nicht weniger sagte Torsten G. (Name von der Redaktion geändert) über seine furchtbare Tat, um die es seit Mittwoch vor dem Landgericht Bamberg geht: Der 45-Jährige aus Gochsheim (Kreis Schweinfurt) hat am 15. Januar seine Mutter getötet.

Er hat mit einem Holzknüppel so lange auf ihren Kopf eingeschlagen und sie anschließend gewürgt, bis sie tot war. Die Frau hatte keine Chance gegen ihn. Sie war mit ihren 68 Jahren schon ein Pflegefall und dement.

Der Sohn hatte sie in einem Bamberger Seniorenheim mit seinem Auto abgeholt und war dann mit ihr in ein Waldstück nahe Ebelsbach gefahren, das zum Tatort werden sollte.

Leiche lag im Kofferraum

Mit dem leblosen Körper im Kofferraum fuhr er zurück nach Bamberg, wo die Polizei inzwischen nach seinem blauen Opel mit Schweinfurter Nummer fahndete. Im Pflegeheim war man misstrauisch geworden und hatte die Polizei eingeschaltet.

In der Kronacher Straße kamen sich G. und ein Streifenwagen entgegen. Er machte die Besatzung durch Lichtsignale auf sich aufmerksam, bog zu einem Parkplatz, blieb dort stehen, stieg aus und ging auf das Polizeifahrzeug zu.

Der Mann sei ganz ruhig gewesen und habe ungefragt zu reden begonnen, erinnerte sich im Zeugenstand einer der Streifenbeamten. Er sprach von einer "etwas surrealen Situation", denn das erste, was der Gochsheimer sagte, war der Satz: "Ich hab mei Mama umgebracht."

Verteidiger verlas Erklärung

Dass er seine Mutter getötet hat, ließ Torsten G. am ersten Prozesstag durch seinen Rechtsanwalt Thomas Drehsen einräumen. Alles soll sich genau so zugetragen haben, wie von der Polizei ermittelt und von Staatsanwalt Christian Schorr vorgetragen wurde. Laut Drehsen realisiert sein Mandant das Geschehene erst, seit er in Behandlung ist.

Über die innere Stimme, die ihm das Verbrechen befohlen haben will, erfuhren die Prozessbeteiligten nur durch Dritte. Gegenüber den Polizeibeamten gab er schon bei der Festnahme an, dass Gott ihm aufgetragen hätte, die Mutter umzubringen. Er habe sie auch gefragt, was sie denn an seiner Stelle getan hätten, erinnerten sich zwei Beamte vor Gericht.

Der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt wollte von G. wissen, wie sein Verhältnis zur Mutter war. Antwort: Es sei "eigentlich immer gut" gewesen, "ich habe sie geliebt".

Am 15. Januar war Torsten G. nach eigenen Angaben eigentlich auf dem Weg nach Landshut gewesen. Wohl wegen der inneren Stimmen kehrte er aber bei Forchheim um und fuhr in das Pflegeheim im Bamberger Berggebiet. Wenige Stunden später war seine Mutter tot.

Der 45-Jährige kann für das Verbrechen voraussichtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Er litt Gutachten zufolge am Tattag an einer "Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis" und war nicht in der Lage, das Unrecht seines Tuns zu erkennen.

Gefahr für Allgemeinheit?

Weil er als schuldunfähig gilt, muss er sich in keinem Strafverfahren verantworten, sondern in einem ein so genannten Sicherungsverfahren. Die Anklageschrift heißt in Fällen wie diesen Antragsschrift. Ziel des Bamberger Verfahrens ist die (weitere) Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Torsten G. ist laut Antragsschrift für die Allgemeinheit gefährlich.

Dabei hat der unauffällig wirkende, groß gewachsene Mann bis zum 15. Januar 2015 ein relativ normales Leben geführt. Er arbeitete als Kraftfahrer, wenn auch meistens nur aushilfsweise, und lebt seit 17 Jahren mit einer Frau zusammen.
Sie hat laut G. gemerkt, dass er "in eine Psychose schlitterte" und für ihn am Vormittag des Tattags einen Arzttermin ausgemacht. Am Donnerstag, dem zweiten und voraussichtlich letzten Verhandlungstag, wird seine Lebensgefährtin, die angeblich zu ihm hält, als Zeugin vor Gericht erwartet.

Die Psychose soll eine Folge des Drogenkonsums sein, mit dem Torsten G. im Herbst 2014 - wieder - anfing. Er nahm wohl ziemlich bedenkenlos Ecstasy und andere Betäubungsmittel ein, um leistungsfähiger zu sein. Alle zwei bis drei Tage will er kleine Mengen konsumiert haben: "Ich habe gedacht, es würde mir gut tun."

Seine Fahrten wären oft nachts gewesen, die Schichten hätten 13, 14 und 15 Stunden gedauert. Ein Polizeibeamter erinnert sich, dass G. bei seiner Festnahme erwähnt hat, er habe seit sieben Tagen nicht mehr geschlafen.

Tödliche Verletzungen

Ein Gutachter beschrieb am ersten Prozesstag die massiven Verletzungen, die zum Tod des 68-jährigen Opfers führten. Er sprach von "zehn plus x" Verletzungen an der Kopfschwarte, die teils so tief gingen, dass lebenswichtige Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
Außerdem hatte man bei der Sektion der Toten eine Luftembolie mit akutem Herzversagen festgestellt. Beides, die Schädelverletzungen wie die Embolie, hätten für sich allein zum Tod geführt, sagte der Sachverständige. Das Verletzungsbild passt nach seinen Angaben zu dem Tathergang, den Torsten G. bei der Polizei geschildert hatte.

Dass er in das Wäldchen bei Ebelsbach gefahren war, um seine Mutter zu töten, war wohl reiner Zufall.