Mit Schnitten kennt sich Friseur Sven Sußmann aus - seit Corona auch mit Einschnitten. Sein Hirschaider Salon ist geschlossen, sein Geldhahn zugedreht.
"Die Situation ist die: Ich hab seit Tag X kein Einkommen mehr. Ich hab mir schon überlegt, ich suche mir noch einen Job, dass ich noch ein bisschen Einkommen habe", sagt der 37-Jährige. Spargelstechen statt Haareschneiden? "Ich würde alles machen!"
Seit zwölf Jahren ist Sußmann nun selbstständiger Friseurmeister, beschäftigt zwei Angestellte - die er beide in Kurzarbeit schicken musste. Sein Plan war es eigentlich, im nächsten Jahr in Hirschaid ein Häuschen für seine Familie zu bauen, den Salon dort zu integrieren, die Pachtzahlungen loszuwerden. Doch aktuell ist alles offen. Und die Wut wächst.
"Aktuell sehe ich das so, dass die Versprechungen, die vom Staat abgegeben worden sind, noch nicht eingehalten worden sind", berichtet Sußmann, der beim Freistaat 9000 Euro Soforthilfe beantragt hat - bis auf eine Eingangsbestätigung aber noch keine Antwort erhalten hat, wie er berichtet. In den sozialen Medien ließ er Dampf ab. Schimpfte auf die Politik. Auch auf den Landkreis. "Es gibt leider auch Unternehmer, die mit ihrer Arbeit nicht reich werden, sondern lediglich davon leben können." Was er besonders kritisiert: "Das Geld vom Landkreis ist ja ein Darlehen, das bringt mir wenig. Ich habe noch laufende Darlehen für das Geschäft. Wenn ich noch weitere aufnehmen muss, zahle ich das meine Lebtage ab." Ein Darlehen löst daher aus Sußmanns Sicht das Problem nicht, sondern verschiebt es nur.
Einen Antrag habe er beim Landratsamt Bamberg nicht gestellt - doch gemeldet habe er sich dort bereits: Er fragte nach, wieso er nicht mit Mundschutz im Geschäft Haare schneiden dürfe. "Ich würde gerne arbeiten, damit ich meine laufenden Kosten decken kann."
Sußmann hält es für übertrieben, die komplette Wirtschaft Deutschlands und der Welt auf Eis zu legen. "Ich weiß nicht, ob man eine Ausgangsbeschränkung ausrufen muss, wegen einer Grippe. Für mich ist das wie eine übliche Grippe."
Zahlen und Fakten zum Rettungsschirm
Stadt:Bei der Wirtschaftsförderung gingen bis zum 6. April insgesamt 138 Anträge ein, wovon die meisten aus den Bereichen Gastronomie, Dienstleistung und Einzelhandel gestellt worden sind. "Inzwischen wurden gemeinsam mit dem Beteiligungscontrolling der Stadt und dem Kämmereiamt die meisten Anträge geprüft, 96 davon konnten mit einer Gesamtsumme von fast 1,27 Millionen Euro bewilligt werden", berichtet die städtische Pressestelle.
Landkreis: Das Landratsamt zählt bisher 81 eingegangene Anträge mit einer Antragssumme von rund 1,3 Millionen Euro, davon wurden 51 Anträge bewilligt - rund 650 000 Euro ausgezahlt. Bei 25 Anträgen fehlen noch Unterlagen, um diese bewerten zu können. Fünf wurden zurückgenommen.
Erklärung: "Wir sind hier nicht etwa im Bearbeitungsrückstand. Alle vollständigen Anträge (51) sind genehmigt", stellt Frank Förtsch als Sprecher des Landratsamtes fest. Bisher seien also 650 000 Euro genehmigt. Für die offenen 25 Anträge mit einem Volumen von rund 600 000 Euro fehlten Unterlagen. "Wir wissen also nicht, wie viel dieser Mittel tatsächlich ausgeschüttet werden. Deshalb ist es verfrüht, über eine Erhöhung der Fördersumme zu spekulieren", erklärt Frank Förtsch.
Hilfsgelder: Die Rettungsschirme von Stadt und Landkreis Bamberg wurden vor den Programmen von Bund und Freistaat Bayern aufgelegt. Die Unterstützung von Bund und Land hat laut Landratsamt Vorrang.