Welch ein Jubilieren, Tirilieren! Bald heißt es für die Kleinen aus dem Pettstadter Kindergarten St. Anna wenig Technik und viel Natur. Denn bald öffnet der Betrieb im Waldkindergarten. Das wurde schon mal mit Gesang und Vesper gefeiert.
"Kuckuck, Kuckuck!", rief‘s aus dem Wald, als am Waldkindergarten von Pettstadt das Richtfest gefeiert worden ist. Dabei ist der gefiederte Schreihals noch gar nicht zurück und in Hochzeitslaune! Stattdessen hatten die Kleinen aus der Kindertagesstätte St. Anna das fröhliche Frühlingslied einstudiert, um sich den neuen Nachbarn vorzustellen: den Sängern des Waldes, aber auch den Rehen, Füchsen und allem, was da kreucht und fleucht.
Vielleicht schon ab Mai wird der Waldkindergarten zumindest für Spielprojekte oder als Wanderziel genutzt. Je nach Zuspruch kann er ab September oder ab Frühjahr 2015 für eine Gruppe von bis zu 18 Kindern zwischen drei und sechs Jahren seiner Bestimmung zugeführt werden: Werktags von 8.30 bis gegen 13 Uhr erleben die Kleinen dort alles, was Spaß macht, gut zu wissen ist oder die Freundschaft stärkt.
In der Waldabteilung "Hegholz", gut einen Kilometer von der Kita St.
Anna entfernt, im Rechtlerwald südöstlich von Pettstadt, bekommen Kinder eine aus heutiger Sicht alternative Lebenserfahrung. Nur "hausen" sie nicht wie unsere Urahnen in einer Höhle, sondern in einem schmucken Fachwerkhaus und sie brauchen keine Angst vor Bären oder Wölfen zu haben. Dafür gibt es natürliches Spielmaterial vom Baumstumpf bis zum knöcheltiefen Schlammloch, Eicheln und Bucheckern, Zapfen und Rinde, Pilze, Moos und Flechten.
Ohne Plastik und Schnickschnack Es dauerte nach dem Richtspruch des Zimmermanns Raimund Ahles nicht lange, bis die kleinen Waldbesucher auf ihrer Erkundungstour rund um die Baustelle zu spielen begannen: ganz ohne Plastik und Schnickschnack. Aber erst einmal wurde zünftig geschmaust, Salzbrezen und O-Saft für die Kleinen, Knackwürste und Sekt für die Großen.
Rund 50.000 Euro wird der Waldkindergarten kosten, berichtete Bürgermeister Jürgen Schmitt. Die Investition der Gemeinde in die Erweiterung der Kindertagesstätte St. Anna ist nötig, weil sich ab dem Frühjahr 2015 aufgrund erfreulich hoher Geburtenzahlen Erweiterungsbedarf abzeichnet. Da kam es gelegen, dass der zuständige Revierförster Uwe Reissenweber seine Bachelor-Arbeit über rechtliche Fragen der Waldkindergärten geschrieben hat und dem Projekt sofort positiv gegenüber stand.
Ebenso waren die betroffenen Wald-Rechtler einverstanden, die Kindergartenleitung mit Susanne Weber an der Spitze spielte mit und aus der Elternschaft regte sich bald Interesse. Acht Anfragen für Plätze im Waldkindergarten liegen schon vor. Er wird als Filiale von St.
Anna und damit ebenfalls unter der Betriebsträgerschaft der Katholischen Kirchenstiftung Mariä Geburt betrieben.
Mit der Schaufel ins Gebüsch An einem geschotterten Weg, auf einer Lichtung inmitten schönsten Mischwaldes, wurden in den letzten Wochen die Fundamente gegossen und das Fachwerk errichtet. Bald werden die Wände isoliert und verkleidet, das Dach gedeckt. Es wird zur Stromerzeugung mit einer Solarzelle bestückt. Für alle Fälle soll auch ein Notstromaggregat mit Dieselmotor bereitstehen. Das Wasser zum Händewaschen muss täglich im Kanister auf einem Bollerwagen herangekarrt werden.
Und wenn's mal pressiert, schlagen sich Klein und Groß ins nahe Gebüsch - notfalls mit einer Schaufel "bewaffnet". So akzeptiert das sogar die strenge Rechtsaufsicht und die Kinder lernen, sich im Müssen müssen zu beherrschen.
Es fragt hier übrigens auch wirklich niemand danach, ob die Handtuchhalter exakt mit zwölf Zentimeter Abstand nebeneinander montiert werden, wie in einem "richtigen" Kindergarten. Klar, wenn nicht mal ein Plumpsklo vorhanden ist! Stattdessen muss ein "Baumkletterer" angefordert werden, um gefährliche Äste von Bäumen abzusägen. Sicherheit wird auch hier großgeschrieben.
Nicht ungefährlich bei der Zeckenplage.