Dämmstoffe aus Styropor sind jetzt Sondermüll geworden. Daher muss die Entsorgung neu geregelt werden. Das geht zu Lasten der Handwerker und Hausbauer.
Konrad Fischer hat es schon immer gewusst: Der staatlich verordnete Dämmstoff-Wahn führt in eine Sackgasse. Der streitbare Architekt aus Hochstadt am Main (Oberfranken) zieht seit Jahren gegen die Wärmeschutzverordnung zu Felde, erntet dafür ebenso viel Beifall wie Kritik und dürfte sich jetzt bestätigt sehen: Seit 1. Oktober sind die in vielen Häusern verbauten Dämmstoffe aus Styropor Sondermüll.
Die gute Nachricht vorneweg: Das gilt nur für Dämmstoffe, die schon ein paar Jahre ihren Dienst an Fassaden und auf Dächern versehen haben, und so lange sie dort bleiben, sind sie für die Bewohner auch nicht gefährlich. Das Problem tritt dann auf, wenn die alten Dämmstoffe entsorgt werden müssen.
Dämmstoff als Brennstoff
Bislang landen Styropor und vergleichbare Produkte aus Polystrol (Styropor ist der Handelsname des Produkts der Firma BASF) in der Müllverbrennung. Polystrol besteht aus Mineralöl und hat auf jeden Fall einen guten Brennwert, auch wenn der Dämmwert für Skeptiker wie Fischer fraglich ist ...
Weil Styropor und Co. so gut brennen, kann man sie in reiner Form gar nicht als Baustoff verwenden. Deshalb werden sie stets mit einem Flammschutzmittel versehen. Früher war das vor allem HBCD (Hexabromcyclododecan), und dieser Stoff gilt seit 30. September 2016 als gefährlicher Abfall.
Nicht überraschend
Diese Regelung kam nicht über Nacht, wie die zum Teil panischen Reaktionen auf das HBCD-Verbot glauben machen könnten: Bereits 2008 wurde HBCD unter anderem wegen seines Brom-Gehaltes in die Liste von besonders besorgniserregenden Stoffen aufgenommen. Laut Umweltbundesamt findet man HBCD "nahezu weltweit in praktisch allen Umweltproben", also auch im menschlichen Körper, in Nahrungsmitteln und selbst in der Arktis. "Die Langlebigkeit und die Ausbreitung sowie die Anreicherung in der Nahrungskette machen diesen Stoff so gefährlich."
Es war genug Zeit
Industrie, Handwerk und Müllentsorger hätten sich gut auf den Stichtag 30. September vorbereiten können, haben dies aber offenbar versäumt. Die Gesellschaft für Sonderabfallentsorgung in Bayern (GSB) nimmt HBCD-haltige Abfälle derzeit gar nicht mehr an. Kay Preißinger aus Nürnberg, der Vorsitzende der Bayerischen Dachdeckerinnung, fürchtet, dass seine Berufskollegen erst einmal auf einem Berg von Sondermüll sitzen bleiben werden, da die Entsorgungskapazitäten fehlen.
"Wir fühlen uns wieder einmal für dumm verkauft, vor allem von der Industrie." Wie schon beim Asbest oder bei den Mineralfasern sei plötzlich Gift, was gestern Stand der Technik war, die Handwerker müssten das ausbaden und die Kunden bezahlen, schimpft Preißinger. Eigentlich, so sagt er, müsste die Industrie für eine Lösung des Problems sorgen, auf ihre Kosten. "Da hat man ja über Jahrzehnte an den Dämmstoffen auch richtig gut verdient."
Möglich, aber nicht genehmigt
Lösbar ist das Dämmstoff-Problem: Laut Landesamt für Umwelt in Augsburg sind "vom Grundsatz her" nahezu alle bayerischen Müllverbrennungsanlagen technisch so ausgerüstet, dass sie HBCD-haltige Kunststoffe verbrennen können - wie bisher. In der Hitze wird der gefährliche Stoff zerstört, Filter in der Abgasreinigung gewährleisten, dass nichts in die Luft gelangt. Das technisch Mögliche muss aber erst einmal in die Genehmigungen der Anlagen aufgenommen werden. Das dürfte noch eine Weile dauern.
Die von dieser Zeitung befragten Experten raten Bauherren, geplante Renovierungen, so weit möglich, noch ein paar Monate zu verschieben, bis wieder Ruhe auf dem Entsorgungsmarkt einkehrt. Nach ersten Schätzungen dürfte die Entsorgung einer Tonne Styropor-Sondermüll 200 bis 300 Euro kosten. Selbst wenn man ein ganzes Haus mit dem Zeug einpackt, braucht man aber deutlich weniger. Folgt man Konrad Fischer, lässt man am besten die Finger vom aufgeschäumten Plastik. Es gibt ja Alternativen.
Alternativen zum Mäntelchen aus Plastik
Holz Das Naturprodukt hat hervorragende Dämm-Eigenschaften und ist, fachgerecht verarbeitet, nahezu frei von Schadstoffen und recycelbar. Holzfaserplatten lassen sich ähnlich verarbeiten wie Kunststoffe.
Lehm Der älteste Baustoff der Menschheit fristet immer noch ein Nischendasein, obwohl er selbst von Laien mit ein wenig Übung leicht angewendet werden kann. Der schwere Lehm ist an sich kein guter Dämmstoff; das lässt sich durch Beimengung von Stroh oder Ähnlichem verbessern. Die Kombination von Lehm und Wandheizung macht eine herkömmliche Dämmung meist verzichtbar.
Papier Besonders bei der Renovierung von Altbauten bewähren sich Papierschnipsel als leichter Dämmstoff. Sie werden mit hohem Druck selbst in schwer zugängliche Hohlräume geblasen und schaffen in Kombination mit Dichtbahnen aus beschichtetem Papier eine warme Gebäudehülle. Allerdings: Diese Arbeiten können nur Fachbetriebe ausführen.
Hanf Neben Holzfaserplatten gibt es weitere Naturstoffe, die zur Dämmung von Wänden und Dächern eingesetzt werden können, unter anderem Hanf, Stroh, Flachs, Schafwolle oder auch Gras (bekannt von den norddeutschen Reetdächern). Zum Schutz gegen Feuchtigkeit und Schädlingsbefall und zur Brandhemmung müssen diese Stoffe allerdings in der Regel mit Zusatzstoffen behandelt werden, und sie sind meist teuer.
Denkmal Fein raus ist der Besitzer eines Hauses, das unter Denkmalschutz steht: In diesem Fall greift die Wärmeschutzverordnung nicht. Dafür hat man da ganz andere Probleme...
Zunächst mal: Polystyrol als Dämmstoff ist kein Sondermüll. Zu Müll wird eine Sache erst dann, wenn diese nicht mehr im Gebrauch ist. Eine fachmännisch angebrachte Dämmung wird um die 50 Jahre und mehr für Heizkostenersparnis sorgen. Die Aussage " Dämmstoffe aus Styropor sind jetzt Sondermüll geworden" ist also so falsch und dumm, wie die Verschwörungstheorien Ihres "Experten" Konrad Fischer. Wenn der Redakteur seinen Kaffee aus einem Polystyrolbecher ausgetrunken hat und das Polystyrolschälchen seines Burgers in den Abfall geworfen hat, dann seinen Parker aus PE und mit Dämmung aus Polystyrol angezogen hat und mit offenen Augen mal durch die Welt geht - vielleicht merkt er dann ,dass PS als Dämmmaterial wesentlich besser ist als Lehm mit Stroh.
Ein Lob den Redakteuer Günter Flegel zu seinen Kommentar heute im FT auf Seite 2 . Guter Bericht.
Ich versteh das so, dass Styropor, welches als Dämmstoff benutzt wurde, jetzt Sondermüll ist. Verpackungsmaterial aus Styropor geht weiter in den gelben Sack. Oder lieg ich damit falsch ? Verpackungsmaterial ist doch kein Dämmstoff.
So verstehe ich das auch. Verpackungsmaterial wurde ja auch nicht mit Flammschutzmittel versehen.
Verpackungsmaterial kann also auch weiterhin in den gelben Sack.
Bezahlen sollten es die Dämmstofflobbyisten und Politiker die diesen Dämmunsinn eingebrockt haben!
Besonders gut: in Regierungsgebäuden ist dieser Dämmstoff nicht erlaubt, wegen Brandgefahr.