Hochhausprojekt in Bamberg: "Bausünden geben den Takt vor"

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Von mehr oder weniger hohen Häusern umringt: Das Sperber-Grundstück am Main-Donau-Kanal in Bamberg. Archivbild: Ronald Rinklef
Von mehr oder weniger hohen Häusern umringt: Das Sperber-Grundstück am Main-Donau-Kanal in Bamberg.  Archivbild: Ronald Rinklef
Kunigundendamm von Südosten betachtet
Kunigundendamm von Südosten betachtet
 
Die Rückseite des Grundstücks
Die Rückseite des Grundstücks
 
So zeigt sich das Sperber-Gelände von der Innenstadt kommend. Fotos: Ronald Rinklef
So zeigt sich das Sperber-Gelände von der Innenstadt kommend.  Fotos: Ronald Rinklef
 

Wertvoller Wohnraum für Bamberg? Oder doch eine Zumutung für die Nachbarn? Wie stehen Stadträte zu dem Hochhausprojekt im Stadtteil Wunderburg?

Auch das Stadteilgespräch letzte Woche hat die Anwohner rund um den Kunigundendamm nicht beruhigen können. Eher im Gegenteil: Nachdem bekannt wurde, dass möglicherweise auch der benachbarte Garagenhof überbaut wird, schossen die Befürchtungen ins Kraut: "Wir müssen jetzt annehmen, dass das Objekt monströse Ausmaße erreichen wird", sagt uns Hans-Joachim Schiffmeyer, der wenige Meter hinter dem umstrittenen Grundstück wohnt. Der Lageplan, den er uns präsentiert, zeigt ein lang gestrecktes Gebäude am Kunigundendamm. Es übertrifft auch die Dimension des im Norden angrenzenden zehngeschossigen Hauses der Baugenossenschaft Stadt und Landkreis Bamberg.

Freilich ist die Sicht der Anwohner, die eine drastisch zunehmende Verschattung und eine städtebauliche Verunstaltung befürchten, nicht die einzige Perspektive. In Meinungsbeiträgen auf infranken.de wurden Befürchtungen laut, dass der dringend benötigte Wohnungsbau in Bamberg durch Partikularinteressen weniger Anwohner ausgebremst werden könnte.


Unverbaubare Fernsicht?

Das Abstimmungsverhältnis in unserer nicht repräsentativen Umfrage spiegelt diese Stimmung wider. Eine Mehrheit von 55 Prozent scheint dem Projekt aufgeschlossen gegenüber zu stehen. "Die unverbaubare Fernsicht in die Abendsonne gibt es noch nicht einmal mehr im Berggebiet. Wer das sucht, der muss dann eben doch aufs Land ziehen", so der Kommentar eines Lesers.

Freilich muss man wissen, dass das Projekt erst am Anfang steht. Nachdem das Vorhaben erfolgreich den Stadtgestaltungsbeirat passiert hat, geht es in wenigen Wochen ans Eingemachte. Ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren soll klären, was an dieser Stelle stadtbild- und anwohnerverträglich ist.
Das ist keine Kleinigkeit. In dem etwa einjährigen Verfahren werden nicht nur die Träger öffentlicher Belange um Stellungnahme gebeten. Auch die Anwohner können Einwendungen geltend machen. Dabei wird es auch darum gehen, ob die vorgeschriebenen Abstandsflächen (halbe Haushöhe) eingehalten werden. Eine so genannte Verschattungsstudie wird prüfen, wie sich die Besonnung der Nachbargebäude verändert.


Manhattan-Skyline

Schon heute scheint klar: Auch wenn in den vergangenen 25 Jahren in Bamberg kein vergleichbar hohes Haus mehr genehmigt wurde: An dieser Stelle der Stadt wird es den Bürgervertretern schwer fallen. nein zu sagen, etwa deshalb, weil man Hochhäuser für eine Bausünde hält. Auch Peter Neller (CSU) geht davon aus, dass sich für das frei werdende Sperber-Gelände ein Kompromiss finden lässt. Er sagt: "Wir brauchen keine Manhattan-Skyline." Doch gleichzeitig warnt der Jurist davor, dem öffentlichen Druck folgend auf Verweigerung zu setzen: "Es ist eben keine Ermessenssache, wie wir entscheiden", verweist er auf das Einfügungsgebot im Baugesetz. Konkret heißt das: Sollte der Stadtrat nein zu den Plänen sagen und etwa fordern, dass hier nur zweigeschossige Gebäude entstehen, so hätte der Bauherr gute Chancen, diese Entscheidung gerichtlich anzufechten und seine Vorstellung am Ende doch umzusetzen.

Grund sind die Präzendenzfälle in der unmittelbaren Nachbarschaft. Hier stehen bereits etliche hohe Gebäude mit zehn bzw. acht Vollgeschossen. Neller formuliert sarkastisch: "Die Bausünden geben den Takt vor."

In der grundsätzlich positiven Beurteilung des Hochhausprojekts scheint die CSU nicht allein zu stehen. Ursula Sowa (GAL) hat sich von den Änderungen durch den Stadtplanungsbeirat davon überzeugen lassen, dass das Projekt an dieser Stelle das richtige ist. Auch Daniela Reinfelder (BuB) widerspricht den Befürchtungen der Anwohner, hier entstehe ein Koloss. "Es ist ein langer, schmaler Baukörper, der sich abtreppt und gut einfügen würde." Reinfelder betont, dass dank des Bauherren zu einem gewissen Prozentsatz günstige Wohnungen entstehen könnten. Sie glaubt, dass die ganze Wunderburg dadurch aufgewertet wird.


Kuntke: Wuchtiges Gebäude

Doch ebenso gibt es im Stadtrat auch die andere Sicht der Dinge. Heinz Kuntke von der Bamberger SPD fordert, die berechtigten Interessen der Anwohner nicht aus den Augen zu verlieren. Da geht es um die Erschließung und vor allem auch die Besonnung, die der der Hans-Böckler-Straße südwestseitig vorgelagerte Riegel stark verringern würde. Kuntke, auch er ist Jurist, interpretiert das Einfügungsgebot so, dass sich das zu planende Gebäude nicht nur an jene Häuser in der Umgebung anpassen müsse, die zehn bzw. acht Stockwerke haben, sondern auch an die anderen, kleineren. "Nach allem, was bis jetzt bekannt ist, handelt es sich bei dem Bauvorhaben um ein sehr wuchtiges Gebäude. Es gibt aber im Umfeld auch vier-, fünf- und sechsgeschossige Häuser", sagt Kuntke.

Alles eine Frage der Größenordnung? So denken auch zwei Anwohner in der Hans-Böckler-Straße: "Gegen zusätzlichen Wohnraum auf dem Sperber-Gelände haben wir und die Mehrheit der Anwohner nichts. Frage ist jedoch die Dimension des geplanten Neubaues und wie die Bevölkerung bei der Detailplanung eingebunden wird."