Die Debatte um die Hexenverbrennungen in Bamberg ist keine leichte. Das bekommt derzeit Bambergs Bürgermeister Werner Hipelius (CSU) zu spüren.
Es war nur ein Satz, den Bambergs Kultur-Bürgermeister Werner Hipelius (CSU) in dem am vergangenen Donnerstag ausgestrahlten Satiremagazin "Quer" des Bayerischen Fernsehens sagte. Doch er hat Nachwirkungen. Hipelius bezeichnete die Verbrechen, die zwischen 1616 und 1630 schätzungsweise 1000 Menschen im gesamten Hochstift Bamberg das Leben kostete, als "Vorfälle". "Schuld an diesem Vorfall damals, verantwortlich für diese Vorfälle war nie die Stadt Bamberg", erklärte der Bürgermeister vor rund 780 000 Zuschauern im ganzen Bundesgebiet.
Die Formulierung, die eigentlich erklären sollte, aus welchem Rechtsverständnis heraus die Stadt die Opfer selbst nicht rehabilitieren kann, kam bei nicht wenigen als Verharmlosung unvorstellbar grausamer Vergehen an. "Mit der Bezeichnung ,Vorfälle' hat sich Bürgermeister Werner Hipelius in der Wortwahl vergriffen. Folter und Verbrennung von unschuldigen Opfern sind ein Verbrechen. In Bamberg dürfen wir das nicht verharmlosen", stellt Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern fest.
Auch Andreas Reuß von der grünen Fraktion ist nicht zufrieden mit der Wortwahl des Bürgermeisters : "In diesem Zusammenhang von Vorfällen zu sprechen, ist nicht angemessen. Das ist viel zu verallgemeinernd. Man muss einfach sagen, was es war, nämlich ein unsagbar grausames Verbrechen."
Werner Hipelius selbst versteht nicht, weshalb ihm jetzt Vorwürfe gemacht werden, nachdem die Stadt sich unter seiner Federführung erstmals daran gemacht habe, das, was damals geschehen sei, aufzuarbeiten. Er habe sich absichtlich so objektiv wie möglich ausdrücken wollen, um die wissenschaftliche Herangehensweise zum Ausdruck zu bringen. Von einer Verharmlosung könne keine Rede sein.
Hintergrund der Debatte: Die Opfer der Hexenverfolgung, bei der in drei Wellen im Hochstift Bamberg rund 1000 Menschen verbrannt, geköpft, erhängt und zu Tode gefoltert wurden, gelten immer noch als rechtmäßig verurteilt. Weder gibt es in Bamberg einen Gedenkstein, der an diese Menschen erinnert, noch einen Straßennamen, obwohl sicher noch viele Nachkommen der Opfer hier leben. Auch eine Entschuldigung für die der Zauberei bezichtigten Menschen gibt es bisher nicht.
Mit dem Hinweis, dass die Hexenverfolgung ein damals in ganz Europa übliches Phänomen war, wird man der Sache nicht gerecht. Gemessen an der Zahl der Toten haben wenige die gnadenlose Vernichtungsmaschinerie so auf die Spitze getrieben wie die Bamberger. Um Geständnisse zu erzwingen, hatten die Folterknechte in Bamberg sogar besondere Methoden entwickelt, die es nur hier gab: den "Bamberger Betstuhl" mit spitzen Stacheln etwa, die Durstfolter oder das Bad in ätzendem Kalkwasser, wie bereits vor über 20 Jahren der inzwischen verstorbene Hans Wollschläger schrieb. Noch heute existieren Hunderte Verhörprotokolle, aus denen Erkenntnisse über die sozialen Hintergründe des Massenmords hervorgehen.
Weihbischof Förner, der seine Hexenpredigten sogar drucken ließ, war nach Einschätzung von Robert Zink vom Stadtarchiv der Mann, der im Hintergrund die Fäden zog. Anders als von manchem Leser nach unserem Bericht vom Samstag, 14. Juli, gemutmaßt, ist er nicht im Dom begraben. Förner wurde auf eigenem Wunsch in Alt St. Martin bestattet, weshalb sein Grab mit dem Abriss der Kirche und dem Bau der Tiefgarage unter dem Maxplatz verschwunden ist. Auch der 20 Jahre regierende Fürstbischof Fuchs von Dornheim ist nicht in Bamberg beigesetzt worden, sondern in Kärnten, wo er den Quellen zufolge in Spital am Pyhrn neben seinem Amtsvorgänger Friedrich von Aufseß ruht.
Die politische Frage, ob Ministerpräsident Seehofer statt der Stadt eine Entschuldigung aussprechen wird, ist noch offen. Die Staatskanzlei hat die Anfrage unserer Zeitung, wie der Freistaat mit den Verbrechen des Hochstifts umgehen will an das Kultusministerium weitergeleitet.
Stadtrat Dieter Weinsheimer sieht ohnedies die Stadt in der Pflicht: "Eine sozialethische Rehabilitation ist eine bürgerliche Angelegenheit. Hier geht es um eine moralische Unschuldserklärung und um eine Wiederherstellung der bürgerlichen Ehre."
Den Beitrag in der Fernsehsendung "Quer" können Sie sich hier ansehen.
Ich zitiere aus dem wikipedia-Beitrag zum Thema Erzbistum Bamberg: "Am 11. März 2007 wurde im Bamberger Dom ein Gottesdienst zum tausendjährigen Bestehen des Bistums gefeiert. In einem in Deutschland einmaligen Vorgang bat dabei der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick wegen des Versagens von Christen und Kirche um Vergebung. In dem Gottesdienst wurden kirchliche Verfehlungen wie Hexenverfolgung, Kreuzzüge und Konfessionskriege, die Unterstützung des Nationalsozialismus' und der mangelnde Einsatz für die Unterdrückten benannt." - Zitat Ende. Das hier erwähnte Schuldbekenntnis sowie die Bitten des Erzbischof um Vergebung für Verbrechen, Fehler und Versäumnisse des Bistums Bamberg kann man online im Pressearchiv des Erzbistums (Jahrgang 2007, März) nachlesen. Es wundert mich bei dem von Herrn Weinsheimer & Co an den Tag gelegten Aktionismus und Populismus nicht, dass man diesen würdigen Akt des Gedenkens in der aktuellen Diskussion unterschlägt. Auch in der erwähnten Satiresendung wird der Eindruck erweckt, es habe einer solchen Aktion bedurft, damit sich Bamberg endlich des Verbrechens an Menschen erinnert, die man wegen angeblich bewiesener Hexerei zum Tode verurteilt hat. Ich finde, wenn der heutige Bischof und höchste Repräsentat des Erzbistums für 400 Jahre zurückliegende Verbrechen der seinerzeitigen kirchlichen Obrigkeit Gott um Verzeihung bittet, dann braucht es eine ähnlich Geste der heutigen Kommunalpolitiker nicht mehr. Eine Entschuldigung kann ohnehin niemand gewähren, wen also sollte man darum bitten? Es genügt ja nicht zu sagen: Bamberg entschuldigt sich... Ich bitte alle, die im "Sommerloch" der Medien von allen denkbaren Sendern und Zeitungen zu dem Thema "Hexenverbrennung" befragt werden, vorrangig darauf hinzuweisen, dass Erzbischof Schick das dazu Nötige bereits gesagt hat: Man kann heute nicht mehr tun, als Gott um Vergebung für diese Untaten zu bitten. Oder doch etwas: Man hüte sich vor zeitgenössischer Hexenjagd, z. B. im Internet.
http://www.youtube.com/watch?v=86S1iKWw654
AndreasStenglein
1631, beim Herannahen der schwedischen Truppen, hat sich der Bamberger Landesherr, Fürstbischof Johann Georg II Fuchs von Dornheim (1623-1633), aus dem Staub gemacht. Er ließ seine Untertanen im Stich und flüchtete nach Spital am Pyhrn (wo er starb). Sein Nachfolger, Franz von Hatzfeld, war als Würzburger Bischof nach Köln geflohen und hatte sich am 4.8.1633 in Wolfsberg in Kärnten zum Bischof von Bamberg wählen lassen (1633-1642). Nach Bamberg kam der feine Herr erstmals im Frühjahr 1635.
Erinneret mich an den CDU-Vorsitzenden Philipp Jenninger (1984 -1988), der die Judenverfolgung als "Fascinosum" bzeichnete und daraufhin zurücktreten musste. Entschuldigung des Stadtrats? Kaum, gehörten doch einige seiner Mitglieder seinerzeit zu den Opfern, weil sie sich diesen Verbrechen widersetzten. Der bayerische Staat? Wohl auch nicht. Aber die Institution katholische Kirche wohl, ist doch Erzbischof Schick der Nachfolger von Dornheim. Und auch die Juristen, die die Prozesse führten. Wie seinerzeit unter Hitler willfährige Vollstrecker.
Anders als Herr Wehner schreibt, wurden die Hexen und Hexer nicht der Zauberei, sondern eben der Hexerei bezichtigt. Banale Wortklauberei? Nicht ganz: Das "kumulative Hexereidelikt" umfasste nicht nur den Schadenzauber, sondern auch Teufelspakt und -buhlschaft sowie Hexenflug und -tanz. Das Verbrechen war nach damaliger Vorstellung also materieller und spiritueller Art.
Ich zitiere aus dem wikipedia-Beitrag zum Thema Erzbistum Bamberg: "Am 11. März 2007 wurde im Bamberger Dom ein Gottesdienst zum tausendjährigen Bestehen des Bistums gefeiert. In einem in Deutschland einmaligen Vorgang bat dabei der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick wegen des Versagens von Christen und Kirche um Vergebung. In dem Gottesdienst wurden kirchliche Verfehlungen wie Hexenverfolgung, Kreuzzüge und Konfessionskriege, die Unterstützung des Nationalsozialismus' und der mangelnde Einsatz für die Unterdrückten benannt." - Zitat Ende.
Das hier erwähnte Schuldbekenntnis sowie die Bitten des Erzbischof um Vergebung für Verbrechen, Fehler und Versäumnisse des Bistums Bamberg kann man online im Pressearchiv des Erzbistums (Jahrgang 2007, März) nachlesen.
Es wundert mich bei dem von Herrn Weinsheimer & Co an den Tag gelegten Aktionismus und Populismus nicht, dass man diesen würdigen Akt des Gedenkens in der aktuellen Diskussion unterschlägt. Auch in der erwähnten Satiresendung wird der Eindruck erweckt, es habe einer solchen Aktion bedurft, damit sich Bamberg endlich des Verbrechens an Menschen erinnert, die man wegen angeblich bewiesener Hexerei zum Tode verurteilt hat.
Ich finde, wenn der heutige Bischof und höchste Repräsentat des Erzbistums für 400 Jahre zurückliegende Verbrechen der seinerzeitigen kirchlichen Obrigkeit Gott um Verzeihung bittet, dann braucht es eine ähnlich Geste der heutigen Kommunalpolitiker nicht mehr. Eine Entschuldigung kann ohnehin niemand gewähren, wen also sollte man darum bitten? Es genügt ja nicht zu sagen: Bamberg entschuldigt sich...
Ich bitte alle, die im "Sommerloch" der Medien von allen denkbaren Sendern und Zeitungen zu dem Thema "Hexenverbrennung" befragt werden, vorrangig darauf hinzuweisen, dass Erzbischof Schick das dazu Nötige bereits gesagt hat: Man kann heute nicht mehr tun, als Gott um Vergebung für diese Untaten zu bitten. Oder doch etwas: Man hüte sich vor zeitgenössischer Hexenjagd, z. B. im Internet.
http://www.youtube.com/watch?v=86S1iKWw654
1631, beim Herannahen der schwedischen Truppen, hat sich der Bamberger Landesherr, Fürstbischof Johann Georg II Fuchs von Dornheim (1623-1633), aus dem Staub gemacht. Er ließ seine Untertanen im Stich und flüchtete nach Spital am Pyhrn (wo er starb). Sein Nachfolger, Franz von Hatzfeld, war als Würzburger Bischof nach Köln geflohen und hatte sich am 4.8.1633 in Wolfsberg in Kärnten zum Bischof von Bamberg wählen lassen (1633-1642). Nach Bamberg kam der feine Herr erstmals im Frühjahr 1635.
Erinneret mich an den CDU-Vorsitzenden Philipp Jenninger (1984 -1988), der die Judenverfolgung als "Fascinosum" bzeichnete und daraufhin zurücktreten musste. Entschuldigung des Stadtrats? Kaum, gehörten doch einige seiner Mitglieder seinerzeit zu den Opfern, weil sie sich diesen Verbrechen widersetzten.
Der bayerische Staat? Wohl auch nicht. Aber die Institution katholische Kirche wohl, ist doch Erzbischof Schick der Nachfolger von Dornheim. Und auch die Juristen, die die Prozesse führten. Wie seinerzeit unter Hitler willfährige Vollstrecker.
Anders als Herr Wehner schreibt, wurden die Hexen und Hexer nicht der Zauberei, sondern eben der Hexerei bezichtigt. Banale Wortklauberei? Nicht ganz: Das "kumulative Hexereidelikt" umfasste nicht nur den Schadenzauber, sondern auch Teufelspakt und -buhlschaft sowie Hexenflug und -tanz. Das Verbrechen war nach damaliger Vorstellung also materieller und spiritueller Art.