Heftige Mobbing-Vorfälle: Vier Mütter berichten von Horror-Busfahrten im Kreis Bamberg

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Heftige Mobbing-Vorfälle: Vier Mütter berichten von Horror-Busfahrten im Kreis Bamberg
Zahlreiche Eltern berichten von Mobbing-Vorfällen in Linienbussen - meist würden die jüngeren Schüler der Giechburgschule dabei von Realschülern geärgert.
Heftige Mobbing-Vorfälle: Vier Mütter berichten von Horror-Busfahrten im Kreis Bamberg
KI-generiertes Symbolbild

Sie werden mit Flaschen beworfen, am Schulranzen durch die Busse geschleudert und maßlos beleidigt: Vier Mütter erzählen von dem, was ihre Kinder auf der Heimfahrt erleben. Und fordern: Es muss sich dringend etwas ändern.

Beleidigungen, körperliche Gewalt und ohne Ende Hänseleien: Was vier Mütter im Gespräch mit inFranken.de berichten, hat es in sich. Was sie eint: Ihre Kinder, die entsprechende Erfahrungen gemacht haben, gehen alle auf dieselbe Schule, die Giechburgschule in Scheßlitz. Der Weg zurück mit dem Bus wird für sie regelmäßig zur Horrorfahrt.

Die Giechburgschule ist ein privates Sonderpädagogisches Förderzentrum. Direkt nebenan: die staatliche Realschule Scheßlitz. Alle Schüler fahren mit dem gleichen Bus - und das führt wohl immer wieder zu Problemen. Denn viele der Realschüler scheinen es vor allem auf die jüngeren Förderschüler abgesehen zu haben.

Achtjähriges Mädchen "kommt heim und heult Rotz und Wasser" - kein Einzelfall

Jennifers achtjährige Tochter ist laut Angaben ihrer Mutter eine davon. Ihren Nachnamen möchte sie nicht veröffentlichen, um der Tochter zusätzlichen Ärger zu ersparen. "Sie kommt heim und heult Rotz und Wasser", erzählt sie - und das immer wieder. Angefangen habe es mit Beleidigungen - doch dabei sei es nicht geblieben.

Die Mutter berichtet von vollen PET-Flaschen und Bällen, die auf ihre kleine Tochter geworfen würden. Immer wieder würde sie heftig geschubst und an ihrem Schulranzen durch den Bus geschleudert - teilweise auch mit zerkautem Papier bespuckt.

"Ich hab die Schnauze voll", sagt sie jetzt. An der Situation müsse sich endlich etwas ändern. Sie habe die Mobber bereits selbst ausfindig gemacht und die Eltern kontaktiert, habe die Vorfälle anfangs der Schule gemeldet - doch nichts habe langfristig etwas geändert. Dabei sei ihre Tochter bei weitem nicht die Einzige und das Ganze "ein altbekanntes Problem".

Bespuckt, beleidigt, geschlagen - "mittlerweile ist das an der Tagesordnung"

Das können mehrere Eltern bestätigen. Eine andere Mutter - ebenfalls mit dem Vornamen Jennifer - kennt die Problematik nur zu gut. Auch Jennifer Göhrings Sohn (8) habe entsprechende Erfahrungen gemacht - auch er komme regelmäßig weinend nach Hause. Die Realschüler würden ihn bespucken, beleidigen, schlagen. "Mittlerweile ist das an der Tagesordnung", erzählt Göhring.

Sie habe die Vorfälle anfangs ebenfalls gemeldet - jedoch damit aufgehört, als sie merkte, dass sich dadurch nichts ändert. "Es ist, als ob es ins Leere geht. Es wird sich einfach nicht darum gekümmert", sagt sie. Wie viele Eltern, habe auch sie sich schon überlegt, ihre Kinder nur noch mit dem Auto zu fahren.

Bei einer weiteren Mutter, mit der wir sprechen, ist das bereits zur Regel geworden. Sie möchte lieber anonym bleiben. Mit dem Bus lasse sie ihre Tochter allerdings nicht mehr fahren.

Mutter war als Schülerin selbst Mobbing-Opfer - nun erlebt ihre Tochter das Gleiche

Denn auch diese wurde von den Realschülern im Bus gemobbt, erzählt sie. Ihre persönlichen Gegenstände seien aus ihrer Büchertasche gerissen und durch den Bus geworfen worden und auch geschubst wurde die Tochter regelmäßig. 

"Es war noch nie besser - ich weiß, wie es ist", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie selbst sei in ihrer Schulzeit Schülerin der Giechburgschule gewesen - und habe damals in den Bussen die gleichen Erfahrungen gemacht. "Ich wurde geschlagen und gerupft", erzählt sie.

Sie habe der Schule ebenfalls gemeldet, was ihrer Tochter widerfährt - geändert habe das nichts. "Es ist eine Katastrophe", sagt sie.

"Keine Anhaltspunkte für Mobbing": Giechburgschule Scheßlitz weist Vorwürfe zurück

Eine weitere Mutter wendet sich im Laufe der Recherche anonym an unsere Redaktion, berichtet Ähnliches: Mit PET-Flaschen und anderen Gegenständen beworfen zu werden, oder ein Bein gestellt zu bekommen - das kenne auch ihre Tochter gut.

Die Liste der Betroffenen scheint lang zu sein. Fast alle Gesprächspartnerinnen erzählen: Nachbarinnen und Freundinnen, deren Schüler auf die Giechburgschule gehen, hätten bereits Ähnliches berichtet. Meist sei die Linie 953 des OVF Richtung Breitengüßbach betroffen. Die Mobbing-Vorfälle seien außerdem Dauerthema im Elternbeirat.

Doch warum tut sich dann nichts? Wir fragen bei der Schule nach und werden an das Landratsamt als Ansprechpartner verwiesen. Dort heißt es: "Wir müssen bitte unterscheiden zwischen Mobbing (absichtliche, gezielte und wiederholte Angriffe auf Personen oder Gruppen über einen längeren Zeitraum) und Konflikten bzw. Streitereien, die sich aus unterschiedlichen Situationen und Verhalten ergeben können. Bei den Verantwortlichen vor Ort gibt es nach den uns vorliegenden Informationen keine Anhaltspunkte für Mobbing."

Busaufsichten, Busbegleiter und enger Austausch sollen solche Fälle verhindern

Einzelne Fälle seien bekannt, viele der genannten Vorkommnisse jedoch nie gemeldet worden - dann könne die Schule auch nicht handeln. In den bekannten Fällen habe man jedoch vermittelt, sei zudem in Gesprächen mit der Realschule.

Die Konsequenz: Verantwortliche Schüler müssen sich bei den geärgerten Kindern entschuldigen, die Schulen besprechen, wie sie künftig zu einer konfliktfreien Schülerbeförderung beitragen können.

Zudem gebe es Busaufsichten an den Schulhaltestellen, Busbegleiter, Austausch mit Schülern, Busfahrern und den Verkehrsunternehmen sowie den konkreten Austausch der Schulverantwortlichen, um solchen Fällen vorzubeugen.

Eltern fordern separaten Bus für Sonderschüler

Ausreichend finden das viele Eltern nicht. Sie fordern einen separaten Bus für die Sonderschüler. Unmöglich sei das nicht, schließlich gebe es für die Schulvorbereitende Einrichtung (SVE) und die Heilpädagogische Tagesstätte (HPT) auch einen privaten Bus, den Baselbus. Die Giechburgschule verweise bei dem Vorschlag jedoch regelmäßig auf die zu hohen Kosten.

Auch Manfred Rupp, Pressesprecher des VGN, äußert sich auf Anfrage von inFranken.de zu den Erfahrungsberichten. Die Fahrer, die auf der entsprechenden Linie eingesetzt werden, seien befragt worden.

"Diesen ist keine außergewöhnliche Mobbingsituation bekannt. Dass die Kinder insbesondere nach einem langen Unterricht bis 16 Uhr zuweilen lebhaft sind, wäre aber nicht außergewöhnlich", berichtet er. Der OVF kommuniziere zudem oft mit den Schulen und nehme wahr, dass auch die beiden betreffenden Schulen untereinander in einem häufigen und engen Austausch sind.

Fahrpersonal trage die Verantwortung für Sicherheit und Ordnung

Auch zu den Aufgaben der Fahrer äußert sich Rupp: "Im Fahrbetrieb müssen die Sicherheit und Ordnung des Betriebs gewährleistet sein, Fahrgäste dürfen nicht gefährdet oder belästigt werden. Ist das nicht der Fall, hat der Fahrer oder die Fahrerin einzuschreiten. In diesem Sinne trägt das Fahrpersonal Verantwortung."

Für die Eltern ist klar: Es muss sich etwas ändern. Die Suche nach Lösungen laufe deshalb weiter.