Mit "Harper Regan" bringt das E.T.A.-Hoffmann-Theater ein zeitgenössisches Schauspiel des englischen Dramatikers Simon Stephens auf die Bühne. Regisseurin und Hauptdarsteller sprachen vorab über das Thema Pädophilie, spannungsvolle Pausen im Stück und prominente Vorbilder.
Eigentlich ist Harper Regan, 41, eine verantwortungsvolle Ehefrau und Mutter. Doch eines Tages - ihr Vater liegt im Sterben - kommt sie an einen Punkt, an dem es für sie nicht mehr weiter geht, wo sie ihren Job aufgibt, die Familie verlässt und ans Totenbett ihres Vaters eilt. Die Reise wird für Harper Regan zu einer Suche nach dem eigenen Ich, an deren Ende sie beginnt, lang verdrängte Lebenskrisen aufzuarbeiten.
Stephanie Jänsch, mit der Inszenierung von "Harper Regan" geben Sie Ihr Regie-Debüt am Bamberger Theater. Wie läuft es hier für Sie?Stephanie Jänsch:Völlig neu an so ein Haus zu kommen, ist natürlich eine Herausforderung und ich war sehr aufgeregt. In "Harper Regan" steht und fällt die Produktion mit der Hauptfigur. Das Vertrauen zwischen mir und Nadine muss also stimmen. Wir haben während der Proben viel miteinander geredet, um uns über die Situation im Stück klar zu werden.
Nadine Panjas, Sie spielen die Titelfigur Harper Regan.
Wie nah kommen Sie der Figur?Nadine Panjas: Ich kann mich sehr mit Harpers Seelenreise identifizieren, denn ich bin auch jemand, der sich ständig seinen eigenen Wahrheiten stellt, um sich selbst zu finden; vielleicht nicht in den ganz großen Dosen wie Harper, aber ich fühle mich ihr sehr nah.
Dem Ehemann von Harper, Seth Regan, wird der Vorwurf der Pädophilie gemacht. Wie geht man mit solch einer Figur um, wie Sie, Stephan von Soden, sie verkörpern sollen?Stephan von Soden: Ich musste mich in das gesamte Stück erst hineinfuchsen, denn es hat einen ganz eigenen Rhythmus, gerade durch die zahlreichen Sprechpausen, die ich lernen musste, auszuhalten. Und um Seth Regan näher zu kommen, haben wir uns in der Vorbereitung viel über das Thema Pädophilie unterhalten, recherchiert und gelesen. Aber natürlich musste ich für die Figur in andere Gefühlstöpfe greifen und diese Emotionen dann in mein Spielen mit einbringen.
Wie lässt sich das Stationen-Drama "Harper Regan" bühnenbildnerisch umsetzen?Jänsch: Das Konzept sieht so aus, dass wir stark mit der Bühnen-Drehscheibe spielen, um die elf verschiedenen Stationen und Begegnungen, die Harper auf ihrer Reise durchläuft, in Bewegung umzusetzen.
Soden: Eigentlich ist das Stück kein Road Trip, wie manchmal
angekündigt, sondern ein Soul Trip.
Panjas: Durch den Tod des Vaters wird in Harper etwas losgetreten. Sie will sich den Leichen in ihrem Keller stellen, Ordnung bringen in ihre eigene Seele und klären, wer sie eigentlich ist.
Der englische Dramatiker Simon Stephens hat "Harper Regan" aber keine Lehre im engeren Sinn eingeschrieben.Jänsch: Das Stück handelt von Familienproblemen und fehlender Kommunikation. Es geht darum, alte Gewohnheiten zu durchbrechen und wieder miteinander zu reden. Ein echtes Fazit gibt es nicht.
Soden: Es ist sicher nicht so, dass die Zuschauer aus dem Theater gehen und wissen, wenn sie sich nur ihren Dämonen stellen, wird schon alles klappen. Es gibt keinen erhobenen Zeigefinger.
2008 feierte "Harper Regan" bei den Salzburger Festspielen seine deutschsprachige Erstaufführung, prominent besetzt mit Martina Gedeck in der Hauptrolle. Haben Sie sich die Inszenierung in der Vorbereitung angesehen?Alle drei unisono: Nein, auf keinen Fall. Danach wären wir zu eingeschränkt, etwas Eigenes zu gestalten. Man hätte immer Angst, unterbewusst beeinflusst zu werden, gar abzukupfern.
Aufführungen
Premiere: Am Samstag, 20. Oktober, um 20 Uhr feiert die Studio-Produktion im Großen Haus des E.T.A.-Hoffmann-Theaters Premiere.
Weitere Vorstellungen: 21. Oktober, 23.-27. Oktober, 1.-4. November, jeweils 20 Uhr. Eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn findet im Theater-Treff eine Einführung in das Stück statt.