Wie kommt Fleischer, wie kommt Gundelsheim, wie kommt der SV Gundelsheim überhaupt zum Handtaschenweitwerfen? Fleischer lächelt und zieht einen Zeitungsausschnitt aus seinem Ordner: "Über den FT." Vor bald zwei Jahren hatte der Gundelsheimer hier einen Bericht über eine Handtaschenweitwurf-Veranstaltung gelesen, fand das interessant und konnte die Vereinsführung von einer neuen Attraktion für den Gundelsheimer Kerwa-Auftakt überzeugen.
In der Tat. Die Premiere war gelungen. 24 Teilnehmerinnen hatten sich letztes Jahr gemeldet - nur Frauen, die klassischen Handtaschenträger eben - dürfen teilnehmen. Vermutlich weil es regnete, waren dann nur 18 angetreten. Auf jeden Fall hatte der SV Gundelsheim das, was er den Gästen zum Kerwa-Beginn bieten wollte - "etwas Besonderes", so Fleischer. Ermunterung dazu, heuer weiterzumachen. Für den Kerwa-Auftakt 2019 schwebt dem umtriebigen SV- Gundelsheim-Mitglied bereits so etwas wie die bayerische Meisterschaft vor, "denn man muss lange suchen, bis man den nächsten Veranstalter findet."
Wettkampfgeräte
Wo sind eigentlich die Wettkampfgeräte her? Von Fleischers verstorbener Mutter. Die waren nicht gerade der Stil seiner Lebensgefährtin, aber auch zu schade zum Weg-Werfen, dafür aber ideal zum Weit-Werfen. Freestyle, oder wie? Fleischer verneint. Zulässig sind drei Wurftechniken: Wie ein Lasso über dem Kopf drehen, mit zwei Händen zwischen den Beinen Schwung holen und werfen, oder neben dem Kopf schleudern. "Letzteres machen die meisten", hat Fleischer beobachtet. Geworfen wird von einer Linie aus, die nicht übertreten werden darf. Es gibt drei Durchgänge, von denen die besten beiden gewertet werden. Die Siegesweite im vergangenen Jahr lag bei 20 Metern. Die besten Männer, die andernorts übrigens Taschen werfen dürfen, schmeißen die Teile über 46 Meter weit.
Allmählich werden die Damen an den Tischen nervös und schielen Richtung Taschentisch.
Trainingszeit. Fleischer kennt sich aus und gibt Tipps. Auch Jutta Nittmann kennt sich aus, tritt heuer aber nicht an, weil sie dringender als Köchin gebraucht wird. Beides geht nicht, sagt sie mit Bedauern. Aber sie versucht, ihre Tochter zu begeistern. Ehemann Detlev hilft beim Training: Handtaschen zur Startlinie zurückwerfen, sonst würde das zu lange dauern. Beim richtigen Wettbewerb ist das natürlich anders.
Vorjahressiegerin Ellen, die eigentlich keine Handtasche nutzt, legt sich ordentlich ins Zeug. So wie sie die Taschen schleudert, knackt sie ihre Bestweite vom letzten Jahr locker. Fleischer und Nittmann staunen, loben, unterstützen. Die Konkurrentinnen sind irgendwie alle aus Gundelsheim oder mit Gundelsheimern befreundet und finden es toll, dass hier immer außergewöhnliche Veranstaltungen geboten werden. So geht es in der Tat weniger um Weiten, manche Taschen fliegen übrigens auch außerordentlich hoch, als um den Spaß.
Zuschauer auf Balkons
Selbst auf den Balkons wird's lebendig. "Aha, da haben wir die ersten Zuschauer", freut such Fleischer. Lebensgefährtin Ute probiert's auch und lernt ihre vor dem Waschen einst rote Handtasche - "die war mal richtig teuer" - mit ganz anderen Qualitäten kennen. Dass Taschen doch nix für Männer sind stellt Georg Schwarz fest, der wohl die Hochwurf- und Sandstreu-Disziplin gewonnen hätte. Er wollte einfach mal probieren.
Auch ohne im Training probiert zu haben, kann jede sich am Kerwa-Donnerstag beim Handtaschenweitwurf versuchen, für einen Euro Startgeld. "Anmeldung ist bereits jetzt unter Telefon 0951/700 56 30 (außer montags) möglich", wird auf dem Block notiert, der später in der unversehrten Reporter-Nicht-Weitwurftasche landet.