Die Ära des Strickwaren-Ladens in der Keßlerstraße endet. Seit der Nachkriegszeit war er eine Adresse für vorwiegend ältere Damen. Den selben Kundenkreis hatte Riegel-Moden, das zumindest bis auf weiteres geschlossen ist.
Für Bambergerinnen, die sich gern klassisch-konservativ kleiden, schrumpft die Auswahl an Fachgeschäften in der Stadt: In der Keßlerstraße endet noch vor Weihnachten die Ära des Strickwaren-Fachgeschäfts, das es seit der Nachkriegszeit gibt. Einen ähnlichen Kundenkreis hatte Riegel-Moden am Obstmarkt. Dort sind die Schaufenster seit Monaten verhängt.
Der laufende Umbau in ein Ärztehaus mit Apotheke muss laut Mitinhaber Jürgen Riegel nicht das endgültige Aus für das ebenfalls alt eingesessene Modegeschäft bedeuten. Er lässt offen, ob und wie es damit 2013 weiter geht. Allenfalls in wesentlich kleinerer Form und an anderer Stelle in einem Laden mit erschwinglicher Miete, sagt er. Um 350 Quadratmeter wie bisher zu bewirtschaften reiche der Umsatz nicht mehr aus.
Kundenkreis muss sparen Riegel wie seine Kollegin Gerda Firsching aus der Keßlerstraße berichten von starker Konkurrenz durchs Internet, die ihnen das Leben schwer macht. Auch die Langlebigkeit deutscher Markenware scheint zum Bumerang zu werden, sobald ältere Damen sparen müssen. Wenn das Altersheim und die Medikamente viel Geld kosten oder die Kinder gebaut haben, dann werde der 20 Jahre alte Mantel eben weiter getragen.
Warum auch immer es so ist: "Die Leute rennen in die Billigläden", konstatiert Riegel. "Alle" würden zwar kleine Läden und Beratung haben wollen, aber dann doch im Internet kaufen oder dort, wo es billiger ist. beklagt Gerda Firsching. Vielleicht sei die Zeit für Läden wie ihren vorbei, sinniert sie. Zumindest in kleinen Städten sieht die Bambergerin für diese Art der Geschäfte keine Zukunft.
"Experiment" dauerte acht Jahre Firsching führt seit Frühjahr 2005 das Fachgeschäft in der Keßlerstraße 5a weiter, das Gerda Heyn und ihr Mann Hans nach dem Krieg gegründet hatten. Die frühere Inhaberin hörte Anfang 2005 aus Altersgründen auf. Schon damals drohte der Laden für immer geschlossen zu werden, weil die Inhaberin keine Nachfolgerin gefunden hatte. Der FT-Bericht darüber hatte Gerda Firsching auf den Plan gerufen und sie entschloss sich kurzfristig, das Geschäft zu übernehmen. Sie wollte den vorwiegend älteren Stammkundinnen, darunter etliche Ordensfrauen aus den Bamberger Klöstern, eine angestammte Einkaufsadresse bewahren helfen.
Gut acht Jahre später hört sie nun auf. Nicht nur aus finanziellen Gründen, wie die Bambergerin sagt. Es spielt auch eine Portion Frust mit. Sie vermisst die Wertschätzung für den Fachhandel und für Qualität, die ihren Preis hat. Jeder schiele nur noch nach Angeboten.
Bereut hat die gelernte Diplom- und Sozialpädagogin den Sprung ins kalte Wasser im April 2005 dennoch nicht. Sie wird das "Experiment", wie sie ihren Abstecher in den Einzelhandel bezeichnet, zum Glück ohne Schulden beenden können. Die Entscheidung, aufzuhören, sei nicht allein wegen der Finanzen gefallen, versichert sie. Es sei vielmehr das Konsumverhalten der Leute, das zuletzt sehr an ihren Nerven gezerrt habe. Diesem Stress wolle sie sich länger aussetzen. "Ich bin schon ein paar mal davor gestanden aufzuhören. Jetzt ist es Zeit dafür."