Seit 25 Jahren fungiert Marion Hymon-Löffler als Ersatzmama für verwaiste und kranke Igel. Nun sucht sie einen Nachfolger.
Können Igel kichern? Maggy schon. Die Igeldame hat sich in der Hand ihrer Retterin zusammengerollt und guckt keck aus ihrem Stachelkleid. Die runden schwarzen Äuglein glänzen mit dem Stupsnäschen um die Wette. Ist das das gleiche Tier, das im September mehr tot als lebendig zwischen dem alten Kurhaus und dem Badesee von Trabelsdorf (Kreis Bamberg) herumgeisterte?
Marion Hymon-Löffler betrachtet Maggy lächelnd. "Dass sie sich so gut entwickelt hat, ist ein kleines Wunder." Blutüberströmt war Maggy am Straßenrand gefunden worden, orientierungslos. "Sie war offensichtlich angefahren worden, ihr Unterkiefer war gebrochen. In ihrem Mäulchen hatten sich bereits Maden-Eier eingenistet", erinnert sich die Igelfachfrau, die sich des kleinen Stachelwesens annahm. Über 1000 seiner Artgenossen aus der ganzen Umgebung hat die Oberfränkin in ihrer privaten Auffangstation in Trabelsdorf im Lauf des letzten Vierteljahrhunderts gesund gepflegt. Für Maggy war es "höchste Eisenbahn", sagt sie. "In Kürze wären die Maden geschlüpft und hätten das Tier quasi von innen aufgefressen."
Mit einer Pinzette sammelte Marion Hymon-Löffler die Eier ab. Sie desinfizierte die blutende Wunde am Unterkiefer, gab Maggy Medikamente. Da ihr Pflegling in seinem Zustand keine feste Nahrung zu sich nehmen konnte, fütterte die Fränkin ihn mit Spezialnahrung aus einer Spritzentülle.
Tag für Tag ging es Maggy etwas besser. Sie begann, wieder selbstständig zu fressen, die Wunde am Mäulchen verheilte. "Ich wiege alle meine Igel jeden Tag und notiere die Daten. Maggy nahm vorbildlich zu." Mittlerweile hat der Igel sich fast vollständig erholt und ein gutes Gewicht für den Winterschlaf angefressen. In diesen Tagen darf Maggy das Haus verlassen und sich in einem der Freigehege im großen, naturnahen Garten der Familie an das Leben draußen gewöhnen. "Sie wird dann gut gerüstet in den Winterschlaf gehen."
Der Winterschlaf ist sehr wichtig für jeden Igel. Manche Menschen meinen es gut und geben den Wildtieren - "das darf man nie vergessen: Igel sind Wildtiere" - einen Schlafplatz im Keller. Das sei aber gar nicht gut für sie, ihr Stoffwechsel brauche die Winterkälte, um komplett herunterzufahren. "Wenn es zu warm ist, fallen sie nur in einen halbwachen Dämmerschlaf, der stark an ihren Reserven zehrt und die Tiere auf diese Art extrem schwächt."
Der Unwissenheit vieler Menschen setzt Marion Hymon-Löffler Aufklärung entgegensetzen. An manchen Tagen klingelt ihr Telefon im Minutentakt. Die Fränkin beantwortet geduldig alle Fragen. Sie hofft, dass sich ein Mitstreiter für die gute Sache findet, der ihre Igelstation in ein, zwei, drei Jahren übernimmt und auf eigenem Grund und Boden weiterführt. "Während der Saison ist Igelpflege schon ziemlich anstrengend", sagt die Trabelsdorferin. "Ich möchte nicht warten, bis ich die Arbeit nicht mehr schaffe, sondern rechtzeitig einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin anlernen." Letztere oder Letzterer könne bei der praktischen Arbeit automatisch die vielfältigen Tätigkeiten eines ehrenamtlichen Igelpflegers kennenlernen.
"Man braucht zum Beispiel einiges an medizinischem Wissen." Wie erkenne ich, dass ein Tier vom Lungenwurm befallen ist? Was tue ich gegen Stachelausfall und Hauterkrankungen? Wie bringe ich einen zusammengerollten Igel dazu, sich zu öffnen? "All diese Fragen würde ich meinem Nachfolger gerne im konkreten Fall beantworten, quasi direkt am Tier."
Sie selbst hat sich ihr Wissen auf verschiedenen Wegen angeeignet. Schon vor vielen Jahren hat sie sich dem bundesweit tätigen Igelschutzverein "Pro Igel e.V." angeschlossen und bezieht durch den Verein immer wieder Fachliteratur. Sie hat Fortbildungen absolviert und arbeitet seit langem vertrauensvoll mit einer Tierärztin sowie einer Igelpflege-Kollegin zusammen. "Von den beiden habe ich unglaublich viel gelernt. Mittlerweile schockt mich kein Anblick mehr."
Anfangs - daran erinnert sie sich gut - musste sie "öfter mal schlucken", wenn zum Beispiel mit Maden übersäte, schwer verwundete Tiere zu ihr gebracht wurden. "Heute weiß ich genau, was zu tun ist." Trotzdem sei die Arbeit mit den Tieren kein reines Vergnügen. Marion Hymon-Löffler, die für ihr Engagement im Tierschutz mit dem "Grünen Engel" des bayerischen Umweltministeriums ausgezeichnet wurde, zählt auf: "Man braucht pro Igel und Tag mindestens 20 Minuten für die Pflege, das Füttern und so weiter. Man muss manchmal Kot sammeln, um Krankheiten genau diagnostizieren zu können. Man braucht einen geräumigen Garten und einen beheizbaren Raum für die Sorgenkinder. Und natürlich verdient man kein Geld mit der Igelpflege - eher im Gegenteil."
Warum sie es trotzdem nie bereut hat, private Igelhilfe anzubieten? "Weil mir jedes Mal das Herz aufgeht, wenn ich wieder ein Sorgenkind durchgebracht habe - zum Glück kriege ich die meisten durch." Den Patienten, um die sich sich besonders intensiv kümmert, gibt sie manchmal sogar Namen: Maggy etwa. Oder Freddy. Der kam aus Bamberg zu ihr, wo er als verwaister Säugling mit gerade mal 15 Gramm Gewicht neben der viel befahrenen Nürnberger Straße gefunden worden war. "Der Winzling hatte noch die Nabelschnur am Bauch hängen." Als sie ihn, nun 800 Gramm schwer, nach Monaten auswilderte, kam er eine Zeitlang immer wieder zurück in Marions Igelparadies. "Wenn möglich, wildere ich die Igel am Fundort aus. Zu beobachten, wie ein Tierchen nach wochen- oder monatelanger Pflege putzmunter losmarschiert, macht mich einfach glücklich." INFO: Kontakt: Marion Hymon-Löffler, Tel. 09549/ 7755 (evtl. auf AB sprechen!)
Ich wünsche viel Glück bei der Findung eines Nachfolgers! <3
Ich finde den arbeitsintensiven Einsatz von diesen Helfern bemerkenswert. Es gehört sehr viel Idealismus und vor allem natürlich die Liebe zu den Tieren dazu, sich so lange so gut um kranke Tiere zu kümmern. Hut ab.