Sie schreiben an Behörden, sind Ansprechpartner bei Operationen und spenden soziale Wärme, wenn kein Angehöriger mehr da ist - ehrenamtliche Betreuer. Der Bedarf ist da. Doch viele fürchten sich vor der Verantwortung.
Es war eine Anzeige im Rathaus-Journal, die aufhorchen ließ: Eine geistig behinderte Frau, 50 Jahre alt, lebt in einer entsprechenden Einrichtung. Dort ist sie zwar versorgt, hat aber keine Verwandten. Deswegen suchte die Stadt Bamberg eine Betreuerin in "allen rechtlichen Belangen", die aber auch "etwas Zeit für private Kontakte oder Unternehmungen mitbringen" sollte.
Ein Anruf in der
Betreuungsstelleergibt: Die Frau hat mittlerweile jemanden gefunden. Aber: "Wir könnten noch mehr ehrenamtliche Betreuer brauchen", sagt der Leiter, Leonhard Weingärtner. Seine Kollegin Angelika Rehbein ergänzt: Oft würden sich zunächst viele Interessenten melden, zum Schluss aber wenige übrig bleiben. "Viele schreckt es ab, dass man dem Betreuungsgericht unterliegt."
Doch was heißt das und wie funktioniert das System? "Wir werden zunächst vom Gericht eingeschaltet, um die Voraussetzungen für eine rechtliche Betreuung zu klären", sagt die Sozialpädagogin. Die zuständige Stelle der Stadt prüft, ob tatsächlich Handlungsbedarf besteht, und gibt eine Stellungnahme ab. Darin wird eine Betreuung empfohlen - oder nicht.
Berufsbetreuer nur, wenn es nicht anders geht
"In manchen Fällen führt der Weg direkt zum Berufsbetreuer", erklärt Rehbein. Aber: "Ein Berufsbetreuer ist eher der Notweg. Die Frage, ob es andere Hilfen gibt, steht im Vordergrund." Da wird zum Beispiel nach Verwandten gesucht, die die rechtliche Betreuung für einen dementen Angehörigen im Seniorenheim übernehmen. In anderen Fällen genügt es, wenn das Seniorenmanagement der Stadt zum Beispiel eine Haushaltshilfe vermittelt, die beim Aufräumen der Wohnung hilft.
Und dann gibt es eben auch Fälle wie den der geistig behinderten 50-Jährigen oder einer älteren Dame im Seniorenheim - Menschen, die zwar untergebracht, aber alleine sind. Um sie kümmern sich bestenfalls ehrenamtliche Betreuer wie Andrea H., die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die 54-Jährige ist seit 2012 regelmäßig im Altenheim zu Besuch. Da geht es zum einen um die "intellektuelle Ansprache", wie sie sagt. Zum anderen um ganz Praktisches: "Ich weiß, wie man einen Schwerbehinderten-Ausweis oder eine Witwenrente beantragt", sagt sie.
Genauso ist sie als ehrenamtliche Betreuerin diejenige, die bei einer Einweisung ins Krankenhaus unterschreibt oder sich über die Anästhesie aufklären lässt. "Wenn es sich um eine lebensbedrohliche OP handelt, muss ich das mit dem Amtsgericht klären." Dieses erwartet auch einmal im Jahr einen Bericht von ihr sowie, dass sie mindestens einmal im Vierteljahr ihren Schützling sieht. Das findet Andrea H. zu wenig. Sie kommt manchmal zwei Mal pro Woche, dann wieder erst nach drei Wochen. Ihre Zeit darf sie sich selbst einteilen.
Die Bambergerin empfiehlt: Man sollte schon die Bereitschaft mitbringen, sich in die Grundlagen des Betreuungsrechts einzuarbeiten. Angst zu haben brauchen Interessierte aber keine: "Ich kann jederzeit bei der Betreuungsstelle, Ehrenamtlichen-Treffen oder auch beim Amtsgericht nachfragen."
Verantwortung übernehmen für andere
Wichtig sei, sich bewusst zu machen: "Man muss Verantwortung übernehmen und für seinen Schützling da sein." Das könne durchaus auch einmal langwierige Diskussionen mit der Krankenkasse oder Behörden bedeuten. Aber: "Wenn dann was klappt, ist es ein totales Erfolgserlebnis", sagt Andrea H. "Das Ehrenamt ist eine Bereicherung der eigenen Freizeit, der eigenen Sozialkontakte. Ich werde mich keine Sekunde in meinem Leben alleine oder ungebraucht fühlen."
Dass Engagierte in der Tat gebraucht werden, bestätigt Monika Maierhöfer, hauptamtliche Mitarbeiterin in der offenen Behindertenarbeit der Lebenshilfe in Bamberg. Treffs, Sportangebote, Theater, Musik oder Percussion - "ohne die Ehrenamtlichen könnten wir dieses Programm nicht stemmen", sagt Maierhöfer.
Dann sind da eben auch noch jene, die sich als ehrenamtliche Betreuer speziell um eine Person kümmern, wie etwa um die 50-Jährige geistig behinderte Frau, für die die Stadt jemanden gesucht hatte. Die Dame, die die Betreuung nun übernimmt, wird das die nächsten fünf Jahre tun. "Solche Aufgaben sollten schon auf längere Sicht angelegt sein", merkt Angelika Rehbein aus der Betreuungsstelle der Stadt an.
Ihr Chef, Leonhard Weingärtner, nennt ein paar Zahlen - die aktuellsten sind von 2014. Demnach gibt es in der Stadt 1234 Betreuungsfälle, auf die 1435 Betreuer kommen. "Manche haben zwei Betreuer", erklärt Weingärtner hierzu. Von den 1435 sind 282 Berufsbetreuer, 710 ehrenamtlich handelnde Verwandte, acht von der Betreuungsbehörde und 325 Vereinsbetreuer - die ebenfalls Berufsbetreuern entsprechen. "Echte" ehrenamtliche Betreuer, die nicht verwandt sind, gibt es 111. Andrea H. findet: "Es müssen unbedingt noch mehr werden. Damit die menschliche Seite nicht zu kurz kommt."
Der Kontakt zur Betreuungsstelle der Stadt Bamberg:Wer überlegt, sich als ehrenamtlicher Betreuuer zu engagieren, wendet sich an die Betreuungsstelle der Stadt Bamberg unter folgender Nummer: 87-1552.