Seit knapp zwei Jahren sind Bambergs Streetworker nicht mehr bei der Stadt, sondern einem freien Träger angestellt. Doch was machen sie überhaupt?
Es hat sich sozusagen gut getroffen: Die Bamberger Streetworker wollten sich den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses offiziell vorstellen. In eben diesem Gremium hatte die CSU-Fraktion einen Antrag gestellt, in dem sie um einen "Sachstandsbericht zur Arbeit der Streetworker seit ihrer Zugehörigkeit zu ,Iso‘" bat.
Die "Iso gGmbh" ist ein freier Träger, der schon länger die sogenannte offene Jugendarbeit in der Stadt Bamberg übernimmt. Vor gut zwei Jahren kam auch die "aufsuchende Jugendarbeit" - die Streetworker - dazu. Allerdings verlief der Übergang alles andere als reibungslos.
Die drei ehemaligen Streetworker, damals noch bei der Stadt Bamberg angestellt, arbeiteten mit befristeten Verträgen. "Mit der Entscheidung, diese Aufgabe im Rahmen des Gesamtkonzeptes ,offene Jugendarbeit‘ an einen freien Träger zu vergeben, war keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Stadt Bamberg mehr gegeben", erläutert Tobias Kobold, Leiter des Stadtjugendamtes. Eine Weiterbeschäftigung bei dem Träger sei durch die Streetworker abgelehnt worden.
Es folgte der Gang zum Gericht: Wie Kobold rekapituliert, hätten alle drei ehemaligen Streetworker ein arbeitsgerichtliches Verfahren angestrengt, "Gegenstand war die Wirksamkeit der Vertragsbefristungen". Am Ende einigten sich laut Kobold die Parteien auf einen Vergleich, die Arbeitsverhältnisse endeten "vertragsgemäß" zum 31. Dezember 2014.
Neuer Träger, neues Team
Zum 1. Januar 2015 startete "Iso" dann mit einem neuen Team in der aufsuchenden Jugendarbeit. Vier Pädagogen, die jeden Tag draußen sind. Was das genau bedeutet, erläuterten sie vor dem Jugendhilfeausschuss und im FT-Gespräch.
"Das Herzstück unserer Arbeit sind die Straßengänge", sagt Linda Steffl. Bei kühleren Temperaturen besuchen die Streetworker Jugendtreffs oder stellen sich in Schulen vor. Ansonsten sind sie da, wo die jungen Leute sind.
"Der Fokus liegt auf dem Innenstadtbereich: am ZOB, im Hain, unter Brücken; wir sind auch am Silvanersee in Gaustadt, am Spielplatz in der Gereuth, am Troppauplatz im Osten oder am Skatepark am Stadion", zählt die Pädagogin auf. Und: "Wir zählen Straßenkontakte." Dazu ein paar Zahlen: Im vergangenen Jahr waren es 2472 Kontakte, aufgeteilt in 62 Prozent männliche und 38 Prozent weibliche Jugendliche.
Bei den Gesprächsthemen geht es mit 51 Prozent vor allem um Subkultur, Jugendkultur und das, was die eigene Bezugsgruppe beschäftigt. Weitere Themen sind Schule, Ausbildung und Kontakt mit der Justiz, aber auch Arbeitssuche, Wohnen und Finanzen oder Prävention in Sachen Sexualität und Drogen.
Reden, aber nichts verbieten
Für all das gilt: "Wir beraten Jugendliche und Eltern", wie Linda Steffl sagt. Noch in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses stellt ihr Kollege André Leipold klar: "Wir reden mit den Jugendlichen, aber wir sind nicht vom Ordnungsamt. Wenn wir jetzt anfangen, denen das Bier zu verbieten, brauchen wir nicht mehr hin."
Der Weg ist ein anderer, wie Yvonne Schneider später im Gespräch mit dem FT erklärt. "Wir haben die Gastrolle, und so verhalten wir uns auch." Ihr Kollege Norbert Ritli ergänzt: "Wir sprechen das schon an. Aber wir sagen dann zum Beispiel: Heute vermittelst du keinen so guten Eindruck. Vielleicht hast du schon ein bisschen viel getrunken und solltest mal auf Wasser umsteigen."
Marke bei den Jugendlichen
Auf diese Weise könne man mit den jungen Menschen aber nur reden, wenn man eine Beziehung zu ihnen aufgebaut habe. Daran, dass diese auch in die umgekehrte Richtung funktioniert, arbeiten die vier Pädagogen ebenfalls. "Wir wollen Streetwork als Marke bei Jugendlichen etablieren. Sie sollen wissen, dass wir da sind", sagt Linda Steffl. Norbert Ritli: "Sie kommen vorbei, weil sie wissen: Da ist jemand, der zuhört. Bei den Themen ist alles dabei, sei es Liebeskummer, Zoff mit Freunden oder auch Fußball." Das Ziel: Die jungen Leute sollen keine Scheu haben.
Was den Streetworkern auffällt: Viele Teenager wissen gar nicht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Interessant wird es außerdem bei den Über-18-Jährigen. Denn mit dem Eintritt ins gesetzliche Erwachsenenalter fällt so manche Hilfestellung weg.
Die Pädagogen greifen ein, wo sie können, und vermitteln gegebenenfalls weiter. Wie im Fall der 20-jährigen S. Der Vater suchtkrank, die Ehe der Eltern kriselt, der jüngere Bruder ist behindert. Die junge Frau selbst hat manisch-depressive Phasen.
"Bei uns hat sie den Raum, zu erzählen, was sie beschäftigt. Wir sortieren Themen und zeigen Möglichkeiten auf. Es hat sich zum Beispiel herauskristallisiert, dass S. zu Hause ausziehen möchte", berichtet Linda Steffl. Also haben die Streetworker bei der Bewerbung und dem Vorstellungsgespräch für eine Wohngruppe für psychisch Kranke des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) geholfen. Ein anderes Beispiel betrifft ganz aktuell das Jahr 2017: In der "Zukunftswerkstatt Skatepark" wollen die Streetworker gemeinsam mit Skatern und der Stadtverwaltung den alten Skatepark unter der Heinrichsbrücke aufwerten.
Skate Session und Contest
Zudem soll es am 1. Juli eine "Skate Session" am Maxplatz geben, für die Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) die Schirmherrschaft übernommen hat. Am 2. Juli soll es dann am Stadion einen "Skate Contest" geben.
Die Grundidee der Aktionen: Die Skater sollen sich selbst einbringen und ihren Sport in positivem Licht präsentieren können.