Der fränkische Johnny Cash...

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Wie Johnny Cash für June Carter, spielt Herbert Mengesdorf gerne für seine Frau Johanna. Foto: Diana Fuchs
Wie Johnny Cash für June Carter, spielt Herbert Mengesdorf gerne für seine Frau Johanna.  Foto: Diana Fuchs
Die Gitarre hatte der junge Flugbegleiter immer dabei, hier in Colombo.
Die Gitarre hatte der junge Flugbegleiter immer dabei, hier in Colombo.
 
In der berühmten Maschine Otto Lilienthal begleitete Herbert Mengesdorf hochrangige Politiker. Mengesdorf
In der berühmten Maschine Otto Lilienthal  begleitete Herbert Mengesdorf hochrangige Politiker. Mengesdorf
 
Truppenbesuch in Afghanistan: Wie Johnny Cash spielten auch Johanna und Herbert Mengesdorf für Soldaten.
Truppenbesuch in Afghanistan: Wie Johnny Cash spielten auch Johanna und Herbert Mengesdorf für Soldaten.
 
Relikte aus Mengesdorfs aktiver Flugbegleiterzeit. Mengesdorf
Relikte aus Mengesdorfs aktiver Flugbegleiterzeit. Mengesdorf
 
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur) gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur)  gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
 
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur) gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur)  gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
 
In den wilden 70ern...
In den wilden 70ern...
 
Herbert Mengesdorf hält ein Foto in der Hand, das ihn als jungen Mann an der Flugzeugtür der "Otto Lilienthal" zeigt. Fuchs
Herbert Mengesdorf hält ein Foto in der Hand, das ihn als jungen Mann an der Flugzeugtür der "Otto Lilienthal" zeigt. Fuchs
 
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur) gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur)  gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
 
Nie ohne seine Gitarre... in den 70ern reiste das Instrument mit Herbert Mengesdorf um die Welt.
Nie ohne seine Gitarre... in den 70ern reiste das Instrument mit Herbert Mengesdorf um die Welt.
 
Viele berühmte Persönlichkeiten haben sich mit netten Sprüchen in Mengesdorfs Album verewigt. Diana Fuchs
Viele berühmte Persönlichkeiten haben  sich  mit netten Sprüchen in Mengesdorfs Album verewigt.  Diana Fuchs
 
Herbert Mengesdorf zeigt Fotos von sich als jungem Mitglied der bundesdeutschen Flugbereitschaft. Fuchs
Herbert Mengesdorf zeigt Fotos von sich als jungem Mitglied der bundesdeutschen Flugbereitschaft. Fuchs
 
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur) gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
Wie Cash und Carter: Herbert Mengesdorf spielt (nicht n ur)  gerne für seine Johanna. Diana Fuchs
 
Auch im Hubschrauber war die Flugbereitschaft unterwegs. Seine alte Montur passt Herbert Mengesdorf noch. Diana Fuchs
Auch im Hubschrauber war die Flugbereitschaft unterwegs. Seine alte Montur passt Herbert Mengesdorf noch. Diana Fuchs
 

... hat einstmals Mildred Scheels BH-Verschluss in Ordnung gebracht. Viele hochrangige Politiker hat Herbert Mengesdorf auf ihren Flügen begleitet.

Mit Willy Brandt ist er gerade noch rechtzeitig vor den politischen Unruhen aus Kairo abgereist. Hans-Dietrich Genscher schenkte ihm in luftiger Höhe sein Feuerzeug. Helmut Schmidt wirkte dagegen immer ein bisschen unnahbar. Herbert Mengesdorf aus dem oberfränkischen Ebensfeld war in den 70er Jahren Mitglied der Bundeswehr-Flugbereitschaft. Seine Gitarre flog immer mit. Auch nach Washington, wo er Johnny Cash und June Carter traf.

Dass er so weit hinauf- und herumkommen würde, war nicht vorauszusehen. Doch ähnlich wie sein großes Idol Johnny Cash wollte auch Herbert Mengesdorf nicht auf dem Bauernhof bleiben, auf dem er aufgewachsen war. Mit 15 Jahren verließ er seinen Heimatort Simmerberg im Allgäu. "Ich wollte was von der Welt sehen, mich weiterentwickeln."

Nach einer Kochlehre ging er zur Eisenbahn, arbeitete dort als Zugbegleiter. In seiner Freizeit spielte er in der Rock'n'Roll-Band "The Comets". "Dann ging ich zur Bundeswehr und machte eine Ausbildung als Krankenpfleger", erzählt Mengesdorf mit seiner sonoren Bassbariton-Stimme. "Das war mein Glück. Im NATO-Hauptquartier wurde ich einem Oberst zugeteilt, der mir einen Wunsch erfüllte: Ich durfte mit der Flugbereitschaft in die Türkei fliegen."

Ab zu "Mama Zita"

Mengesdorf gefiel die Arbeit in luftiger Höhe so sehr, dass er sich bei der Luftwaffe bewarb - und genommen wurde. "Ich lernte rasch perfekt Englisch." In der Air-Force-Maschine "1001 Otto Lilienthal" hob er 1971 erstmals Richtung des legendären US-Militär-Stützpunktes El Paso an der Grenze von Texas nach Mexiko ab - Hunderte weiterer Besuche dort sollten folgen. "Es gab lockere Flüge - Soldatentransporte zum Beispiel -, zwischen denen auch immer etwas Zeit blieb, einen Abstecher zur Kult-Kneipe 'Mama Zita' zu machen", erinnert sich der 78-Jährige, während er daheim in Ebensfeld (Kreis Lichtenfels) mit seiner Frau Johanna Bilderalben durchblättert. Sie zeigen wahre Hippie-Szenen, am Strand und in der Stadt: Stets spielt ein junger Mann mit dunklen Locken leidenschaftlich Gitarre, singt dazu und ist umringt von begeisterten Menschen.

"Aber es gab auch ernste Situationen." Mengesdorf berichtet von einem Noteinsatz Anfang der 70er Jahre im Kongo, wo Weiße von der Revolution überrascht worden waren. "Wir sind mit einer Bundeswehrmaschine hingeflogen, von der alle Hoheitszeichen entfernt worden waren, damit wir nicht angegriffen wurden. Auf dem Flugplatz saßen Geschäftsleute und Diplomaten erschöpft am Boden. Hätten wir sie nicht heimgeholt, wären sie vom wütenden Mob getötet worden."

Gegen den Tod kämpfte die Crew auch 1974 nach dem großen Erdbeben in Honduras. "Wir brachten Zelte, Wolldecken und Wasseraufbereitungsanlagen ins Land." Was er dort zu Gesicht bekam, ist dem Oberfranken bis heute im Gedächtnis geblieben: "Die Überlebenden konnten der riesigen Zahl an Toten nicht anders Herr werden als die Leichen, aufgestapelt zu hohen Haufen, gemeinsam anzuzünden."

So dramatisch ging es zum Glück nur in Ausnahmefällen zu. Meist galt es, wichtige Leute sicher und komfortabel durch die Welt zu begleiten. Mengesdorf zählt auf: "Bei den Bundeskanzlern war Willy Brandt zugänglicher als Helmut Schmidt, der immer ein bisschen arrogant wirkte. Bildungsminister Klaus von Dohnanyi war sehr nett, Ministerpräsident Goppel auch, und mit Hans-Dietrich Genscher war es stets ein sehr angenehmes Reisen." Ein ganz besonderer Auftrag sei es gewesen, dem zackigen Diktator der Zentralafrikanischen Republik, Jean-Bédel Bokassa, eine Woche lang Europa zu zeigen. "Am Ende wollte er mich sogar mitnehmen, damit ich in seinem Staat so etwas wie eine Flugbereitschaft aufbaue."

Dreimal begleitete Mengesdorf Mildred Scheel, Ärztin und Gründerin der Deutschen Krebshilfe. Durch ihr soziales Engagement als Ehefrau des deutschen Bundespräsidenten Walter Scheel war sie in den 70ern eine der bekanntesten Frauen und international hoch angesehen. "Eines Morgens wollte ich Kaffee ins Cockpit bringen und musste dafür durch ihre Kabine", erzählt Mengesdorf. "Da sagte sie zu mir: 'Sind sie doch so lieb und helfen mir mal...' Sie war gerade dabei, den BH anzuziehen, aber der Verschluss klemmte." Souverän löste Herbert Mengesdorf auch dieses Problem.

In Uniform zu Johnny Cash

Ein anderes freilich ließ sich nicht aus der Welt schaffen: Mengesdorfs Rot-Grün-Schwäche. Dieses Handicap machte seinen innigen Wunsch zunichte, selbst Pilot zu werden. Stattdessen konzentrierte er sich noch mehr auf die Musik. In Washington DC ging er ganz forsch - und fesch - in seiner Luftwaffenuniform zu einem Konzert von Johnny Cash. Nach dem Motto "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt" bahnte er sich einen Weg zu den Sicherheitsleuten und sagte, er müsse Johnny Cash sprechen. Die Helfer wollten ihn wegdrängen, doch durch Zufall hatte Cash die Stimme des Deutschen gehört und rief aus seinem Umkleideraum: "Come in!". "Über eine Stunde habe ich mit ihm, seiner berühmten Ehefrau June Carter und seiner Band über Gott und die Welt gequatscht. Und beim Konzert war ich Ehrengast."

Seither ist Herbert Mengesdorf der mutmaßlich größte Johnny-Cash-Fan der Welt. Er covert die Songs des Amerikaners nahezu perfekt. Zusammen mit seiner Frau Johanna am Mischpult hat Mengesdorf, genau wie einst Cash, eine Konzert-Tour durch Gefängnisse gemacht. Und Truppen besucht: "Zweimal waren Johanna und ich in Afghanistan und haben für die Soldaten gespielt. Die Reise dorthin war sehr abenteuerlich. Meine Frau hat die Gefahr nicht gescheut, weil sie wusste, wie viel mir das bedeutete."

Auch heute noch laden die Mengesdorfs nicht nur zu "Johnny Cashs musikalischer Biografie" ein, sondern spielen auch für soziale Zwecke, etwa um Geld für die BR-Aktion "Sternstunden" zu sammeln. "Hier schließt sich der Kreis", meint der 78-Jährige, der 1977 in die zivile Luftfahrt wechselte und schließlich eine weitere berufliche Karriere als Pharmareferent startete. "So, wie mir einst der Oberst einen Wunsch erfüllte und mich so zur Luftwaffe brachte, so will ich als Musiker heute Menschen glücklich machen."

Kontakt: hejo.men@t-online.de